piwik no script img

Mamdani und die Berliner LinksparteiDie Aufbruchstimmung nutzen

Kommentar von

Susanne Memarnia

Die Probleme von New York und Berlin sind ähnlich und auch einige Lösungsansätze. Doch die Ausgangsbedingungen sind für Eralp andere als für Mamdani.

Braucht Koalitionspartner: Elif Eralp, Spitzenkandidatin der Linken für die Wahl zum Abgeordnetenhaus Foto: Soeren Stache/dpa

D ie Freude bei der Linkspartei über den Sieg von Zohran Mamdani ist groß. Gleich am Mittwochmorgen ging bei Instagram ein Video online, in dem die Spitzenkandidatin für die Berlin-Wahl nächstes Jahr, Elif Eralp, zusammen mit der Landesvorsitzenden Kerstin Wolter und Linken-Chefin Ines Schwerdtner, Mamdani auf Englisch gratulieren. „Du zeigst, dass eine sozialistische Vision gewinnen kann“, jubelte Eralp in die Kamera.

Die Frage liegt auf der Hand: Wenn ein junger Linker mit Migrationshintergrund Bürgermeister der wichtigsten Stadt der USA werden kann, sollte das in Berlin nicht ebenso möglich sein? Schließlich sind die Linken dort traditionell ohnehin recht stark. Die Probleme beider Städte ähneln sich auf jeden Fall: Beide Metropolen kämpfen mit horrenden Mieten. Armut und soziale Ausgrenzung sind groß, der öffentliche Personennahverkehr ist schrottig.

Zwar kann Berlin nicht, wie Mamdani in New York, einfach einen Mietendeckel beschließen. Doch unterhalb dessen gibt es viele Möglichkeiten. Die Umsetzung des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen ist nur eine davon. Zu erklären, was realistischerweise noch geht, wird ein zentrales Thema im kommenden Wahlkampf der Berliner Linken sein.

Sogar ihre Kampagne gleicht der von Mamdani auf Instagram fast bis aufs i-Tüpfelchen, sowohl thematisch als auch in der Form. Die Botschaft ist klar: Man hat das Ohr bei denen, die die Stadt mit ihrer Arbeit am Laufen halten – und trotzdem von ihren Vorzügen und Reichtümern ausgeschlossen sind. Und ebenso wie Mamdani könnte auch Eralp mit ihrem Migrationshintergrund punkten und Menschen an die Urne locken, die sich bisher politisch nirgends vertreten sahen.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Dass Eralp die Mamdani von Berlin wird, ist allerdings nicht allzu wahrscheinlich. Denn sie braucht, anders als er, Koalitionspartner. Und ob sich SPD und Grüne auf das Wagnis einlassen, wirklich ein paar Dinge zu ändern, ist bisher nicht erkennbar. Vielleicht aber inspiriert der New Yorker ja doch auch dort noch zu mehr Mut und Aufbruchstimmung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Der Vergleich hinkt etwas: Selbst Mamdani liebäugelt nicht mit Enteignungen - im Unterschied zur Berliner Linken.

  • "Der öffentliche Personennahverkehr ist schrottig." In Berlin? Ich weiß nicht, wie es in New York ist, aber im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten ist Berlin da mindestens ebenbürtig wenn nicht vorbildlich.



    Auch das Armut und soziale Ausgrenzung groß seien mag stimmen, hat aber längst nicht die erdrückenden Ausmaße wie in New York.

    Der größte Unterschied ist aus meiner Sicht aber, das Eralps Auftreten nicht im Entferntesten mit dem Charisma Mamdanis mithalten kann.



    Eralp wird es eher leichter haben, mit ihrer Art für eine Linke besonders viele Bürgerliche und Konservative zu erreichen und muss gleichzeitig inhaltlich den Spagat zu der radikalen Wählerschaft schaffen, die in Berlin einen deutlich größeren Anteil ausmacht und politisch gefestigter sein dürfte als in New York, während das berliner Hipstertum hoffentlich wenigstens die Koalitionspartner wählt.



    Daran liegt die Schwierigkeit und die Chance für Sie im Wahlkampf.

    Das ist was ganz anderes als in New York für Mamdani, der mit seinen Themen die verarmte oder von Armut bedrohte Bevölkerung erreichen konnte und mit seiner Energie gleichzeitig die hippe neue Mittel und Oberschicht.

  • 1. Johannes 2,1-6



    An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!

    Da stimme sogar ich als Agnostiker zu.