„Lager evakuieren“-Demo in Berlin: Protestieren eingeschränkt möglich
Vor dem Brandenburger Tor: Mit 20 prominenten Teilnehmer:innen hat der Republikanische Anwälteverein gegen die Abschottungspolitik der EU protestiert.
BERLIN taz | Das musste raus: Mit sich überschlagender Stimme und viel Wut im Bauch schreit Flüchtlingsanwältin Berenice Böhlo vor dem Brandenburger Tor ins Mikrofon: „Es ist schön, wenn Flüchtlingskinder aufgenommen werden. Aber wir schämen uns dafür, wenn wir unseren Mandantinnen und Mandanten sagen sollen: ‚Nein, dein Kind ist unter den 47 Aufgenommenen nicht dabei.‘ Das kann nicht sein!“
Die Abschottungspolitik der EU nennt Böhlo einen Wettlauf der Schändlichkeiten. „Deutschland ist durch die Familienzusammenführung für Tausende Menschen in Griechenland zuständig, in der Umsetzung aber trickst das Bundesamt für Flüchtlinge systematisch, sodass Familien getrennt bleiben!“, ruft die Anwältin bei der Kundgebung.
Nach einem Demo-Maulkorb im Zuge der Infektionsschutzmaßnahmen und dem kompromisslosen Agieren der Polizei hat der Republikanische Anwälteverein am Donnerstagnachmittag eine erfolgreiche Kundgebung für die Evakuierung der Flüchtlingslager in Griechenland veranstaltet.
Zusammen mit anderen sozial- und flüchtlingspolitischen Bündnissen sowie Fridays for Future redeten dort auch Luisa Neubauer und sogar die Schauspielerin Katja Riemann. Angekündigt waren zuvor nur ein Livestream und eben prominente Redner:innen. Der Ort war bis zuletzt geheim, damit nicht mehr als die 20 erlaubten Personen zur Demo kämen.
Anwesend waren dann auch nur Teilnehmer:innen, Journalist:innen und Polizei. Vereinzelt blieben Radler:innen stehen und hörten zu. Platz war genug. Und so blieb die Polizei ruhig und vor allem auf Abstand: Noch vor drei Wochen nahmen Beamte am selben Ort bei einer #LeaveNoOneBehind-Demo Personalien von Aktivist:innen und sogar von Fotograf:innen auf und verteilten Anzeigen. Sogar symbolisch abgelegte Schuhe und Demo-Banner sammelte die Polizei ein.
Nichts davon war am Donnerstag zu sehen: Demonstrieren ist in Berlin eingeschränkt wieder möglich.
Leser*innenkommentare
Klaus Stülpnagel
Ich habe eine Frage an die TAZ Berichterstattung.
Können Sie bitte recherchieren, warum das RKI zuerst nicht
zugestimmt hat, die gestorbenen Corona Patienten zu obduzieren.
Als in Hamburg solches am UNI Krankenhaus als einziges Bundesland geschah,
wurde festgestellt, dass die meisten Patienten nicht(!) an dem Virus gestorben
waren, sondern an anderen schon vorhandenen Krankheiten.
Jetzt hat das RKI zwar ebenfalls Obduktionen zugestimmt, aber es wird
weiterhin (noch) nicht gemacht. Warum könnten Obduktionen nicht die gesamte
Statistik und gleichfalls die Sicht auf Corona wissenschaftlich modifizieren?
Ist das nicht wichtig, darüber zu reden, zu recherchieren ( wie jetzt in der Sendung FAKT am 28.4.2020) und zu berichten?
Sat Nam
Sat Hari Singh
Bruno
Moderator
@Klaus Stülpnagel Vielen Dank für die Anregung. Wir haben sie an die Redaktion weitergeleitet.