Machtkampf in der AfD: Höcke setzt auf Aufstand

Nach dem Rausschmiss von Andreas Kalbitz sagen dessen Verbündete Parteichef Meuthen den Kampf an. Kalbitz' Mitgliedsantrag ist verschwunden.

Björn Höcke hat Andreas Kalbitz im Arm

Ziemlich beste Freunde: Andreas Kalbitz und Björn Höcke bei der Wahlparty der AfD in Erfurt Foto: Jens Büttner/dpa

BERLIN taz | Nach dem Rauswurf des bisherigen Brandenburger Landes- und Fraktionschef Andreas Kalbitz haben seine Unterstützer aus dem „Flügel“ Parteichef Jörg Meuthen offen den Kampf angesagt. „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen – und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte Björn Höcke, Thüringer Landes- und Fraktionschef, in einem Video auf Facebook.

Er sprach von „Verrat“ und nannte Meuthen und die stellvertretende Parteichefin Beatrix von Storch namentlich. Ihnen warf er zudem vor, die AfD zum „Mehrheitsbeschaffer für die CDU“ machen zu wollen. Höcke und Kalbitz sind die Anführer des inzwischen offiziell aufgelösten „Flügels“, den der Verfassungsschutz im März als rechtsextrem eingestuft hat.

Der AfD-Bundesvorstand hatte am Freitag mit knapper Mehrheit von sieben Stimmen – darunter jene von Meuthen und von Storch – Kalbitz die AfD-Mitgliedschaft aberkannt, weil er bei Parteieintritt im Jahr 2013 seine frühere Mitgliedschaft in der Neonazi-Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) und bei den Republikanern, die damals vom Verfassungsschutz beobachtet wurden, nicht angegeben hatte. Dies hätte er laut Satzung jedoch tun müssen.

Kalbitz, der bislang selbst Mitglied im Bundesvorstand war, räumt seine frühere Mitgliedschaft bei den Republikanern seit langem ein. Er bestreitet aber weiterhin, Mitglied in der HDJ gewesen zu sein. Kalbitz hat angekündigt, auf allen Ebenen juristisch gegen den Beschluss vorzugehen, der auf Antrag von Meuthen gefasst wurde. In einem Video rief er seine Anhänger zudem auf, in der Partei zu bleiben.

Schneller Bundesparteitag gefordert

Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet, ist der Aufnahmeantrag von Kalbitz bei der AfD allerdings nicht mehr auffindbar. Damit fehlt das Dokument, das Kalbitz' Vergehen belegen soll. Es soll aber Zeugen aus der Zeit geben, die dieses bestätigen. Auch der eigentliche Beleg für Kalbitz' HDJ-Mitgliedschaft liegt der AfD selbst nicht vor. Die Entscheidung stützt sich auf Angaben eines Berichts des Bundesamtes für Verfassungsschutz, demzufolge nicht nur Kalbitz, sondern seine ganze Familie Mitglied in der HDJ war.

„Für eine gerichtliche Auseinandersetzung sehe ich schwarz“, sagte Parteivize Stephan Brandner, der auch Bundesabgeordneter aus Thüringen ist, am Rande der Vorstandssitzung. Brandner hatte, wie auch Alice Weidel und Meuthens Co-Chef Tino Chrupalla, gegen den Antrag gestimmt. Brandner forderte bereits am Freitag einen schnellen Bundesparteitag.

Inzwischen mehren sich aus dem „Flügel“-Umfeld die Forderungen danach. Unter anderem unter Hashtags wie #MeuthenMussWeg und Sprüchen wie „Wir stehen zu Andreas Kalbitz“ wird darin eine außerordentliche Bundesvorstandswahl gefordert. Es kursiert sogar ein Aufruf, Meuthen wegen parteischädigenden Verhaltens gleich aus der Partei zu schmeißen.

Jürgen Pohl, wie Brandner Bundestagsabgeordnter aus Thüringen und zudem enger Vertrauter Höckes, veröffentlichte unter der Überschrift „Wir sind Spalter!“ eine Fotomontage mit den Köpfen der acht Mitglieder des Bundesvorstandes, die am Freitag für Meuthens Antrag gestimmt hatten. Der Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann schrieb auf Facebook: „Meuthen & Co. unterlaufen rechtsstaatliche Prinzipien, um einen verdienten Parteifreund auszuschließen.“

Es brodelt in der AfD

Auch Chrupalla, Meuthens Co-Chef, greift diesen inzwischen offen an. „Auch in der innerparteilichen Auseinandersetzung müssen rechtsstaatliche Grundsätze Bestand haben“, schrieb Chrupalla auf Twitter. „Wer sie mit Füßen tritt, nur um auf diese Weise innerparteilichen Gegnern zu schaden, verbrüdert sich mit dem politischen Gegner.“

Das ist selbst für die AfD, in der häufig mit harten Bandagen gekämpft wird, starker Tobak. Und erinnert an Auseinandersetzungen innerhalb der AfD-Spitze am Ende der Amtszeiten der Ex-Parteichefs von Bernd Lucke und Frauke Petry, die beide die AfD verließen.

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