Meduza-Auswahl 31. Oktober – 6. November: Russischer Frieden
Im Frühjahr 2022 legte Moskau einen Plan vor, der den Ukrainekrieg hätte beenden sollen. Nun taucht das Dokument auf. Texte aus dem Exilmedium.
Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Woche vom 31. Oktober bis zum 6. November 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Friedensvorschläge Russland für den Ukrainekrieg
Das investigative Projekt „Sistema“, eine Kooperation zwischen Radio Liberty und Nastojaschee vremja, hat ein Dokument veröffentlicht: Angeblich enthält es Friedensvorschläge, die kurz nach der russischen Invasion im Februar 2022 von Moskau ausgearbeitet wurden. Meduza veröffentlicht nun die wichtigsten Punkte aus dieser Publikation. Nach Angaben von „Sistema“ wurde sie von Russland an die Ukraine im Rahmen der dritten Gesprächsrunden in Belarus am 7. März 2022 übergeben (russischer Text).
Unter anderem steht im Dokument: Die russischen Behörden fordern die ukrainische Armee auf, ihre Größe auf 50.000 Mann zu reduzieren. Das ist fünfmal weniger, als die Ukraine vor 2022 hatte. Weitere Forderungen: Kyjiw soll die selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk als unabhängig erkennen. Und Kyjiw soll die Kosten für den Wiederaufbau der seit 2014 zerstörten Infrastruktur im Donbass übernehmen.
Der Kreml wollte außerdem der Ukraine die Langstreckenraketen verbieten und forderte die Aufhebung aller Sanktionen und dass Russisch als Amtssprache anerkannt werden sollte. Informanten aus der Ukraine als auch Russland haben die Echtheit des Dokuments bestätigt.
Was Sportler und Musiker von Russlands Politik halten
Oft werden Bereiche wie Sport und Musik als „unpolitisch“ bezeichnet. Meduza fragt sich: Ist das überhaupt möglich? Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs haben viele Sportler und Musiker versucht, sich dazu nicht zu äußern – und zumindest nach außen „neutral“ zu bleiben.
Meduza erklärt in einer neuen Folge des Podcasts „Signal“, warum viele Menschen diesen „neutralen“ Raum brauchen. Und fragen: Kann überhaupt irgendetwas auf dieser Welt wirklich ohne Politik auskommen? Die Diskussion darüber können Sie hier verfolgen (russischer Text).
Wie blickt Moldau in die Zukunft?
Nach den Präsidentschaftswahlen und dem Verfassungsreferendum am 20. Oktober in Moldau analysiert Meduza in einer neuen Podcastfolge von Naked Pravda, wie das postsowjetische Land ab jetzt politisch ausgerichtet sein wird. Und auch welche Akzente nun in der Außenpolitik gesetzt werden (englischer Text). Meduza sprach mit der moldauischen Journalistin und Schriftstellerin Paula Erizanu und Ecaterina Locoman, Dozentin für internationale Studien am Lauder Institute der University of Pennsylvania, über das Land.
Die Ergebnisse hätten viele schockiert, denn die EU-freundliche Amtsinhaberin Maia Sandu verfehlte im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit – und das Referendum darüber, das Ziel eines EU-Beitritts in der Verfassung festzuschreiben, erhielt nur knapp über 50 Prozent der Stimmen. Am Tag nach der Wahl beschuldigte Sandu „kriminelle Gruppen“, den demokratischen Prozess untergraben zu wollen, indem sie mit ausländischen Kräften zusammenarbeite, um bis zu 300.000 Stimmen zu kaufen.
Meduza-Buch: Katzen im Gefangenlager – auch in Berlin!
Die Finanzierungsmöglichkeiten des russischen Exilmediums Meduza sind seit 2022 geringer geworden. Spendern, die in Russland geblieben sind und sich von dort gegen das Kreml-Narrativ einsetzen wollen, fällt es aufgrund der Sanktionen und der Kreml-Repression schwer, das Medium zu unterstützen. Aus diesem Grund musste Meduza sich andere Wege überlegen, um seine finanzielle Unabhängigkeit zu sichern. Einer davon ist der Verkauf von Büchern.
Im Oktober 2024 feierte Meduza sein zehnjähriges Bestehen. Seinen Geburtstagg wird das Medium in Berlin in der taz Kantine nachfeiern – im Rahmen der Osteuropa-Veranstaltung („Ein Blick nach Osten“) der taz Panter Stiftung, am Montag, 11.11.24, um 19 Uhr. Seien Sie herzlich eingeladen!
Bücher von Meduza werden an diesem Tag ebenfalls angeboten. Denn wie das Exilmedium schreibt: „Jeder Kauf hilft Meduza zu überleben.“ So wird etwa das Buch der inhaftierten Filmemacherin Xenia Berkowitsch präsentiert: Haustiere, Märchen über Katzen und andere Bewohner eines Gefangenenlagers (russischer Text).
Berkowitsch hat es für ihre Töchter geschrieben. Seit Mai 2023 sitzt sie, ebenso wie die Dramaturgin Swetlana Petrijtschuk, in Haft. Im Juli 2024 wurden sie wegen „Rechtfertigung des Terrorismus“ zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Das Buch ist ein witziges, beängstigendes und höchst originelles Zeugnis von Freiheit, Vielfalt und Kreativität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen