Landtag in Baden-Württemberg: Blumen für die Präsidentin

Das neugewählte Landtagspräsidium besteht nur aus Vertretern der Regierungsparteien. Auch SPD und FDP sind dafür, um die AfD zu verhindern.

Viele Politiker klatschen Beifall

Geschafft: Muhterem Aras ist die erste alevitische Präsidentin eines deutschen Landtags Foto: dpa

STUTTGART taz | Es ist das Bild, das die Gegensätze im baden-württembergischen Landtag auf den Punkt bringt: Der Alterspräsident Heinrich Kuhn von der AfD überreicht Blumen an die erste deutsche Landtagspräsidentin mit Migrationsgeschichte, Muhterem Aras.

Mit 96 von 143 Stimmen war die Muslimin kurz zuvor von den Abgeordneten als erste Frau in das Amt gewählt worden. Ihr Stellvertreter und Vorgänger im Amt, Wilfried Klenk (CDU), erhielt jedoch mit 115 Stimmen ein deutlich besseres Ergebnis.

Aras sprach nach ihrer Wahl dennoch von einem „Zeichen, für Weltoffenheit, Toleranz und gelungene Integration, das weit über die Grenzen Baden-Württembergs reicht“. Die Tochter alevitischer Kurden lebt seit 1978 in Deutschland und engagiert sich seit Anfang der 1990er Jahre bei den Grünen. Bei der Landtagswahl im März erreichte sie zum zweiten Mal das landesweit beste Wahlergebnis ihrer Partei. Sie hatte sich am Vortag in einer Kampfabstimmung der grünen Fraktion gegen die Mitbewerberin Brigitte Lösch durchgesetzt.

Bei der ersten Sitzung des neugewählten Landtags wurden die Spannungen zwischen der AfD-Fraktion als stärkster Oppositionspartei und den anderen Fraktionen gleich bei der Wahl von Aras' Stellvertretern deutlich. Vergeblich versuchte die AfD per Geschäftsordnungsdebatte zu erreichen, dass es weiterhin zwei Vizepräsidenten gibt.

Kein Oppositionsvertreter mehr im Gremium

Bislang war es üblich, dass neben den Regierungsfraktionen auch die stärkste Oppositionsfraktion einen Vizepräsidenten stellte. Darauf hätte die AfD den Anspruch gehabt. Deshalb hatten sich Grüne, CDU, SPD und FDP im Vorfeld darauf verständigt, nur noch einen Stellvertreter zu wählen – wodurch jetzt kein einziger Oppositionsvertreter mehr in dem Gremium vertreten ist, ein bundesdeutsches Novum.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erinnerte daran, dass der Stuttgarter Landtag schon 1992 nur einen Vizepräsidenten gewählt hatte, es also keinen Anspruch auf zwei Stellvertreter gebe. Damit wurde damals ein Vertreter der „Republikaner“ im Präsidium verhindert. Grüne und CDU betonten vor allem organisatorische Gründe für die Reduzierung der lukrativen Stellvertreterposten.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch nannte hingegen den offensichtlichen Grund: „Die SPD hätte sich keinen Vizepräsidenten von der AfD vorstellen können, der den Landtag nach außen repräsentiert“, verkündete Stoch für seine Fraktion.

Solche Geschlossenheit des Parlaments ist bei der Wahl des Ministerpräsidenten am Donnerstag nicht zu erwarten. Die Wahl Kretschmanns könnte sogar zur Zitterpartie werden und künftige Konflikte innerhalb der CDU offenlegen. Bei einer ersten Probeabstimmung zur Wahl des Ministerpräsidenten in der CDU-Fraktion am Dienstagnachmittag verweigerten 13 Abgeordnete ihre Zustimmung.

Dieses überraschende Ergebnis ist vor allem als Warnsignal der Fraktion an den künftigen Vizeregierungschef Thomas Strobl zu verstehen. Ihm werfen die Abgeordneten vor, Minister- und Staatssekretärsposten eigenmächtig vergeben und dabei die Fraktion übergangen zu haben. Nur zwei der fünf CDU-Minister sind Landtagsabgeordnete. Beobachter berichten, Strobl habe die Fraktionssitzung wutentbrannt verlassen.

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