Lange Liste mit Sparmaßnahmen: Bremen muss riesiges Haushaltsloch stopfen
Kein Bundesland ist so verschuldet wie Bremen. Finanzsenator Fecker plant bis 2027 Einsparungen von 254 Millionen. Die Sanierungsmaßnahmen sind hart.

Bremen muss also sparen. Und damit bei dieser Konsolidierung nichts aus dem Ruder läuft, kontrolliert der Stabilitätsrat die Fortschritte, ein Gremium zur Erkennung und Bekämpfung von Haushaltsnotlagen, besetzt durch die BundesministerInnen für Finanzen und Wirtschaft und die FinanzministerInnen der Länder. Ende 2024 hat Bremen mit ihm eine Sanierungsvereinbarung geschlossen, für drei Jahre.
Jüngst hat Bremens Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) dem Rat seine Sanierungsmaßnahmen konkretisiert: Rund 254 Millionen Euro stehen bis 2027 zur Einsparung an. Ende 2024 waren es noch 100 Millionen Euro weniger.
Lange Liste mit Maßnahmen
„An strikter Haushaltsdisziplin führt in den kommenden Jahren kein Weg vorbei“, fasst Fecker zusammen. „Spar-Haushalte sind vorerst das neue Normal.“ Bremen müsse seine „Hausaufgaben“ machen, so der Finanzsenator, und Möglichkeiten zur Einsparung, Kostendämpfung und Einnahmesteigerung nutzen: „Das ist mit Belastungen für die Menschen und Unternehmen in unserem Land verbunden. Auch an der Verwaltung geht das nicht spurlos vorbei. Wir müssen da jetzt gemeinsam durch.“ Bremen brauche „wieder mehr Handlungsspielraum“.
Schon vor der Sanierungsvereinbarung war klar: Treffen würde es fast jede(n). Zur Erhöhung sind im Gespräch: die Grunderwerbssteuer, die Tourismusabgabe City-Tax, die Verwaltungs- und Parkgebühren, die Kosten für Kita- und Grundschul-Mittagessen, die Erbpachtzinsen im Hafen, die Spielbankabgabe, Verwaltungsgebühren für Studierende, Ticketpreise der Bremer Straßenbahn.
Die Liste der Maßnahmen ist lang: Es trifft den Klimaschutz, durch einen geringeren Energiestandard beim Bauen. Es trifft Autofahrer, durch mehr Verkehrsüberwachung für mehr Gebühren. Man bremse den „erheblichen Personal-Aufwuchs der vergangenen Jahre“ ab, so der Finanzsenator. Beim Personal gelte von 2025 bis 2027 eine Kürzungsquote von jährlich 1,45 Prozent. Die Flächenbedarfe der öffentlichen Verwaltung sollen um 20 Prozent runter.
Viel Veränderung, wenig Konkretes
Die 100 zusätzlichen Millionen liegen, so der Finanzsenator, auch „an kostendämpfenden Anpassungen bei den Standards von Sozialleistungen“. Ein Beispiel: Junge Geflüchtete sollen beim Erreichen der Volljährigkeit nicht weiter in der Jugendhilfe bleiben. Das geht nicht ohne Härten ab.
Viel wird sich verändern. Wie das konkret aussieht, etwa im Bereich Gesundheit und Soziales, scheint indes noch offen.
Claudia Bernhard, Bremens Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, von der taz um Kommentierung gebeten, hält sich bedeckt: „Aufgrund der laufenden Haushaltsverhandlungen, die voraussichtlich erst im Sommer abgeschlossen sein werden, können wir uns zu Ihren Fragen derzeit leider nicht äußern“, bescheidet Kristin Viezens, ihre Sprecherin.
Stochern im Nebel
Auch von Claudia Schilling, Bremens Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration, ist nicht viel zu erfahren. „Derzeit wird der Rahmen für den Bremischen Haushalt 2026 erarbeitet“, schreibt Bernd Schneider der taz, ihr Sprecher für Soziales. „Ob und in welchem Umfang im Bereich der freiwilligen oder gestaltbaren Sozialleistungen gekürzt werden muss, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Die abschließenden Beschlüsse über den Haushalt erwarte ich für das erste Quartal 2026.“
Eingeleitet seien „kostendämpfende Maßnahmen, etwa durch eine personelle Stärkung der Erziehungsberatung“. Das gehe einher „mit der Erwartung, dass eine frühe Unterstützung der Familien zu ihrer Stabilisierung beitragen wird und Eskalationsspiralen gar nicht erst in Gang kommen“. Damit werde die Zahl der zeit- und kostenintensiveren Unterstützungsmaßnahmen in den Hilfen zur Erziehung sinken.
Viel Stochern mit der Stange im Nebel also. Der nächste Bremer Sanierungsbericht an den Stabilitätsrat ist zu Anfang Oktober fällig.
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