Markus Söder und die Frauenquote: Ein Ruck für sich selbst
Der CSU-Chef plädiert für eine Frauenquote für Vorstände. Das hört frau gern, allein ihr fehlt der Glaube.
E s geht ein Ruck durch die CSU. Oder, um ganz genau zu sein, ein Ruck durch den CSU-Chef Markus Söder. Der will jetzt eine Frauenquote für Vorstände. „Ich bin für die Frauenquote“, offenbarte der bayerische Ministerpräsident jüngst in einem Podcast für die Zeit: „Ich bin übrigens auch dafür – das sage ich hier sehr deutlich –, dass wir bei den Gesetzen, die jetzt in Berlin gemacht werden mit Vorständen, dass wir uns da jetzt noch mal einen Ruck geben und das dann auch vernünftig umsetzen müssen.“
Das hört frau doch gern. Der Söder, ein Kämpfer an der Front der Geschlechtergerechtigkeit. Will aus aktuell 12 Prozent Frauen in den deutschen Dax-Vorständen mehr machen – ähnlich wie bei den Aufsichtsräten. Seit 2015 die Quote dort gesetzlich gilt, ist der Frauenanteil auf über 35 Prozent angestiegen.
Frauen, verrät Söder im Podcast weiter, sind „ein Riesenpotenzial für unser Land an Ideen, an Kreativität, an Leistung. Und das muss man fördern, und jeder muss die gleiche Chance haben.“
Aber dann erinnert sich frau. Wie war das noch mal, als Söder Ministerpräsident wurde? Da hat er erst mal Ulrike Scharf aus dem Weg geräumt – eine harte Verfechterin der Frauenquote für die eigene Partei. Dass die CSU seit einem Jahr überhaupt über eine Frauenquote debattiert, ist vor allem der früheren bayerischen Umweltministerin zu verdanken.
Markus Söder, Ministerpräsident
Die CSU, die Frauen und die Quote sind ohnehin nicht die allerbesten Freundinnen. 21 Prozent Frauenanteil innerhalb der Partei, 90 Prozent der Rathäuser in Bayern werden von Männern regiert. Traditionsgemäß. Was also geht da für ein Ruck durch Söder?
Vermutlich ist es der Ruck für sich selbst. Söders Machtambitionen, auch jene für das Bundeskanzleramt, vermag er kaum zu verstecken. Mit der Frauenquote läuft er sich schon mal warm. Sie ist ein Tribut an die Moderne und Kalkül für den Fall einer möglichen Koalition im Bund aus Union und Grüne ab Herbst 2021. Denn die Grünen, das weiß Söder, nehmen es mit der Quote ernst.
Unabhängig davon, dass zur gesellschaftlichen Moderne auch Umwelt- und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Migration gehören, dürfte das mit der Frauenquote für die Vorstände ohnehin nicht so wild werden. Denn die wird – trotz des Versuchs der SPD, diese per Gesetz durchzusetzen – so bald nicht kommen. Zu stark sind die Gegner*innen in der Wirtschaft und in den Reihen der Eigentümer*innen. Aber als Söder-Imagekampagne macht es sich ganz gut, sich demonstrativ für Frauen in die Bresche zu werfen.
Söders Ruck ist eher Opportunismus und Eigennutz als Einsicht und Überzeugung. Und durchsichtig obendrein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“