Maaßens Werteunion wird Partei: Zu Diensten der AfD
Die ultrakonservative Werteunion um Maaßen beschließt, sich als Partei zu gründen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird explizit nicht ausgeschlossen.
Das Vorhaben kam mit Ankündigung. Schon seit Wochen hatte Maaßen – der frühere, geschasste Bundesverfassungsschutzchef, der zuletzt immer mehr ins Rechtsverschwörertum abdriftete – mit einer Parteigründung der Werteunion kokettiert. Der mindestens strammkonservative Verein ist nicht offiziell mit der Union verbandelt, viele Mitglieder aber gehören der CDU und CSU an. Maaßen, selbst auch noch CDU-Mitglied, steht seit einem Jahr an der Spitze der Werteunion.
Auch am Samstag beklagte Maaßen, dass die Union ihre konservativen Werte verraten habe und einen viel zu angepassten Oppositionskurs fahre. Seit Monaten geißelt er den „Sozialismus der Ampelparteien“ und die „Migrationskatastrophe“, fordert eine „Politikwende“. In Interviews und Aufsätzen äußerte er sich noch überzogener: Hier redete Maaßen von „sozialistischen und globalistischen Kräften“, welche die Gesellschaften zerstören wollten. In einem Tweet behauptete er, eine „treibende Kraft des politisch-medialen Systems“ sei ein „eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“ – was Maaßen ein CDU-Parteiausschlussverfahren einbrachte.
Ältere Anhängerschaft, die Tiraden beklatscht
Die Werteunion will Maaßen nun als „liberal-konservative“ Partei positionieren. Rund 4.000 Mitglieder zählte diese zuletzt, durch die Parteidiskussion will man bereits viele neue dazubekommen haben. Für den Beschluss zur Parteigründung brauchte und erhielt Maaßen eine Zweidrittelmehrheit. In Erfurt zeigte sich eine Mitgliederschaft mehrheitlich gehobenen Alters, die sich für ein Foto teils in Deutschlandfahnen hüllte. Auf früheren Werteunion-Veranstaltungen wurden insbesondere Maaßens Tiraden gegen die Migrationspolitik beklatscht.
Mit vor Ort war auch der Unternehmensberater Markus Krall, der immer wieder vor Systemzusammenbrüchen warnt und schon mal Erwerbslosen das Wahlrecht entziehen wollte. Zuletzt war es zwischen Krall und Maaßen zu Dissonanzen gekommen, in Erfurt zeigten sich beide wieder einträchtig. Krall bot der Werteunion sein Mitwirken bei der Wirtschaftsprogrammatik an und kritisierte ebenso den „zerstörerischen Kurs“ der „sozialistischen Regierung“. Die Parteigründung sei ein „historischer Moment“ und eine „Chance auf eine Wende im Land“, jubilierte er.
Bereits im Februar soll nun die tatsächliche Parteigründung erfolgen, im Herbst will Maaßen dann mit der Werteunion bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg antreten – und kommendes Jahr auch bei der Bundestagswahl. In Thüringen war Maaßen bereits 2021 zur Bundestagswahl angetreten, im Südthüringer Wahlkreis um Suhl und damals noch für die CDU. Am Ende unterlag er deutlich dem SPD-Kandidaten Frank Ullrich.
Parteienspektrum zersplittert sich rechtsaußen
Mit der Parteigründung zersplittert sich das politische Rechtsaußen-Spektrum weiter. Neben der AfD tummeln sich dort bereits Splitterparteien wie das Bündnis Deutschland oder „Wir Bürger“, in Thüringen auch die „Bürger für Thüringen“. Letztere boten noch am Samstag der Werteunion eine Zusammenarbeit und eine gemeinsame offene Liste für die Landtagswahl an. Auch die Freien Wähler fischen teils in dem Milieu.
Maaßen schielt aber vor allem auf die AfD. Die Partei spreche die richtigen Probleme an, gebe aber bisweilen zu radikale Antworten, erklärte er zuletzt. Die Werteunion brachte er als AfD-Mehrheitsbeschaffer ins Spiel. Er werde mit allen Parteien reden und mit denen zusammenarbeiten, welche die gleichen Positionen vertreten, „ganz egal, ob diejenigen AfD heißen oder FDP oder wer auch immer“, erklärte Maaßen zuletzt.
Bundesweit werden der Werteunion wenig Chancen ausgerechnet. Aber in Thüringen macht die Maaßen-Truppe die Lage vor der Landtagswahl noch undurchsichtiger. Laut einer jüngsten Forsa-Umfrage liegt die AfD in dem Bundesland mit 36 Prozent weit vorn, gefolgt von CDU (20 Prozent) und Linken (17 Prozent). Am Freitag wurde bekannt, dass auch die neue Wagenknecht-Partei BSW in Thüringen mit der Eisenacher Oberbürgermeisterin und Noch-Linken Katja Wolf antreten will. Nun kommt noch Maaßens Werteunion dazu – die sowohl der AfD als auch der CDU Stimmen kosten könnte.
„Froh, dass diese Spinner weg sind“
CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuletzt bereits einen Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei zur Werteunion angekündigt. Wer dort mitmache, dürfe kein CDU-Mitglied mehr sein. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer schrieb am Samstag auf X, ehemals Twitter, er sei „froh, dass diese Spinner weg sind“. Der Verein habe versucht, die CDU an die AfD heranzuführen und sei damit „vollends gescheitert“.
Wofür die Werteunion steht, zeigte sich zuletzt auch bei einem Geheimtreffen von AfDlern und anderen Rechtsextremen wie dem Identitären Martin Sellner bei Potsdam. Dort sollen millionenfache Deportationspläne besprochen worden sein. Mit dabei waren auch: zwei Mitglieder der Werteunion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance