Landwirtschaft mit guter Bilanz: Höhere Kosten, aber mehr Gewinn
Viele Bauern profitieren etwa von teurerem Getreide. Deshalb könnten sie sich stärker gegen Naturschutz auf ihren nun sehr rentablen Feldern wehren.
Das entspreche einer Nettorentabilität der Höfe von 127 Prozent. „Über alle Betriebsformen und über alle Länder hinweg gesehen legten die Gewinne zu.“ Im Großen und Ganzen könnten die Landwirte zufrieden sein. UmweltschützerInnen befürchten nun, dass die Bauern wegen der hohen Preise noch weniger bereit sein werden, Ackerflächen für den Naturschutz zur Verfügung zu stellen.
Zwar mussten die Landwirte für Energie, Dünge- und Futtermittel im Jahr bis 30. Juni 2022 viel mehr ausgeben. Die Kosten der Pestizide etwa stiegen den Kammern zufolge pro Hektar um 25 Prozent.
Doch das wurde durch die höheren Preise für Produkte der Landwirtschaft mehr als ausgeglichen. Getreide etwa der untersuchten Betriebe verteuerte sich laut Bericht: von 23 Prozent in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland bis hin zu 26 Prozent in Rheinland-Pfalz. Für Rohmilch bekamen die Bauern demnach 21 bis 33 Prozent mehr. „Die Milchpreise zogen stärker als die Produktionskosten an“, berichteten die Kammern.
Selbst die gebeutelten Schweinemäster hätten 7 bis 10 Prozent mehr für ihre Tiere bekommen, was aber immer noch als zu wenig gilt. Schweinehalter beispielsweise in NRW hätten einen „immer noch existenzbedrohenden Gewinn von 47.000 Euro“ erzielt. Das reichte den Zahlen zufolge nur für eine Nettorentabilität von 55 Prozent, sie konnten also nur gut die Hälfte ihrer rechnerischen Kosten für Arbeit, Boden und Kapital begleichen.
Ökobetriebe litten unter dem Wetter, was zu niedrigen Naturalerträgen führte. Ihre Gewinne sanken laut Bericht um 21 Prozent auf 53.000 Euro. Das habe für eine Nettorentabilität von 81 Prozent gereicht.
„Die Gefahr ist, dass wegen der enorm hohen Erlöse für Agrarprodukte die Bereitschaft sinkt, Ackerflächen für Naturschutzmaßnahmen wie Brachen zur Verfügung zu stellen“, sagte Johann Rathke, Agrarexperte der Umweltorganisation WWF, der taz. Er rechne damit, dass Bauernverbände fordern werden, einen seiner Meinung nach wichtigen Teil der Bedingungen für den Erhalt von EU-Agrarsubventionen auch 2024 auszusetzen: Demnach müssen Bauern 4 Prozent ihrer Ackerflächen brach liegen oder für Landschaftselemente wie Bäume, Hecken oder Tümpel zur Verfügung stellen.
Der Forderung nach Aussetzung dieser Regel hat Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) für 2023 bereits nachgegeben, damit mehr Getreide produziert werden kann angesichts der aufgrund des Ukrainekriegs gestiegenen Weltmarktpreise. „Dieses Mal darf Minister Özdemir nicht nachgeben, denn der Verzicht auf wichtige Umweltstandards führt kaum zu mehr Lebensmittelproduktion, schwächt aber die ökologische Stabilität der Agrarökosysteme umso mehr“, sagte Rathke.
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