Laufzeitverlängerung bayerischer AKWs: „Bayerische Probleme dort lösen“
Jürgen Trittin schaltet sich in die Atomdebatte ein. Laut BUND-Studie könnte eine Laufzeitverlängerung an den nötigen Sicherheitsprüfungen scheitern.
Trittin sagte dem Spiegel, er rate dazu, „dass dieses bayerische Problem in Bayern gelöst wird“. Bayern könne für Netzstabilität sorgen, indem es Strom spare. Gerichtet an seine Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt, die sich ebenfalls offen für einen Streckbetrieb von Isar 2 gezeigt hatte, falls die Versorgung von Krankenhäusern gefährdet ist, sagte er: „Eine Familien- und Sozialpolitikerin sollte wissen, dass es in jedem Krankenhaus, und in den großen Münchener Kliniken sowieso, Notstromaggregate für plötzliche Stromausfälle gibt.“
Der Umweltpolitiker, der Architekt des ersten Atomausstiegs im Jahr 2000 war, sagte mit Blick auf den beginnenden Landtagswahlkampf in Niedersachsen, dort lösten Äußerungen zu längeren Atomlaufzeiten „genervtes Kopfschütteln“ aus. Er ist selbst Mitglied das niedersächsischen Landesverbands der Grünen.
Auch Angela Wolff, BUND-Expertin für Atom- und Energiepolitik, sprach am Mittwoch in einer Pressekonferenz des Umweltverbands davon, dass das bayerische Energieproblem angesichts des zähen Ausbaus der Windkraft im Freistaat „hausgemacht“ sei. Zudem verwies sie darauf, dass der Reaktor Isar 2 bislang zu einem großen Anteil mit Uran aus Russland und dem lange Zeit eng verbandelten Kasachstan beliefert wurde.
Die Meiler müssten schon längst gewartet werden
Oda Becker, Diplom-Physikerin und Expertin für Risiken von Atomanlagen, verwies im Rahmen der Pressekonferenz darauf, dass die Energieversorgungsunternehmen, welche die drei deutschen Reaktoren betreiben, einen Weiterbetrieb davon abhängig machten, dass der Staat als Betreiber einspringt. Das würde bedeuten, dass der Staat sowohl technisch als auch wirtschaftlich die Verantwortung übernimmt. Den Firmen selbst ist das Geschäft mit den alten Meilern offenbar längst zu heikel.
Zudem hält Becker es für fraglich, ob ein Weiterbetrieb aus Sicht der Anlagensicherheit überhaupt zustande kommen könnte. Die Periodische Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) der drei noch laufenden Anlagen, die eigentlich alle zehn Jahre erfolgen muss, liegt inzwischen bis zu 13 Jahre zurück. Damit habe man auch das Europarecht bereits „weit gedehnt“.
Die letzten PSÜ seien noch auf Basis eines Regelwerks der frühen 1980er Jahre erfolgt – einer Anleitung also noch aus der Zeit vor Tschernobyl. Seit 2012 gelte ein neues technisches Regelwerk für die PSÜ. Strebe man eine Laufzeitverlängerung an, müssten diese neuen Regeln angewandt werden. Das könne in den Blöcken zu erheblichen Investitionen führen oder gar dazu, dass ein Weiterbetrieb ausscheide. Das große Problem der Debatte liege darin, so Becker, dass „Sicherheit keine objektivierbare Kenngröße“ sei, sondern immer von den Beurteilungskriterien abhänge.
Ähnlich kritisch sieht auch der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, längere Laufzeiten für die drei verbliebenen Atomkraftwerke. Ihm fehle in der momentanen Debatte ein „zentraler Aspekt“: „Wichtigster Maßstab im Umgang mit der Hochrisikotechnologie Atomkraft ist und bleibt die Sicherheit“ sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch er verwies darauf, dass sich angesichts der fehlenden PSÜ der laufenden Meiler im Fall einer angestrebten Laufzeitverlängerung zahlreiche Fragen stellten.
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