Letzte Ruhe unter Bäumen: Keine Gefahr für den Wald
Vergiftet die Asche der Verstorbenen bei Beerdigungen im Wald den Boden? Richter in Frankfurt glauben das nicht und verbieten diese Behauptung.
FRANKFURT/M. dpa/taz | Das Landgericht Frankfurt hat einem Natur- und Landschaftsplaner kritische Äußerungen zu Bestattungen in Wäldern untersagt. Der Mann hatte unter anderem behauptet, bei der Bestattung von Urnen im Waldboden unter Bäumen würden toxische Stoffe – etwa Schwermetalle – freigesetzt.
Nähere Gründe für die Entscheidung nannte das Gericht nicht. In dem am Freitag bekanntgewordenen Urteil gaben die Richter der Unterlassungsklage des Naturbestattungsunternehmens Ruheforst statt.
Das Franchise-Unternehmen ist bundesweit tätig, unter anderem im schleswig-holsteinischen Glücksburg. Der Gärtner und diplomierte Landschaftsplaner hatte erklärt, im dortigen Bestattungswald hätten einzelne Bäume bereits dürre Äste entwickelt. Das klagende Unternehmen beteuerte allerdings, ein „ökologisch anerkanntes Naturbestattungskonzept“ zu verfolgen.
Friedwälder sind eine erfolgreiche Alternative zu Friedhofsbestattungen: Nach einer Umfrage der Aeternitas-Verbraucherinitiative Bestattungskultur werden mittlerweile fünf Prozent aller Verstorbenen in den Wäldern oder auch in Baumgräbern auf Friedhöfen beerdigt. Seit 2009 ist die Anzahl dieser Bestattungen von rund 6.000 auf rund 14.600 gestiegen. Allein die Unternehmen Ruheforst und Friedwald haben mehr als 100 Waldgräber-Standorte in Deutschland.
Christliche und städtische Friedhofsflächen liegen dagegen vielerorts brach wie etwa in Berlin. Nicht zuletzt geht es für die konventionelle Bestattungsbranche um viel Geld. Schlichte Gräber ohne großen Pflegeaufwand wie die in einem Wald bringen Steinmetzen und Gärtnern nichts ein. Auch der vor Gericht unterlegene Landschaftsplaner soll nach Medienberichten zum traditionellen Branchenzweig gehören.
Nach Mitteilung des Gerichts kann er nun Rechtsmittel beim Oberlandesgericht einlegen. Sollte er sich allerdings wieder mit ähnlichen Argumenten gegen den Friedwald äußern, drohen ihm bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott