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Grüner Spitzenkandidat zur Bayern-Wahl„Gegenmodell zu anderen Parteien“

Ludwig Hartmann, Grünen-Chef in Bayern, ist grundsätzlich gesprächsbereit – außer für die AfD. Auch eine Viererkoalition unter Grünen-Führung sei möglich.

Die Grünen kämpfen in Bayern darum, zweitstärkste Kraft zu werden Foto: dpa
Dominik Baur
Interview von Dominik Baur

taz: Herr Hartmann, erstmals sehen Umfragen nun eine rechnerische Möglichkeit für eine Viererkoalition gegen die CSU. Wie hoch sind die Chancen dafür?

Ludwig Hartmann: Das ist wirklich Kaffeesatzleserei, was da wie nach der Wahl sein könnte. Ich bin ein Freund von stabilen Regierungsverhältnissen. Und natürlich wollen wir Verantwortung übernehmen, aber wir wollen vor allem unsere Inhalte umsetzen. Schauen Sie sich beispielsweise mal die SPD an: Mit der teilen wir ja wirklich viel – etwa in der gesamten Flüchtlingspolitik oder bei den Themen sozialer Zusammenhalt und Wohnen. Aber gerade bei Umweltthemen trennt uns oft sehr viel. Bei unserem Volksbegehren gegen die Betonflut in Bayern, da war die SPD auf der anderen Seite.

Und mit den anderen beiden theoretischen Koalitionspartnern, der FDP und den Freien Wählern, wäre die Schnittmenge doch bestimmt nicht größer?

Genau. Wir Grüne sind in vielen Bereichen das Gegenmodell zu den anderen Parteien. Wir warten jetzt bis zum Sonntag, und dann werden wir sehen, welche Optionen es für die demokratischen Parteien gibt. Wir sind grundsätzlich gesprächsbereit, nur nicht mit der AfD. Die AfD ist für mich kein politischer Mitbewerber, sondern ein Gegner, der ein anderes Land will und den wir bekämpfen.

Aber welche Konstellation würden Sie sich denn wünschen?

Wir machen keinen Bündniswahlkampf. Ich kämpfe für ein starkes grünes Ergebnis. Wir wollen zweitstärkste Kraft werden. Je schlechter die CSU abschneidet, desto besser für eine ökologische und gerechte Politik in Bayern. Je schlechter die AfD abschneidet, desto besser für die Demokratie. Und nach der Wahl ist es zunächst an der stärksten Fraktion, einen Vorschlag zur Regierungsbildung zu machen.

dpa
Im Interview: Ludwig Hartmann

Ludwig Hartmann, 40, ist zusammen mit Katharina Schulze Spitzenkandidat der Grünen.

Vor zehn Jahren gab es ja schon mal die Möglichkeit für eine Viererkoalition. Woran ist das gescheitert?

Ich habe das nur am Rande mitbekommen, weil ich da gerade ganz neu im Landtag war. Offenbar hat die CSU damals sehr lange gebraucht, die Frage nach dem möglichen Ministerpräsidenten zu klären. Und dadurch wurde die verbleibende Sondierungszeit besonders kurz. Letztendlich war es dann die Entscheidung der FDP, ein Bündnis mit der CSU einzugehen. Wohl bekommen ist es ihr nicht.

Für Sie könnte es in einer schwarz-grünen Koalition natürlich auch schwierig werden. Die Grüne Jugend hat sich gerade klar gegen Schwarz-Grün positioniert.

Dass die Grüne Jugend skeptisch ist, kann ich nachvollziehen. Ich merke aber im Land eine Stimmung, dass die Menschen nicht nur wollen, dass wir Grüne den Finger in die Wunde legen, sondern die wollen uns gestalten sehen. Wir hatten jetzt gerade einen Kleinen Parteitag, und auch bei den eigenen Leuten habe ich diese Stimmung gespürt.

Im Vergleich zu Schwarz-Grün hätte eine Viererkoalition für Sie persönlich natürlich einen besonderen Charme: Die Grünen wären Seniorpartner, und Sie könnten in die Staatskanzlei einziehen.

Glauben Sie mir: Die Frage nach einem Ministerpräsidenten Hartmann stellt sich für mich gerade nicht.

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5 Kommentare

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  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Ich bin entsetzt. Die Stimmen, die die Grünen jetzt oben drauf bekommen, die fehlen doch dann der CSU, der Staatsregierung, oder? Wie soll denn dann die CSU regieren, wenn man zuläßt, daß die CSU sabotiert wird? Ich würde an der Stelle der CSU die bevorstehende Wahl absagen, denn der Bürger erwartet zu Recht eine stabile Mehrheit für die CSU, wie man es seit Menschengedenken gewöhnt ist.



    Wegen der CSU hat Bayern schließlich schöne Berge, Seen, Täler, Wälder, Fußballfelder, Straßen und SUV's.

    • @91672 (Profil gelöscht):

      Und nicht vergessen, das Familiengeld...gibts nur im Freistaat: Pünktlich zum Wahltermin in Bayern...erste Auszahlung Ende September 2018!!



      Darf man sich in DE eigentlich Wählerstimmen kaufen? Nee, in DE nicht...im Freistaat darf mans aber versuchen!

      Quelle:



      www.zbfs.bayern.de...liengeld/index.php



      Zitat:



      Der Freistaat Bayern gewährt den Eltern für jedes Kind im zweiten und dritten Lebensjahr, d. h. vom 13. bis zum 36. Lebensmonat, 250 Euro pro Monat, ab dem dritten Kind sogar 300 Euro pro Monat.Beispiel:



      Geburt des Kindes am 16.08.2017.



      Ein Lebensmonat beginnt jeweils an einem 16. des Monats.



      Das Familiengeld ist spätestens auf dem Konto:



      Im September am 21.09.2018,

      • @Tom Farmer:

        Abgesehen von dem zeitlichen Zusammenhang mit der Wahl (der kein Zufall ist), was stört dich am Familiengeld?

        Ich finde es grundsätzlich schön, Familien mit Kindern zusätzliches Geld zu geben... gut, den AlG II- Familien nimmt es der SPD-Bundesminister Heil jetzt erstmal wieder weg, obwohl er rein rechtlich auch anders vorgehen könnte (was wohl auch mit der Wahl in Bayern zusammenhängen dürfte). Das ist auf jeden Fall schlecht. Die genaue Ausgestaltung kenne ich nicht, aber mehr Geld für Familien mit Kindern klingt für mich gut! Wie gesagt, *unabhängig* von der Wahl.

        • @DERJakob:

          Das schöne am Familiengeld ist doch, dass es auch meine Kinder, beides Akademiker, Einkommen netto ca. 4000 € erhalten...Gut, die die es wirklich brauchen könnten werdens nicht kriegen, aber mei, die tätens ja doch bloß ausgeben, während meine Kids es auf die hohe Kante legen , oder im Urlaub nach sonstwo fliegen können.



          Und noch viel besser, meine beiden betagten Eltern, Einkommen, bestehend aus Pension, Rente, Mieteinnahmen und Beihilfe netto ca 4500€ bekommen vom Freistaat noch jeweils 1000€ Landespflegegeld zur Wahl geschenkt. Ist das nicht prima? Da werden wir ne tolle Party von feiern, weil brauchen tun sies ja jetzt nicht wirklich.



          Aber auch das wird, wie in Bayern halt so üblich, mit der Gießkanne übers dümmliche Wahlvolk geschüttet.

          Wenn ich mir vorstelle was man mit all den unterschiedslosen Geschenken bei denen die es wirklich bräuchten sinnvolles tun könnte, wird mir übel.

        • @DERJakob:

          Nun , man kann das sicher so sehen, ich will auch noch nicht mal behaupten, daß die CSU nicht Wähler damit locken will. Das ist aber durchaus legitim , jede Partei sollte doch danach gewählt werden was sie falls sie in Regierungsverantwortung war konkretes getan hat. Wenn also die Menschen das super finden und ihnen diese Bezuschussung sehr wichtig ist, dann wählen sie eben CSU, zum Glück gibt es auch für diese Menschen sicher genug andere Gründe diese Partei nicht zu wählen, oder?