Landtagswahl in Sachsen: Die NPD kippelt
Lange war Sachsen Stammland der NPD. Jetzt bangen die Rechten um den Einzug in den Landtag. Ein Scheitern würde die kriselnde Partei schwer treffen.
BERLIN taz | Sie werden bis zum Schluss bangen müssen: Nach ersten Hochrechnungen lag die rechtsextreme NPD bei der sächsischen Landtagswahl bei 5,0 Prozent – genau auf der entscheidenden 5-Prozent-Hürde. Der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel sagte, er sei „fest überzeugt“, dass seine Fraktion wieder einziehe. Man werde die „konsequente Oppositionsarbeit“ fortsetzen.
Für die NPD wäre ein Ausscheiden ein schwerer Schlag. Denn Sachsen war lange Hochburg der Partei. Seit zehn Jahren sitzt die Partei hier im Landtag, hier holte sie mancherorts zweistellige Ergebnisse.
Der Ausgang ist aber auch für die Bundespartei existenziell. NPD-Spitzenkandidat Holger Szymanski selbst attestierte der Wahl eine „Bedeutung weit über die Grenzen Sachsens hinaus“. Scheitern die Neonazis hier, bliebe nur noch die Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern – und eine verschärfte Krise. Die Partei plagen Finanznöte und sinkende Mitgliederzahlen. Und vor dem Bundesverfassungsgericht steht ein Verbotsverfahren bevor.
Dass es knapp werden würde, war schon im Vorfeld klar. Mit 5,6 Prozent gelang der Partei 2009 der Wiedereinzug in Sachsen. Dann stürzte sie in Umfragen ab – viele schrieben die NPD bereits ab. Bei den sächsischen Kreistagswahlen im Mai holte sie jedoch landesweit 4,6 Prozent. Ein Nachweis der erarbeiteten Stammwählerschaft der Rechtsextremen, gerade im Ländlichen.
Umso mehr, da im Mai schon die AfD antrat. Und die rechtskonservative Neupartei wilderte auch jetzt wieder im NPD-Terrain – warb für Grenzkontrollen und weniger „Integrationsfolklore“. Szymanski und seine Leute schmähten die Partei dagegen als zu lasch und angepasst. Dennoch: Schon im Mai hatte die AfD der NPD einen Prozentpunkt geklaut – es könnte auch diesmal der entscheidende gewesen sein.
Hausgemachte Probleme
Es lag aber auch an hausgemachten Problemen. Die NPD-Fraktion brachte kaum etwas zustande außer einigen Provokationen. Dann trat ihr Anführer Holger Apfel wegen Vorwürfen zurück, einen Jungrechten belästigt zu haben – und tauchte in Mallorca als Gastwirt wieder auf.
Sein Nachfolger Szymanski blieb im Wahlkampf blass. Die NPD setzt auf eine Materialschlacht: 1,5 Millionen Flugblätter verteilte sie in Briefkästen, zog durch Dörfer und Kleinstädte. „Deutsche helfen Deutschen“, warb die Partei – und setzte auf Anti-Asyl-Parolen. Bewusst hielt sie ihre Abschlusskundgebung im kleinen Schneeberg im Erzgebirge ab. Dort hatten vor Monaten Hunderte Bürger gegen eine Asylunterkunft demonstriert – zusammen mit der NPD.
Für die Partei hätte das Ausscheiden auch unmittelbare Folgen. Weg wären die 1,4 Millionen Euro, die ihre Landtagsfraktion jährlich erhielt. Die 30 Mitarbeiter wären arbeitslos, darunter einige Nachwuchskader. Verschwinden würde die Partei in Sachsen aber nicht: In den Gemeinden hält sie weiter gut 90 Mandate.
Leser*innenkommentare
Celsus
Die NPD kippelt und wird wohl bald durch eine Partei mit Anzugsimage ersetzt. Die AfD ist da ja nicht besser und auch nicht noch schlechter als die NPD.
Grundlegend sidn wir damit leider immer noch fest im Sog der Parteien, deren Weltbild vom Gedanken eines siegreichen Raubtieres beseelt ist. Die Konkurrenz der Wirtschaft bedeutet, dass wir Fachkräfte abwerben aus Ländern, deren Menschen dann nicht als Armutsflüchtlinge zu uns kommen dürfen. Obwohl "wir" immer reicher werden, soll es nicht stattdessen möglich sein, ausreichend Fachkräfte auszubilden und mit anständiger Behandlung und guter Bezahlung in Deutschland zu halten?
Und Exportüberschüsse sollen gut sein? Sagen wir mal eine Luxuslimousine gegen eine Packung Zahnstocher wäre ein sehr gutes Geschäft und würde hier Arbeitsplätze schaffen? Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Und für nicht bezahlte Rechnungen im Außenhandel zahlt zunehmend die untere Bevölkerungshälfte.
Handel und Wirtschaft sind nur dann gut, wenn alle Beiteligten redlich davon profitieren.