Luxemburg-Leaks-Affäre: Da ist er ja wieder
Überraschungsauftritt von EU-Kommissionschef Juncker: Es gebe keinen Interessenkonflikt, da er mit der Regierung nichts mehr zu tun habe.
LUXEMBURG taz | Eine Woche war er wie vom Erdboden verschluckt. Doch nun geht Jean-Claude Juncker, der durch die Luxemburg-Leaks-Affäre unter Druck geraten war, in die Offensive. Es gebe „keinen Interessenkonflikt“, da er mit der Regierung in Luxemburg nichts mehr zu tun habe, betonte Juncker. Zugleich schlug er ein neues EU-Gesetz zur Offenlegung von Steuervergünstigungen für Konzerne vor.
Die EU-Kommission bereite eine Richtlinie vor, die den automatischen Austausch der sogenannten „tax rulings“ vorsehe. Sobald ein Land einem Unternehmen Zusagen über Steuervergünstigungen mache, müsse es künftig die anderen EU-Länder darüber informieren.
Dies sei „die einzige Möglichkeit“, um die notwendige „Dosis Transparenz“ in dieser Frage in Europa zu schaffen, erklärte Juncker in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Brüssel. Für Luxemburg kommt diese Initiative zu spät. Denn durch die Enthüllungen in der Presse sind die „tax rulings“ nun schon bis ins Detail bekannt. Zudem hat die Regierung des Großherzogtums bereits zugesagt, die umstrittenen Regeln zu ändern.
Junckers Flucht nach vorn sorgte in Brüssel für Aufsehen. Noch am Montag hatte er über seinen Sprecher mitteilen lassen, dass er keinen Grund sehe, sich zu den „LuxLeaks“ zu äußern. Und noch am Mittwochmorgen hatte Juncker alle Forderungen aus dem Europaparlament zurückgewiesen, sich einer Aussprache zu stellen. Er wollte sich durch den auch für Steuerpolitik zuständigen französischen EU-Kommissar Pierre Moscovici vertreten lassen – und kam dann doch ins Parlament.
„Steueroase“ Luxemburg
Dort war die Stimmung aufgeheizt. Mit Ausnahme der konservativen EVP-Politiker, aus deren Reihen Juncker selbst kommt, hatten alle Parteien Aufklärung über die „Steueroase“ Luxemburg gefordert. Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold forderte, Juncker müsse umgehend handeln und einen Aktionsplan gegen Steuerdumping in der EU vorlegen. Der neue Vorschlag zum Informationsaustausch sei unzureichend, so Giegold.
Die Linke fordert sogar ein Misstrauensvotum. Sie hat dafür aber nur 52 der 76 nötigen Stimmen zusammenbekommen. Vor allem die Sozialdemokraten stecken in einem Dilemma: Einerseits fordern sie einen Sonderermittler zu Luxemburg – andererseits tragen sie aber die große Koalition im Europaparlament mit.
Juncker forderte jetzt erst einmal, dass alle 28 EU-Staaten beim geplanten erweiterten Informationsaustausch mitspielen. Steuersparländer wie Großbritannien oder die Niederlande könnten jedoch mauern. Juncker wäre dann fein raus: „Ich wollte nie Steuerflucht organisieren, ich habe mich immer für eine Harmonisierung ausgesprochen“, beteuerte er am Mittwoch.
Nicht nur die EU, auch die G 20 müsse mitziehen, so der Kommissionschef. Für Kritiker wie Giegold ist dies ein Ablenkungsmanöver. „Die Maßnahmen der G 20 reichen nicht, um die Probleme zu lösen. Weder Mindeststeuersätze noch eine gemeinsame Steuerbemessungsgrundlage sind in der G 20 geplant“, sagt Giegold.
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