Künstler zum Einreiseverbot für Muslime: Unamerikanische Umtriebe
Wegen des Einreiseverbots für Muslime können viele Künstler nicht in die USA reisen. Nicht betroffene Künstler solidarisieren sich durch einen Boykott.
Mohammad Aghebati sollte eigentlich bald im „Hamlet“ mitspielen, schließlich ist er Teil eines Ensembles am New Yorker Off-Theater Waterwell, das das Stück aufführt. Aghebati ist ein renommierter Theaterdirektor und Schauspieler, hat unter anderem in Yale gelernt. Er hat ein Problem: Er ist iranischer Staatsbürger. Und dummerweise gerade in seiner Heimat.
Ein beliebiges Beispiel von sehr, sehr vielen. Das von Donald Trump verhängte Einreisestopp-Dekret sorgt nicht nur für Empörung in der gesamten US-amerikanischen Kulturszene, es betrifft Museen, Theater, Konzertveranstalter und Filmproduzenten auch direkt. Bekanntestes Beispiel derzeit: der iranische Regisseur Asghar Farhadi, der mit seinem Film „The Salesman“ in der Kategorie bester fremdsprachiger Film für den Oscar nominiert ist. Er kommt den Folgen des Trump-Dekrets zuvor und sagte seine Teilnahme bei der Verleihung am 26. Februar ab. Auch einige Schauspieler sind vom Ban betroffen.
Das Miami Film Festival wollte derweil eigentlich die Produktion „Reseba – The Dark Wind“ zeigen, der die Zerstörung und die Sexsklaverei durch den IS im Nordirak thematisiert. Der kurdische Regisseur Hussein Hassan bleibt aus Protest gegen Trumps Politik freiwillig den USA fern.
Bei den SAG Awards in Los Angeles, wo die Screen Actors Guild ihre Preise für die besten Schauspieler des Jahres vergibt, nutzten die Filmschaffenden die Gelegenheit zu deutlicher Kritik. „Das Einreiseverbot ist ein Makel, und es ist unamerikanisch“, so die Schauspielerin Julia Louis-Dreyfus, die den Preis als beste Darstellerin in einer Comedy-Serie erhielt. Zur Verdeutlichung zog Louis-Dreyfus einen drastischen Vergleich, der derzeit häufig bemüht wird: Ihr Vater sei ein Flüchtling aus dem von den Nationalsozialisten besetzten Frankreich gewesen.
Es wird Konzertabsagen hageln
Zuvor hatte ihr Kollege Ashton Kutcher die Übertragung der SAG Awards mit Grüßen an die anwesenden Schauspieler, das Publikum und „alle auf Flughäfen, die in mein Amerika gehören“, eröffnet. Auch David Harbour, ein Darsteller der Netflix-Serie „Stranger Things“, die als beste Fernsehserie ausgezeichnet wurde, sprach sich gegen die aktuelle Politik aus.
Institutionen wie das von Robert Redford gegründete Sundance Institute Theater, aber auch Museen wie das New Yorker Metropolitan Museum Of Art (MET) fürchten derweil, ihre etablierten Austauschprogramme aussetzen zu müssen. „Eine Reihe von Programmen könnte gefährdet sein“, sagte MET-Direktor Thomas P. Campbell der New York Times, „gerade zu einem Zeitpunkt, zu dem die Welt mehr und nicht weniger Austausch und gegenseitiges Verständnis braucht.“
Für die Musikwelt bedeutet die Trump-Linie, dass es Konzertabsagen hageln wird, falls der US-Präsident den Ban aufrecht erhalten kann. Shahrzad „Shari“ Rezai, Konzertveranstalterin in Los Angeles hat sechs Shows in den kommenden Monaten gecancelt – sie bringt seit Jahren Musiker aus dem Mittleren und Nahen Osten für Shows an die Westküste.
Künstler aus nicht betroffenen Ländern solidarisieren sich mit den Betroffenen, indem sie Touren absagen. Der Berliner Dub-/Techno-Musiker Robert Henke alias Monolake teilte via Facebook mit, er habe alle US-Auftritte abgesagt. Er schreibt: „An alle meine Freunde und Fans in den USA: Ich tue alles, was ich kann, um Euch zu unterstützen. Ich weiß, Euch hat es genauso umgehauen wie mich. Das geht nicht gegen Euch.“ Mit dem Boykott steht er bei Weitem nicht allein da: Der britische Techno-DJ Dave Clarke hatte vor einigen Tagen auch schon angekündigt, er gedenke nicht in den Staaten zu spielen, solange dort ein „misogynist narcissist racist“ Präsident sei.
Popstar Rihanna traf es in einem Tweet vielleicht am Besten: „Ekelhaft! Die Nachrichten sind verheerend. Amerika wird vor unseren Augen ruiniert. Was für ein unmoralisches Schwein man sein muss, um solch einen Bullshit zu beschließen!“
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