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Luftverschmutzung durch DieselHaft für Ministerin gefordert

Bayern muss bezahlen, da das Land keine Fahrverbote vorbereitet. Die Deutsche Umwelthilfe fordert nun „Zwangshaft“ für die Umweltministerin.

Tauscht sie das Kostüm bald gegen Haftkleidung? Die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (rechts) Foto: dpa

Der bayerischen CSU-Umweltministerin Ulrike Scharf soll „Zwangshaft“ angedroht werden. Das fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Streit über den Luftreinhalteplan für München. Die Androhung und Verhängung von Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro seien nicht ausreichend. „Die Justiz darf sich nicht endlos an der Nase herumführen lassen“, schreibt DUH-Anwalt Remo Klinger in einem der taz vorliegenden Schriftsatz.

Anlass des Streits ist eine Klage der DUH gegen den Freistaat Bayern. Der bisherige Luftreinhalteplan für München müsse verschärft werden, damit dort endlich die Grenzwerte für Stickoxid eingehalten werden. Die Klage hatte aber nur teilweise Erfolg. Im Februar 2017 entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München zwar, dass es „unausweichlich“ sei, den Dieselverkehr einzuschränken. Zuvor müsse allerdings noch geklärt werden, mit welchen Verkehrszeichen die Fahrverbote angezeigt werden und für welche Fahrzeuge Ausnahmen gelten.

Der VGH wollte auf das Bundesverwaltungsgericht warten, das an diesem Donnerstag über die Frage verhandelt, ob Fahrverbote auch ohne gesetzliche Regelung, ohne Verkehrszeichen und ohne Plakette angeordnet werden können. Der VGH München wollte aber zugleich sicherstellen, dass die bayerische Staatsregierung nicht die Hände in den Schoß legt.

Deshalb verpflichtete er das Land, Vorbereitungen für Diesel-Fahrverbote zu treffen, betroffene Straßen aufzulisten und die Öffentlichkeitsbeteiligung vorzubereiten. Schließlich solle das Land ein „vollzugsfähiges Konzept“ für Diesel-Fahrverbote erarbeiten.

Weiteres Zwangsgeld angedroht

Die bayerische Regierung blieb aber weitgehend untätig. Sie kritisierte, dass der VGH ein Konzept fordere, das „nicht der aktuell gültigen Rechtslage“ entspreche. Im Moment sei es „nicht zumutbar“, der Öffentlichkeit Fahrverbote zur Diskussion zu stellen und die Bürger somit zu verunsichern.

Ende Januar verhängte das Verwaltungsgericht München daher auf Antrag der DUH ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000 Euro gegen die bayerische Staatsregierung. Weitere 4.000 Euro Zwangsgeld drohte das Gericht an, wenn nicht binnen vier Monaten mit der Öffentlichkeitsbeteiligung für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans begonnen wurde. Ein Zwangsgeld ist keine Strafe, sondern soll Druck ausüben, damit Pflichten erfüllt werden.

Bayerns Standpunkt: Das Gericht fordere ein Konzept ohne aktuell gültige Rechtsgrundlage

Die DUH hat gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt. Die Androhung von Zwangsgeld gegen den Staat sei nicht ausreichend, weil der Freistaat dann nur Geld „von einer Kasse in eine andere seiner Kassen“ zahle.

Gegen die „Renitenz“ und „rechtsstaatswidrige Ignoranz“ der bayerischen Regierung seien wirkungsvollere Zwangsmittel erforderlich, schreibt Anwalt Remo Klinger. Er beantragte daher, „Zwangshaft“ anzudrohen, wenn sich Bayern weiter weigert, seine Pflichten zu erfüllen. „Zu vollstrecken“ wäre die Zwangshaft dann an Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Alternativ könne von Scharf auch die Zahlung von 25.000 Euro verlangt werden, so der DUH-Antrag.

Es gibt kaum Beispiele, dass Zwangsgelder und Zwangshaft dem Behördenleiter persönlich angedroht werden. Bisher gingen die Gerichte davon aus, dass sich staatliche Behörden auch ohne drakonische Drohungen an Gerichtsurteile halten.

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19 Kommentare

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  • Da biegen Ministerien und Zulassungsbehörden das Recht immer weiter und bringen die betrogenen Fahrzeugbesitzer um ihre Entschädigungszahlungen. Mit einem Fahrverbot, wäre es nämlich sofort klar, dass hier ein fehlerhaftes Produkt betrügerisch eine Zulassung erschlichen hatte.

    Aber die Regierung zögert das hinaus, damit die Ansprüche gegen die Industrie verjähren. Danach gibt es dann ein wenig Placebonachbesserung auf Kosten der Staatskasse mit Selbstbeteiligung der Fahrzeugbesitzer. Damit es nicht so aussieht, als ob die Industrie, die ja den Betrug veranstaltet hat, da nichts dazu beiträgt, gibt diese noch einen Rabatt auf Neuwagen dazu. Wird dann groß als Beitrag verkauft, obwohl es eigentlich ja nur eine normale Rabattaktion ist.

    Die DUH will hier für die Einhaltung des Rechts sorgen und die Exekutive ignoriert das Recht und die Urteile. Das ist so, als ob jemand vom Gericht freigesprochen würde, aber die Polizei dann einfach wieder in Untersuchungshaft steckt.

    Doch statt diese korrupten Politiker_innen zu beklagen, posten hier die Autoindustrietrolle gegen die DUH. Bin gespannt, welche Marketingagentur dahinter steckt und wie viel sich die Industrie das kosten lässt.

  • "die indizien detailiert präsentiert werden"

     

    ????

     

    Ich äußere hier meine Meinung, und allgemein bekannte Dinge MUSS ich überhaupt nicht auch nur "irgendwie" "präsentieren"…

    • @Frau Kirschgrün:

      Sollte Antwort an CHN sein, sorry…

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Es ist ein schlechter Witz, dass dieser dubiose Abmahnverein Gelder von verschiedenen Bundesministerien erhaelt, um dann in den Laendern auf Klagetour zu gehen. Ist unsere oeffentliche Verwaltung schon so degeneriert?

    • @21272 (Profil gelöscht):

      Ja, die CSU ist ein dubioser Abmahnverein, der Steuergelder erhält und die Gerichte beschäftigt.

  • WITZIG

  • ich freue mich, dass die DUH die mittel des rechtsstaates bemüht um hier das handeln nach egoistischen lobbyinteressen (alle baden via steuergeld und gesundheitsverschlechterung den betrug und die verfehlungen der autobauer aus und die politik assistiert) erschwert und in frage stellt.

     

    un allgemeiner gesehen finde ich die idee wunderbar, dass menschen (hier politiker) für das verantwortlich gemacht werden, was sie durch ihre entscheidungen bewirken.

    • @chn:

      So weit ich weiß, unternehmen die gar nixx gegen Lobbyisten, sind meines Wissens selber Lobbyisten.

      Siehe Antwort an DECAFLO…

  • Mal abgesehen von der brutalen Luftverschmutzung, die dringend abgestellt gehört, "liebe" Bayerische Staatsregierung, macht die DUH meines Erachtens wieder einmal das, was sie am besten kann: Abmahnungen versenden – und für gute Medienpräsenz warum nicht gleich auch mal die Bayerische Staatsregierung…

    Meines Wissens "holt" sich die DUH die Gelder für ihre Kampagnen und Klagen (und wohl auch gleich für den eigenen Geldbeutel) über Abmahnschreiben herein.

     

    Persönlich habe ich, seit ich das weiß, keine Petition, die von der DUH gestartet wurde, mehr unterschrieben. Abmahnung, das geht gar nicht.

     

    Bei Change.org habe ich mich inzwischen auch abgemeldet, da die angeblich und meines Wissens (politische) Nuzterprofile erstellen, und dann die E-Mailadressen (und wohl auch diese Profile) verkaufen. Geht auch gar nicht.

     

    Vielleicht kann mir jemand mitteilen, wo das "Protestieren" überhaupt noch einen Sinn ergibt…

    • @Frau Kirschgrün:

      ist das einfach diffamierendes getrolle?

      oder ernstzunehmen?

      abmahnungen wofür? an wen? und woher wissen sie das?

      und dann gleich noch change.org bashen? dazu sollten dann wenigstens die indizien detailiert präsentiert werden, sonst ist es eben soviel wert wie eine nachricht aus der trollfabrik.

      • @chn:

        Da fällt mir ein:

         

        Sie werden doch hoffentlich nicht von der DUH für's "Kommentieren" bezahlt?!

        Die sind ja angeblich mit allen Wassern gewaschen ;-))))

      • @chn:

        Bitte mäßigen Sie sich, CHN!

         

        Natürlicher Anstand und belastbare Informationen, ganz altmodische Dinge, die Ihnen wohl abgehen…

      • @chn:

        @CHN

        Sie diskreditieren sich hier massiv für jeglichen weiteren Diskurs wenn Sie allen ernstes Anzweifelnd dass das Geschäftsmodell der DUH die Abmahnungen sind.

        Sie können in vielen allgemein zugänglichen Berichten von Zeitungen aller Coleur nachlesen wie es sich mit diesem obskuren Verein verhält.

        Also hören Sie bitte auf hier einen auf Klug...... zu machen.

    • @Frau Kirschgrün:

      Ich finde die Behaarlichkeit der DUH bewunderswert und sein Vorgehen vollkommen legitim. In den letzten Jahren erlässt der Staat zahlreiche Gesetze, die nicht rechtskonform sind und die zügig von Gerichten kassiert werden, bei der Luftverschmutzung ignoriert der Staat sogar die Rechtssprechung, weil es faktisch nichts kostet. Sowas nennt man einen Oligarchenstaat, oder - ohne bananenproduzierende Staaten diffamieren zu wollen - eine Bananenrepublik.

      • @Albrecht Thomas:

        Siehe Antwort an DECAFLO…

         

        An der DUH finde ich gar nixx bewundernswert…

    • @Frau Kirschgrün:

      Der Geldbeutel ist nun mal die einzige Stelle, wo es vielen Leuten wehtut... und wenn sich sonst nichts ändert, ist es mir recht, wenn die einen Unsympathen die anderen Unsympathen abmahnen...

      • @kditd:

        Sieg der Unsympathen auf ganzer Linie – gruselig.

        • @Frau Kirschgrün:

          Ich kann die Ablehnung der DUH wegen dieser Abmahnungen nicht verstehen. Abmahnungen sind im Wettbewerbsrecht ein ganz normales und legitimes Mittel. Das hat nichts mit teilweise kriminellen Abmahnpraktiken gegen Privatleute zu tun.

          Sie sind das Mittel um sich gegen unlautere Werbung mit Lügen und falschen Angaben zu wehren.

          Das macht die DUH und damit habe ich überhaupt kein Problem.

          Im Gegenteil, ich könnte regelmässig kotzen, wenn ich sehe, wie die Konzerne sich in der Werbung ein grünes Image geben.

          • @decaflo:

            Da werden aber sehr gerne kleinere und mittlere Unternehmen "abkassiert".

             

            Das stört mich ganz massiv, weil das meistens "Korinthenkackerei" ist – meines Erachtens also Abzocke, denn an die großen Konzerne traut sich die DUH meines Wissens nicht, außer es ist so sicher und publicity-trächtig wie bei der Bayerischen Staatsregierung…