Landtagswahl Baden-Württemberg: Mehr Klima, wenig Soziales
Kretschmann macht's nochmal mit der CDU. Das könnte gut für die Klimapolitik sein. Gesellschaftspolitisch wird sich nur wenig bewegen.
Doch nach dem beeindruckenden Sieg bei der Landtagswahl 2021, durch den die Grünen den Koalitionspartner frei wählen können, ist es nicht ganz überraschend, dass sich der bekennende grüne Konservative nun für die CDU entschieden hat.
Nach mehreren Verhandlungsmarathons, nicht mit den potenziellen Koalitionspartnern, sondern mit den eigenen Leuten, konnte Kretschmann dies noch einmal durchsetzen, wenn auch mit gewaltigem Zähneknirschen der Parteiführung. Bereits am Mittwoch brauchte Kretschmann eine elfstündige Sitzung, um sein Sondierungsteam, das aus den beiden Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand sowie dem Fraktionschef Andreas Schwarz bestand, von einer Koalition mit der CDU zu überzeugen.
In einer Koalition mit der Union sieht Kretschmann mehr Stabilität in der Pandemie. Zudem hofft er, mit Hilfe der CDU, die immer noch tief in den Regionen verankert ist, mehr Akzeptanz für klimapolitische Veränderungen zu erhalten.
Jüngere bevorzugen die Ampel
Außerdem hatte Kretschmann schon in der Fraktionssitzung am Montag gesagt, dass er größere Probleme mit der FDP als Koalitionspartner habe. Tatsächlich hat sich die Partei im Wahlkampf mit harscher Kritik an den Corona-Maßnahmen profiliert. Und Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat sich über weite Strecken der Legislatur als kalter Kritiker grüner Politik gegeben. Kretschmann selbst hat immer wieder gesagt, dass der persönliche Kontakt mit Rülke schwierig sei.
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Diesen Argumenten mochten sich dennoch zu wenige Mitglieder des Parteivorstands anschließen. Viele Vorstände haben nur wenig Kontakt zur Regierungsarbeit, und sie wurden erst spät in die Diskussion um die Regierungsbildung eingebunden. Unter den Vorständen sind seit dem letzten Parteitag viele junge Mitglieder, die in der Ampelkoalition ein Zukunftsbündnis sehen, das auch gesellschaftspolitische Akzente setzt. Deshalb verweigerten sie Kretschmann am Mittwoch früh zunächst die Gefolgschaft.
Das brachte den von der Partei so schön choreografierten Zeitplan ins Rutschen. Denn am Mittag sollte es ein letztes Sondierungstreffen mit dem potenziellen Koalitionspartner geben mit anschließendem gemeinsamen Statement. Daraus wurde nichts. Erst eine weitere Vorstandssitzung, bei der wohl auch die Sorge im Raum stand, dass Kretschmann seinen Rückzug anbieten könnte, brachte die Vorstandsmitglieder auf Linie.
Neues Machtgefälle
Wenn die Koalitionsverhandlungen nicht scheitern, ist die neue Koalition die Alte. Allerdings in einem neu austarierten Machtgefälle. War in der letzten Legislatur von einer Komplementärkoalition die Rede, bei der beide Partner ihre Themen einbringen, so ist nach der vergangenen Wahl, bei der die CDU eine historische Niederlage erlitten hat, ziemlich klar, wer Koch und wer Kellner ist.
Die CDU dürfte also Ministerien verlieren. Und die Grünen legen, so ist zu hören, ihren Partner auf eine strikte Klimapolitik fest. Die CDU müsse sich zu Solarpflicht auf allen Neubauten in Baden-Württemberg und einem Klimavorbehalt für alle größeren Vorhaben schriftlich verpflichten. Andernfalls haben die Grünen jetzt das Drohszenario eines Koalitionswechsels in der Hinterhand.
Wenn die Grünen die CDU auf Kurs halten, könnte Kretschmanns dritte Amtszeit Baden-Württemberg zur klimapolitischen Musterregion machen. Für gesellschaftspolitische Vorhaben wie weitere Schulreformen oder eine innovative Wohnungsbaupolitik muss man dagegen eher schwarz sehen.
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