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LGBTQ-Community und MachomännerWir brauchen die Heten

Die Welt da draußen kippt gerade in alle Richtungen gleichzeitig. Wen die LGBTQ-Community jetzt alles auf ihrer Seite braucht. Eine Abschiedskolumne.

Ich sag’s ungern, aber wir brauchen die Heten Foto: ap/dpa

O ft müssen Queers sich abgrenzen. Von der Mehrheitsgesellschaft, von „den Heten“. Das ist Eigensinn, weil wir nicht reinpassen in die Selbstverständlichkeiten der anderen, sosehr wir uns verbiegen. Dieses Abgrenzen ist manchmal wütend, manchmal provokant. Es hilft uns dabei, eine Community zu sein. An dieser Stelle habe ich oft über „die Heten“ hergezogen, das ist lustig, wirkt befreiend auf Hals und Rachen, und ich bereue nichts.

Aber die Welt da draußen ist bedrohlich, gerade scheint sie in alle Richtungen gleichzeitig zu kippen. LGBT-Rechte hier, Rückschritte dort. Diversity und völkische Pampe nebeneinander. Ich sag’s ungern, aber wir brauchen die Heten. Die cis Heten, die leidige Mehrheitsgesellschaft. Sie müssen uns nicht verstehen, nicht akzeptieren und schon gar nicht tolerieren, aber wenn's drauf ankommt, müssen sie sich vor uns stellen und sagen: Hier ist jetzt mal Schluss.

Wir brauchen auch die Machomänner, die Breitbeinigen, mit ihrem Hang, den Beschützer rauszukehren. Damit sie im richtigen Moment sagen: Jetzt benimm dich mal, Kumpel.

Wir brauchen die Konservativen mit ihren traditionellen Werten, denn dazu gehören ­Respekt und Würde. Und wir brauchen besorgte Eltern, die sagen: Jetzt lassen Sie doch mal das Kind in Frieden. Wir brauchen die Kri­ti­ke­r*in­nen der Gendersprache, denn wer sich nicht vorschreiben lassen will, wie er zu sprechen hat, wird auch nicht akzeptieren, wenn er_sie_they schweigen soll. Und wir brauchen die Ver­tei­di­ge­r*in­nen der deutschen Kultur, damit die besorgten Eltern nicht Thomas Mann von den Lehrplänen streichen.

Auch die, die auf Political Correctness scheißen

Wir brauchen die politische Mitte, weil die Extreme, die sie fürchtet, manchmal dieselben sind, die uns bedrohen. Und die Unpolitischen mit ihrem Bedürfnis, von allem in Ruhe gelassen zu werden, brauchen wir auch, weil wir dieses Bedürfnis gut kennen. Wir brauchen alle, die auf Political Correctness scheißen, weil auf Sachen scheißen können manchmal den entscheidenden Unterschied macht. Und wir brauchen Religion, um uns zu erinnern, dass man sich Liebe nicht verdienen muss.

Wir brauchen Egoist*innen, denn sie können uns zeigen, wie man für sich sorgt. Wir brauchen Narzisst*innen, denn sie verstehen unseren Selbsthass. Wir brauchen Mean Girls und Assholes, denn sie wissen, wie man Grenzen setzt. Wir brauchen sogar die Kapitalist*innen, denn gekaufte Regenbogen sind besser als gratis braune Soße.

Wir brauchen den Journalismus, auch wenn oder gerade weil er ein Fähnchen im Wind sein kann; den Liberalismus, obwohl oder weil er manchmal Unerhörtes gelten lässt. Und wir brauchen Sie, die Sie das hier lesen – viele von Ihnen seit Jahren. Obwohl oder gerade weil Sie sich vielleicht zu einer der genannten Gruppen zählen. Vielen Dank dafür! Hier ist nun Schluss, diese Kolumne endet heute. Bleiben Sie freundlich, bleiben Sie laut!

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Peter Weissenburger
Autor
Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Medien.
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13 Kommentare

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  • Kluger Kommentar, schön geschrieben, bin beeindruckt. Und das bei meinem Ego.

    Alles Gute, Herr Weissenburger.

  • Ich schließe mich dem cis-Heten-Fanclub an, hab schon mal meine Poms rausgekramt. Macho! Macho! Gooooooo ... GO!



    Vielen Dank an Peter Weißenburger für die vielen schlaue Debattenbeiträge + alles Gute für die nächsten Projekte!

  • "und schon gar nicht tolerieren" - das könnt' mensch ein wenig ausführen: TOLERANZ is, wenn's dauernd und richtig und fortlaufend NERVT und mensch sich trotzdem ruhig und ohne zu protestieren damit abfindet. TOLERANT sein können also nur die, die was STÖRT. Normale Menschen nach meinem Menschenbild des 21. Jhdts. STÖRT nu aber ganz bestimmt nicht, wer wann mit wem ins Bett geht, und genausowenig, was die da dann tun .... .Oder wo jemand geboren wurde, aufwuchs, ihre Muttersprache(n) gelernt hat .... . Oder ....

    Wo ich NICHT TOLERANT sein will, is bei Krawallauspuffrasern, vor allem innerorts, bei Machofunktionären im Sportbusiness, besonders in Spanien, oder bei Glypphosatverkäufern, auch und gerade überall ....

    Und tolerant bin ich gegenüber dem Geschmack der zwei aussichtsreichsten Bewerber im derzeit unter weltweiter Anteilnahme ausgetragenen Wettbewerb "Worst Hairdo of the Galaxy", Fan Willis und Donald Trump.

  • Danke.

  • Ich wünsche Ihnen ein schönes neues Thema und, dass dieses hier irgendwann nicht mehr so sehr brennt.

  • Ich teile nicht!

    Erstens der Abschied. Weil so einen Peter Weißenburger wird es nicht noch ein zweites Mal geben. So einer ist einzigartig und echt wervoll für das taz Team.



    Kann man den hübschen Peter noch umstimmen?

  • Alles klar - und alles Gute, Peter Weißenburger!

  • Ein schöner, versönlicher, liebevoller Abschied von einen Kolummne. Flapsig formuliert wäre nicht der Ernst dahinter. Ja, wie Jim Hawkins, ich bin dabei. So sehr Minderheit sind Queers nicht: Sie haben Eltern, Gescvwister, Kinder, FreundInnen, KollegInnen, NachbarInnen.... das alles zusammen, dann noch freundlich und laut, so müsste es doch klappen.....

  • Ich auch!

  • Ich auch.

  • Die "Freiheit" die ich meine ist immer auch die Freiheit der Anderen. Keine Toleranz der Intoleranz!

  • Ich werd' Sie vermissen. Kommen Sie gelegentlich vorbei!

  • Bin dabei.