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Landtagswahlen in BayernDie CSU im freien Fall

Mit dem christsozialen Credo dürfte es im Freistaat bald vorbei sein. Allen Umfragen zufolge verliert die CSU an Wählerstimmen. Eine schmerzhafte Zäsur steht bevor.

Schuld an historischem CSU-Tief: Danke Horst Seehofer und Markus Söder Foto: dpa

München dpa | Der bayerische Landtag ist ein altehrwürdiges Gebäude hoch über der Isar, mit grandiosem Blick über München, mit festen Grundmauern. Doch die Landtagswahl am kommenden Sonntag könnte diese Grundmauern ein klein wenig erschüttern.

Allen Umfragen zufolge muss die CSU mit einem dramatischen Absturz und dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit rechnen – diesmal vielleicht für immer? Und: Bis zu sieben Parteien können sich begründete Hoffnungen auf einen Einzug ins Münchner Maximilianeum machen, inklusive der rechtspopulistischen AfD. Der Freistaat steht damit vor einer Zäsur – und die CSU ganz besonders.

„Es spricht einiges dafür, dass wir tatsächlich eine große Wende sehen werden“, sagt die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch. Es könne sein, dass nun auch in Bayern die Zeiten absoluter Mehrheiten für eine Partei ein für alle Mal vorbei seien. Diesen Nimbus, dieses Alleinstellungsmerkmal drohe die CSU zu verlieren.

Die CSU blickt dem Wahlabend jedenfalls mit sorgenvoller Spannung entgegen. Denn die Aussichten sind mies: Glaubt man allen aktuellen Umfragen, ist die absolute Mehrheit in weiter Ferne, die 47,7 Prozent von vor fünf Jahren sind unerreichbar. Zwischen 33 und 35 Prozent haben die Demoskopen zuletzt ermittelt. Sogar die 38,8 Prozent bei der Bundestagswahl im vergangenen Herbst wären mittlerweile ein Ergebnis, mit dem die Christsozialen fast zufrieden sein müssten.

Höhen und Tiefen der Christsozialen

Längst ist die Frage nicht mehr, ob die Partei – wie schon zwischen 2008 und 2013 – einen Koalitionspartner braucht, sondern wie viele. Aus Markus Söders Sicht ist das besonders bitter. Endlich war er im März dieses Jahres am Ziel seiner Träume angelangt: Auf Druck der CSU-Basis, insbesondere der Landtagsfraktion, musste Horst Seehofer das Ministerpräsidenten-Amt an seinen ewigen Kontrahenten abgeben.

Und der ehrgeizige Nürnberger legte quasi vom ersten Tag an los, präsentierte eine 100-Punkte-Regierungserklärung, mit Pflegegeld, Familiengeld, bis hin zum Raumfahrtprogramm „Bavaria One“. Kosten: rund eine Milliarde Euro. Langsam ging es in den Umfragen wieder nach oben, auf mehr als 40 Prozent, 44 Prozent waren es in der Spitze. Doch dann kam, befeuert von CSU-Chef und Bundesinnenminister Seehofer, der Berliner Koalitionsstreit über die Flüchtlingspolitik, über Zurückweisungen an den Grenzen.

Auch Söder schaltete sich ein, gab seine neue Möchtegern-Landesvater-Rolle wieder auf – ein Fehler, räumen auch Gutmeinende heute rückblickend ein. Erst spät trat der Ministerpräsident wieder auf die Bremse. Dann kam Seehofers Rücktritt vom Rücktritt, es folgten neuer Streit und am Ende auch noch der Fall Maaßen – und seither befindet sich die CSU fast schon im freien Fall.

Seehofer sieht sich nicht in der Verantwortung

Weil ein derart dramatischer Absturz droht, haben in der CSU – das ist neu – schon vor der Wahl die wechselseitigen Schuldzuweisungen begonnen. Mühsam versuchten Seehofer und Söder zwar zuletzt, wieder Geschlossenheit zu demonstrieren. Doch sollte die Wahl tatsächlich ein Erdbeben auslösen, dann dürfte es kein Halten mehr geben. Während Söder fest im Sattel zu sitzen scheint, auch mangels personeller Alternativen, haben weite Teile der CSU Seehofer als Hauptverantwortlichen für das erwartete Debakel ausgemacht.

Ob und wie lange sich der 69-Jährige als Parteichef halten kann, ist offen – und dürfte ganz entscheidend vom Wahlergebnis abhängen. Die nächste reguläre Parteivorsitzenden-Wahl ist eigentlich erst in einem Jahr – ob er wirklich bis dahin weitermachen darf? Seehofer hat jedenfalls schon mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich nicht allein für eine Wahlniederlage verantwortlich machen lassen will. Wie das alles weitergeht, vermag in der CSU derzeit keiner zu sagen. Unklar ist auch, welche Folgen ein CSU-Beben für die Bundesregierung hätte.

Halbwegs klar ist nur, dass in München bereits in der kommenden Woche die Gespräche über eine Koalition beginnen dürften. Das Zeitfenster hierfür ist durch die Bayerische Verfassung eng begrenzt: Schon in vier Wochen steht die Ministerpräsidenten-Wahl an. Bis dahin sollte auch eine Koalition gebildet sein.

Die Grünen – Shootingstars dieses Wahlkampfes

Doch wer mit wem? Sollte es für die beiden Parteien reichen, ist eine Koalition von CSU und Freien Wählern am wahrscheinlichsten, notfalls mit der FDP als drittem Partner (wenn die den Sprung in den Landtag schafft). Oder führt am Ende doch an Schwarz-Grün kein Weg vorbei?

Die Grünen mit ihren Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann sind ja die Shootingstars dieses Wahlkampfs in Bayern. In allen Umfragen liegen sie konstant auf Rang zwei hinter der CSU, und das mit Abstand. Ein Erklärungsansatz für den Grünen-Höhenflug ist, dass diese es schaffen, auch ehemalige Wähler der CSU zu sich zu ziehen, die mit deren harten Asylkurs nicht einverstanden sind.

Ein weiterer Grund für das Grünen-Hoch dürfte auch die chronische Schwäche der SPD in Bayern sein, die sich – glaubt man den Umfragen – bei der Landtagswahl in dramatischer Weise fortsetzen könnte. Ob das an der Performance der SPD in der großen Koalition in Berlin liegt? Oder daran, dass die Grüne Schulze SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen in den vergangenen Wochen die Show gestohlen hat? Oder an beidem?

Wahlausgang ist völlig offen

Unter den Wahlgewinnern wird dagegen, wie zuvor schon im Bund und in vielen anderen Bundesländern, die AfD sein. Deren erstmaliger Einzug in den Landtag ist allen Umfragen zufolge fix. Die Sorgen vor einem raueren Klima im Landtag sind groß.

Doch noch ist die Wahl nicht entschieden. Darauf verweisen voller Hoffnung diejenigen, die in den Umfragen zurückliegen. Und davor warnen besorgt-konzentriert diejenigen mit hohen Werten. Einer aktuellen Umfrage zufolge ist jeder Zweite noch unsicher, ob und wen er wählt.

Auch das etwas spezielle bayerische Landtagswahlrecht, bei dem Erst- und Zweitstimme zusammengezählt über die künftige Sitzverteilung im Landtag entscheiden, könnte für deutliche Ausschläge im Ergebnis im Vergleich zu den Umfragen sorgen. Mehr Klarheit wird erst am Sonntag ab 18.00 Uhr herrschen. Endgültig und amtlich vielleicht sogar erst am frühen Montagmorgen.

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11 Kommentare

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  • Mailtütenfrisch Nu nich ganzsondoofer

    “Kleine Handreichung für Söder und Seehofer:







    "Wer ist Schuld am wahrscheinlichen Desaster derCSU?"







    Franz Josef Strauß ist Schuld.



    Von ihm stammt die "Weistheit",



    dass es rechts der CSU keine



    demokratische Partei geben dürfe.







    Seehofer und Söder haben nur versucht,



    ihrem großen Vorbild gerächt zu werden.







    Luja moi Liabar.







    Kehrwoche oder "Scheuer"-Woche, das ist einerlei



    Kretschmann, Hartmann, und so weiter -



    so wird Bayern niemals frei







    ("Gott mit Dir, Du Land der Bayern...")“

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Und Söder ist ja ein ganz moderner 4.0 - Mann, dem es nicht um die Masse von Wählern geht, sondern um deren Qualität (Lieber wenige Wähler, aber gute). Im Laufe der Jahrzehnte hat sich ja in der CSU ein Wählersammelsurium angesammelt, das nun dringend ausgemistet werden muss.



    Die kommende Wahl ist der richtige Zeitpunkt dafür.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @91672 (Profil gelöscht):

      Und kleine Ergänzung:



      Man denkt oft, daß dieses Alleinregieren, das erstmal so verführerisch aussieht, ein Zuckerschlecken sei. Nein, ganz und gar nicht. Denn alles, was in Bayern in den letzten Jahrzehnten schief gelaufen ist, klebt wie Blei an der CSU und geht alleine auf ihre Kappe.



      Und von FJS-Rüstungsexporten bis zu Söders Spezial-Wohnlösungen steht alles zusätzlich in den Geschichtsbüchern.

  • „Die CSU im freien Fall“



    Immer mal sachte! Immerhin ist die CSU gemäß ZDF-Politbarometer www.zdf.de/politik...latz-zwei-100.html noch stärkste Partei. Hoffnungsvoll stimmt mich, dass es die angeblich so konservativen Bayern eher zu den Grünen zieht, als zur AfD.



    Und die Linkspartei, die die Grünen „schon zu tief drin im Arsch der CSU“ sieht? Das, was gestern in www.taz.de/Die-Lin...ern-Wahl/!5542090/ zu lesen war, erinnert mich an Pippi Langstrumpf:



    „2 x 3 macht 4 -



    widdewiddewitt und 3 macht 9e !



    Ich mach' mir die Welt - widdewidde wie sie mir gefällt ... “.



    Dafür sind die Bayern dann doch zu konservativ!

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      ...da würd' ich erst mal den Wahlsonntag abwarten, denn es gibt genügend Menschen in diesem Lande, die nicht zugeben, die AfD zu wählen.

  • Ohne dass man das antizipieren kann; aber das Beste im Guten ist, dass dann in Berlin die CSU Lautsprecher mal etwa leiser gedreht werden.



    Korrigiere: Nein das ist schlecht, da dann wieder mehr CSU wählen! Neues Fazit: Söder Scheuer, Seehofer: Bitte dröhnt weiter.



    Danke

  • In Bayern erreichte die Bayern SPD unter Renate Schmidt auch schon mal 32%. Bei der Landtagswahl am 15.09.2013 erreichte die SPD noch 20,6%. Aktuellen Umfragen nach wird die SPD am kommenden Sonntag nur noch auf 9,5% kommen. Das sind nochmals ca. 50% weniger wie noch bei der letzten Wahl in 2013.



    Stellt man diese Berechnung analog der SPD mit der CSU an, so summieren sich die Verluste gegenüber der Wahlen in 2013 auf ca. 31%.



    Fazit: Der Loser der Landtagswahlen in Bayern wird die SPD mit Verlusten von fast 50% ihrer Wähler gegenüber der Wahlen in 2013 sein. Loser Nr. 1 ist also die SPD.

    Mein Versprechen an aller Taz – Leser vom 07.05.2018 zählt. Hier nochmals!



    Großes Versprechen an alle Taz-Leser in München. Wenn die SPD am Wahlabend unter 10% ist, werde ich 1000 Liter Freibier und 5 Grillspannferkl ausgeben. Für jeden weiteren 1%Punkte weniger, gibt es einen Nachschlag von weiteren 1000 Liter Freibier und Grillspannferkl.



    Gefeiert wird an der Isar!!!



    Es ist unglaublich, wie die SPD Genossen-Bosse ihre Mitglieder und Wähler an der Nase rum führen und sich hernach scheinheilig über miese Wahlergebnisse wundern. So hat die Vorsitzende der Bayern SPD Natascha Kohnen, vor der Bundestagswahl eine große Koalition verneint, um nach der Wahl für eine GroKo zu werben. Wer so schamlos Wähler betrügt, verdient keinen warmen Ministerposten. Pfuii!

  • 9G
    98983 (Profil gelöscht)

    verwechseln sie nicht, dass die csu genau die gleich ist, nur wir menschen einfach keinen bock mehr auf deren gequirlte scheiße haben. und sie ist gewiss nicht bescheiden, siehe bavariaone



    kleiner und vielleicht auch schlanker wird sie werden müssen, ab montag

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Die Zukunft gehört nicht dem 'Größer, weiter, schneller', sondern der Besinnung auf das Notwendige (Weniger Schadstoffe, weniger Gülle, kleinere Autos, weniger Energieverbrauch und Plastik ...) und die CSU ist ganz vorne dabei: ja, auch weniger CSU gehört dazu. Die CSU ist eine Partei, die den Zeitgeist erkannt hat und mit mutigen Schritten voran geht. Söder mit der neuen CSU light gehört zur neuen Schule: Kleiner, schlanker, bescheidener.

    • 9G
      98983 (Profil gelöscht)
      @91672 (Profil gelöscht):

      :-D



      das ist sarkasmus von ihnen, oder?

      • 9G
        91672 (Profil gelöscht)
        @98983 (Profil gelöscht):

        Nein, natürlich nicht.Das wär ja Gotteslästerung. Fast würde man sagen, wählt diese wunderbare Partei, die sich ins Schneckenhaus zurückzieht, edel, bescheiden und klein, aber das wär ja kontraproduktiv.



        Dann würde der Wählerballast wieder ansteigen. Also, Freunde, CSU nicht wählen. Die CSU reinigt sich gerade.