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Linkspartei in der KriseNachwuchs an die Macht

Katrin Gottschalk
Kommentar von Katrin Gottschalk

Die Linkspartei liegt am Boden. Was sie nun braucht, ist eine personelle Neuaufstellung. Heißt: weniger alte Garde, mehr frische Gesichter.

Die Linkspartei braucht neue Leute – vor allem junge, mit Ambitionen Foto: Christian Ditsch

I n der Gründungserklärung der Linkspartei fehlt ein entscheidender Satz: Wir wollen regieren. Man kann den Machtanspruch mit viel gutem Willen allenfalls herauslesen, wenn dort „Gestaltungsanspruch“ steht oder dass man um „Mehrheiten werben wolle“.

Seit 2007 hat sich das ein oder andere getan, einzelne Linke stellen ganz klar den Machtanspruch, andere – wie Bodo Ramelow – regieren auf Landesebene. Aber Macht ist ein schmutziges Wort in weiten Teilen der Linken. Auch in der Linkspartei. Und Macht bekommt in einer Demokratie nur, wer sie möchte und bereit ist, dafür glaubhaft Verantwortung zu übernehmen.

Dass die Linke als Teil einer Bundesregierung Verantwortung übernehmen kann, haben ihr in Deutschland zur Bundestagswahl 2021 nur 2,3 Millionen Menschen zugetraut. Zu realitätsfern die außenpolitischen Positionen, zu zerfurcht das Personal. 2,3 Millionen haben die Partei immerhin gewählt – aber womöglich auch nur aus Prinzip.

Immer wieder war in den letzten Tagen zu hören, auch von der Partei selbst, dass es die Linke brauche – als Opposition links der SPD. Aber das ist zu wenig. Jede andere Partei im Bundestag stellt klar den Regierungsanspruch – und hat deshalb auch mehr Stimmen bekommen. Wer soll eine Partei wählen, der man den Regierungswillen auf Bundesebene gar nicht abnimmt?

Der Linkspartei täten neue Führungspersonen gut, die genau das wollen: regieren. Die soziale Spaltung unserer Gesellschaft ist ja offenkundig. Es fehlt eine Partei, die die soziale Frage ins Zentrum ihrer Programmatik stellt und diese mit einer feministisch-intersektionalen Haltung beantwortet. Aber eine emanzipatorische Politik ist nicht glaubwürdig, wenn sie sich in der Außenpolitik nicht gegen Kriegsverbrecher wie Putin ausspricht. Die lautesten Stimmen der Linken sind vorläufig die von gestern.

Wenn jetzt neue Gesichter kommen, wie sich das Hennig-Wellsow wünscht, dann sollte sie sich auch wünschen, dass die Alt- oder Mittelaltlinken der Partei diese auch akzeptieren. Hinter jedem Nachwuchstalent steht ein nörgelnder Genosse, der sein Besserwissen kundtut und damit die Legitimität der Führung immer wieder infrage stellt. Das muss aufhören.

Gerade in linken Strukturen bekommen destruktive Kräfte mehr Raum als anderswo, denn hier wird Kritik hochgehalten. Manchen ist das eigene Rechtbehalten wichtiger als das gemeinsame Gestaltenwollen. Schon die Gründungserklärung der Linken beschäftigt sich vor allem mit internen Diskussionen. Die Partei muss jetzt ihre neuen, jungen Mitglieder machen lassen. Und die Jungen müssen ernsthaft wollen.

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Katrin Gottschalk
Vize-Chefredakteurin
Stellvertretende Chefredakteurin der taz seit April 2016. Vorher Chefredakteurin des Missy Magazine. Aufgewachsen in Dresden. Schreibt über Kultur, Feminismus und Ostdeutschland. In der Chefredaktion verantwortlich für die digitalen Projekte der taz. Jahrgang 1985.
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10 Kommentare

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  • Zitat:



    "Wenn jetzt neue Gesichter kommen, wie sich das Hennig-Wellsow wünscht, dann sollte sie sich auch wünschen, dass die Alt- oder Mittelaltlinken der Partei diese auch akzeptieren. Hinter jedem Nachwuchstalent steht ein nörgelnder Genosse, der sein Besserwissen kundtut und damit die Legitimität der Führung immer wieder infrage stellt. Das muss aufhören."

    Dem ist nicht mehr viel hinzu zu fügen...

  • Frische Gesichter, soso. Das ist ja wie bei der Schaufenster-Reklame. Im Markt der Parteien kaufen Konsumenten frische Gesichter.



    Nö. Hildegard Hamm-Brücher war kein frisches Gesicht, sondern eine Ikone der Liberalen Ethik.

    Die Linkspartei liegt nicht am Boden, sondern wird weggedrängt. Das liegt nicht an den aktuellen peinlichen Anlässen (Verhalten zu Ukraine, sexuelle Belästigung), sondern daran, dass etwas stattfindet, was alle betrifft:



    es treten immer mehr Anliegen ins Politische, die Befindlichkeiten sind, nicht eigentlich polit-ökonomische Kritik, sondern Unsinn, Off-Topic, unpolitisch sind: die Partei "Basis", die 9-13% Sonstige, das Ausladen wegen Dreadlocks bei FFF.



    Kurz: die „moderne sozialistische Gerechtigkeitspartei“ wird verdrängt, weil die Leute keinen Bock drauf haben.



    Die Vertreter der anderen Parteien, die dem Verschwinden der Linkspartei das Wort reden, sind selbst nur wie der Unternehmer, der über die Pleite seines Konkurrenten grinst.

  • "In der Gründungserklärung der Linkspartei fehlt ein entscheidender Satz: Wir wollen regieren."

    Bitte! Steht das denn bei irgendeiner anderen Partei drin? Nö. Das ist doch unterirdisch.

  • Ich kapier den Artikel auch nicht so ganz.

    Janine Wissler und Henning-Wellsow sind NEUE Gesichter der Linken, die für Erneuerung stehen. Und für eine personelle Neuaufstellung, dafür wurden beide gewählt.

    Man kann doch nicht jedesmal wenn alles den Bach runterrinnt, immer wieder „Erneuerung“ schreien, das wurde schon so oft gemacht, welcher Wähler nimmt das ernst?

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ich empfinde diesen Artikel ehrlich gesagt als schlechten Witz.



    Mit wem sollte Die Linke denn auf Bundesebene regieren, selbst wenn sie es schafft, die Autoritären in der Partei politisch weitgehend zu neutralisieren? SPD und Grüne sind derzeit nahezu völlig in ihrer Kriegspropaganda absorbiert.



    Der NATO-Staat Türkei führt seit Jahren und jetzt gerade wieder besonders intensiv Krieg in Nordsyrien und im Irak. Einen Krieg, den Heiko Maas (SPD, Ex-Außenminister) als "legitimes Sicherheitsinteresse" bezeichnete. Einen Krieg, der unmissverständlich der Vernichtung der kurdischen Kultur und Bevölkerung dient.



    Die große Geschichtserzählung, die NATO würde die Freiheit gegen die Diktatur verteidigen, wird davon völlig konterkariert. Für den Flüchtlingsdeal und geostrategische militärische Interessen nehmen NATO und EU, für das Regieren nehmen SPD und Grüne auch die ein oder andere ethnische Säuberung in Kauf.



    Würden SPD und Grüne heute regieren, wenn sie sich im Wahlkampf für die Kündigung des Flüchtlingsdeals und den Ausschluss der Türkei aus der NATO stark gemacht hätten? Mit Sicherheit nicht. Das wussten die Parteistrateg:innen auch.



    Dieser Populismus wird von SPD und Grünen "Pragmatismus" genannt und ganz pragmatisch wird das Erdgas dann halt nicht aus Russland, sondern aus Qatar bezogen, wo Sklaverei legal ist, Homosexuellen die Todesstrafe droht, wo - wie in der Türkei - islamistische Terroristen Unterschlupf finden und das am Krieg in Jemen beteiligt ist.



    Im Jahr 2020 hat die NATO ungefähr 1100 Milliarden Dollar (Spiegel) für Rüstung ausgegeben und Russland 61 Milliarden (ZDF). Allein Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben zusammen fast dreimal so hohe Militärbudgets wie Russland. Da soll eine weitere Aufrüstung alternativlos sein?



    Um mit dieser SPD und diesen Grünen zu regieren, um diese Deutschen zu regieren, müsste Die Linke aufhören, links zu sein. Wo sonst kann Die Linke links sein als in der Oppostion?

  • Wenn das genauso vernagelte, volksfremde Ideologen sind, hilft der schönste Generationswechsel nichts. Die werden schließlich nicht wegen hohem Alter abgestraft.

  • Klingt erstmal gut, aber ich bin nicht sicher, ob ich die Linkspartei noch wählen könnte, wäre sie in den Händen ihres Jugendverbandes "solid".

    Die Positionen zur Ukraine und zu Israel sind nicht akzeptabel:

    www.tagesspiegel.d...chen/28255356.html

    Wenn ich Unterstützer/innen des RF-Imperialismus mit antisemitischen Anklängen wählen wollte, hätte ich schon die AfD gewählt.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Yvvvonnne:

      Der Vorsitzende der Linksjugend Leipzig ist derweil mit einem rassistischen Kommentar der anderen Sorte aufgefallen, als er einen Tweet mit einer Palästinafahne mit den Worten "»Hä? Seit wann produziert das Phantasialand eigene Fahnen?" kommentierte.



      Dass es zu einer Lösung des Nahostkonfliktes nur kommen kann, wenn beide Seiten die Identität und die Geschichte der jeweils anderen Seite akzeptieren lernen, dass einseitig dieser Konflikt nicht gelöst werden kann, ist weder auf der AntiImp-, noch auf der "Antideutschen"-Seite angekommen. Er lässt sich weder einfach auf Kolonialismus, noch auf Antisemitismus reduzieren. Es ist ein Trauerspiel.

  • Wenn diese konstruktive Kritik Früchte trägt, die Altvordern verschwinden und die Linke eine auf Menschenrechten und Emanzipation basierte Außenpolitik, ohne Blockdenken, vertritt, ist sie wählbar.

  • "Die Partei muss jetzt ihre neuen, jungen Mitglieder machen lassen."

    Schon vergessen? Solid Berlin am 22.2.2022:



    "Die einzige, die ein Interesse an diesem Krieg hat, ist die Bourgeoisie, die von Waffenlieferungen und kriegerischen Auseinandersetzungen profitiert. (...) Der drohende Krieg ist ausschließlich im Interesse der kapitalistischen Großmächte, die um geostrategischen Einfluss und Absatzmärkte in der Ukraine streiten. (...) Wir wollen weder einen Wirtschaftskrieg noch konventionellen Krieg, bei dem das deutsche Kapital am Donbas wüten kann! Deshalb fordern wir:



    ● Keine Sanktionen ● Zerschlagung der NATO ● Stopp aller Waffenlieferungen



    ● Für eine sozialistische Opposition und für Frieden in der Ukraine twitter.com/solidB...496173615338901511

    Nur das Personal auswechseln ohne inhaltliche Klärung wird wohl nicht funktionieren.