Machtkampf bei den US-Republikanern: Beharrliches Scheitern

Da Kevin McCarthy auch am dritten Tag in Folge keine Mehrheit findet, bleibt das US-Repräsentantenhaus ohne Sprecher. Und nun?

Kevin McCarthy lächelt in den Fluren des Kapitols

Elf verlorene Wahlgänge – da kann Kevin McCarthy schon mal zuversichtlich lächeln Foto: Jose Luis Magana/ap

WASHINGTON taz | Ein weiterer verlorener Tag in der US-Politik. Auch am dritten Tag in Folge bleibt das US-Repräsentantenhaus ohne neuen Sprecher, nachdem der republikanische Fraktionschef Kevin McCarthy am Donnerstag erneut keine Mehrheit hinter sich vereinen konnte. Erst nach etwas mehr als acht Stunden sowie fünf weiteren gescheiterten Wahlgängen hatten die Abgeordneten genug und verabschiedeten sich in die Nacht.

„Ich bin gewillt, die ganze Nacht, die ganze Woche, den ganzen Monat zu wählen, doch niemals für diese Person“, sagte der Republikaner Matt Gaetz aus Florida. Dieser zählt zu den Anführern des rechten republikanischen Lagers, die mit ihrer Rebellion für einen Stillstand in der US-Politik sorgen.

Wie verhärtet die Seiten innerhalb der republikanischen Partei aktuell sind, verdeutlichte auch die Tatsache, dass Gaetz seine Stimme am Donnerstag dem früheren US-Präsidenten Donald Trump schenkte. Nach dem Motto: jeder, nur nicht McCarthy. Tatsächlich könnte das Repräsentantenhaus theoretisch auch einen Nicht-Abgeordneten zum Speaker wählen, die Regularien ließen das zu.

An der Stimmverteilung hat sich auch am dritten Tag in Folge so gut wie nichts geändert. Weiterhin blockieren 20 Republikaner die Wahl von McCarthy zum neuen Sprecher. Da die Republikaner nur über eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus verfügen, reicht diese Minderheit aus, um für Chaos in Washington zu sorgen.

Republikaner sind zunehmend genervt

„Wir brauchen einen Anführer, der nicht von einem kaputten System kommt“, sagte die Republikanerin Lauren Boebert. Sie brachte damit auf den Punkt, warum McCarthy für viele im rechten Lager der falsche Mann für das Sprecheramt sei: Er gehöre zur alten Garde, zur Elite, die Washington zu einem Sumpf hätten verkommen lassen, der nicht für das amerikanische Volk arbeite.

Um letztendlich doch noch das Amt des Sprechers übernehmen zu können, hat der 57 Jahre alte McCarthy bereits einer Reihe von Zugeständnissen zugestimmt, die seine Macht als Sprecher erheblich einschränken würden. Aber auch das war den abtrünnigen Abgeordneten nicht genug.

Die Folge ist ein Repräsentantenhaus, das in den ersten drei Tagen des neuen US-Kongresses politisch nichts bewerkstelligen konnte. Einige Republikaner beklagen zudem, dass das Drama ums Sprecheramt ein Freifahrtschein für Präsident Joe Biden sei. Niemand schaue dem Weißen Haus auf die Finger.

„Wir können es uns nicht erlauben, die Sicherheit der USA aufgrund persönlicher politischer Auseinandersetzungen aufs Spiel zu setzen“, erklärten die republikanischen Vorsitzenden des Ausschusses für Auswärtiges, Militär und Geheimdienst in einer schriftlichen Stellungnahme.

Weiterverhandeln hinter verschlossenen Türen

McCarthy zeigt sich trotz der steigenden Frustration noch immer zuversichtlich, dass er die zum Sieg benötigten 218 Stimmen hinter sich vereinen könne. „Wir haben gute Gespräche und ich denke, dass alle eine Lösung finden wollen“, sagte der Fraktionsvorsitzende vor der Wahlschlacht am Donnerstag.

Trotzdem werden die Stimmen lauter, die McCarthy dazu drängen, seine Kandidatur für das Sprecheramt zurückzuziehen. Elf Wahlgänge haben die Abgeordneten schließlich bereits hinter sich. Vor 100 Jahren, als zum letzten Mal ein Kandidat für den Sprecherposten nicht auf Anhieb die nötige Mehrheit bekam, benötigte es neun Wahlgänge, um einen neuen Sprecher zu bestimmen.

Der texanische Abgeordnete Troy Nehls, der wie viele der republikanischen McCarthy-Gegner ein Mitglied des „Freedom Caucus“ ist, appellierte an seine Parteikollegen, dem ganzen Treiben ein Ende zu setzten und endlich mit dem Regieren zu beginnen. „Diese Schlacht, die wir kämpfen, muss ein Ende finden“, sagte er.

Die historischen Ausmaße des parteiinternen Machtpokers werden durch den heutigen Jahrestag des Angriffs auf das US-Kapitol nochmals verschärft. Als vor zwei Jahren eine Horde von Trump-Anhängern das Kongressgebäude in Washington stürmte, war es einer der dunkelsten Tage der US-Geschichte.

Die US-amerikanische Demokratie überlebte, und für einige ist die aktuelle Situation sogar ein Zeichen dafür, dass sie noch immer funktioniert. „So wird die Wurst gemacht. Wir haben eine wirkliche Debatte mit 435 anwesenden Abgeordneten im Repräsentantenhaus“, sagte der texanische Abgeordnete Chip Roy während der vergangenen Tage.

Die Republikaner verhandeln derweil weiter hinter verschlossenen Türen. Am Freitag um 12 Uhr Ortszeit geht es weiter. Der Ausgang bleibt jedoch weiter ungewiss.

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