Lebensmittelpreise in Supermärkten: Im Land, wo Milch und Honig fließen
Die Discounter senken erneut die Preise für Milchprodukte. Die Landwirte treiben sie damit in den Ruin, die Politik schaut zu.
„Die Discounter treiben die Spirale nach unten – und unsere Bäuerinnen und Bauern damit in den Ruin“, kommentiert Maria Heubuch, die als Milchbäuerin für die Grünen im Europa-Parlament sitzt. „Aldi und Norma werden damit in keinster Weise ihrer Verantwortung gerecht, gemeinsam mit den anderen Marktakteuren an einer Lösung zu arbeiten“, so Heubuch.
Aldi Nord begründet seine Entscheidung in einer Presseerklärung mit dem „aktuellen Überangebot auf dem weltweiten Milchmarkt“. Die Molkereien hätten die Milch deshalb jüngst günstiger angeboten. „Die aktuelle Lage der Milchbauern ist nicht nur ein Thema des Einzelhandels“, so Aldi Nord weiter, „sondern aller Beteiligten der Wertschöpfungskette sowie der Politik“. Es geht aber auch anders: Der Lebensmittelhändler Edeka Südwest hatte erst vorigee Woche regionalen Landwirten eine Preisgarantie versprochen.
Auch die Politik sieht inzwischen Handlungsbedarf. Lange hat EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan eine Agrarmarktkrise geleugnet; inzwischen hat er seine Meinung geändert. Ende März erlaubte er den EU-Mitgliedsländern in einem inoffiziellen Schreiben, Landwirte zu entschädigen, wenn diese freiwillig ihre Milchproduktion einschränken.
Der Tiefpunkt kommt noch
Das Bundeslandwirtschaftsministerium lehnt das allerdings ab und verweist auf bereits gezahlte Liquiditätsbeihilfen. Es sei „die Aufgabe der Marktbeteiligten, selbst ein besseres Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu finden“, heißt es aus dem Ministerium.
Die Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) mit Sitz in Bonn schätzt, dass die Milchpreise ihren Tiefpunkt noch nicht erreicht haben. Zwar bekommen die Milchbauern durchschnittlich nur noch 25,8 Cent pro Kilogramm Milch (1 Kilo ist dabei etwas mehr als 1 Liter). Doch in dem Krisenjahr 2009, als die Bauern ihr kostbares Gut schließlich in den Abguss kippten, waren es nur noch 22,6 Cent pro Kilo. Die AMI prognostiziert einen weiteren Preisverfall, eine Erholung zeichne sich „derzeit nicht ab“, schreibt sie in einer aktuellen Marktanalyse.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen