Krise der Zulieferindustrie: Proteste gegen Schrumpfkurs bei Bosch
Mit einem historisch großen Stellenabbau will Bosch konkurrenzfähiger werden. Dagegen kündigt der Betriebsrat einen „extrem heißen Herbst“ an.

Am Donnerstag hatte Bosch Einsparungen bei der Mobilitysparte des Konzerns an vier Standorten in Baden-Württemberg und Homburg im Saarland angekündigt. Als Grund für die Kürzungen nannte der Konzern Gewinnverluste durch internationale Konkurrenz. Außerdem verwies Bosch auf die verhaltene Nachfrage am Automarkt vor allem in Deutschland und auf den zu langsamen Markthochlauf von Elektromobilität, automatisiertem Fahren und Wasserstoffantrieben. Insgesamt müssten Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden eingespart werden, erklärte Arbeitsdirektor Stefan Grosch.
Die Ankündigung der Konzernleitung löste bei der bereits krisenerprobten Belegschaft einen Schock aus. Er habe mit Gewitterwolken gerechnet, aber nicht mit einem Orkan, sagte ein Betriebsrat.
Lange galt Bosch als sicherer Arbeitgeber. Doch schon seit längerem werden im Konzern weltweit Jobs abgebaut. Ende 2024 hatte der Konzern insgesamt fast 417.900 Beschäftigte – und damit bereits rund 11.600 weniger als ein Jahr zuvor. In Deutschland sank die Mitarbeiterzahl bereits um gut 4.500, ein Minus von 3,4 Prozent.
Schwindende Renditen
In der jetzt betroffenen Mobility-Sparte in Deutschland arbeiteten nach Angaben von Bosch zuletzt etwas über 70.000 Menschen. Dieser größte Geschäftsbereich des Konzerns macht mehr als 60 Prozent des Gesamtumsatzes in Höhe von gut 90 Milliarden Euro aus.
Der Stellenabbau soll ohne Kündigungen durch Abfindungsprogramme und freiwillige Kündigungen vonstatten gehen. Aber im Jahr 2027 endet die vereinbarte Frist, zu der betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Der Betriebsratsvorsitzende Sell forderte von der Geschäftsleitung, das Unternehmen wieder konkurrenzfähig zu machen und den Mitarbeitern damit eine Perspektive zu geben.
Auch die IG Metall kündigte Widerstand gegen die Maßnahmen an. Es gehe nicht nur um viele tausend Beschäftigte von Bosch, die ihren Arbeitsplatz verlieren, sagte IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner. „Es geht um deren Familien und es geht um Regionen, die Perspektive, Kaufkraft und Steuereinnahmen verlieren und um den Industriestandort als Ganzes.“
Der ist zuletzt von den strukturellen Veränderungen am Weltmarkt stark in Mitleidenschaft gezogen. Bosch-Konkurrent ZF Friedrichshafen hatte im Sommer einen Abbau von 14.000 Stellen angekündigt. Als Ursache nennen die Konzerne die schwindenden Renditen. Die größten Autobauer der Region, Mercedes-Benz und Porsche, hatten hohe Gewinneinbrüche hinnehmen müssen. Bei Mercedes-Benz fiel der Gewinn im ersten Halbjahr 2024 auf rund 2,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 6,1 Milliarden Euro), bei Porsche im Quartal auf 154 Millionen Euro (Vorjahr: 1,7 Milliarden Euro). Insgesamt ist der Umsatz der Industrie allein im Südwesten 2024 um 2,3 Prozent gesunken.
Die gesamte Autoindustrie baut schon länger Personal ab. Nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) verlor die Branche in den vergangenen zwei Jahren knapp 55.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Die Beschäftigung sank damit um sieben Prozent auf 718.200 Mitarbeitende. Bei den Zulieferern war der Rückgang mit 11,5 Prozent auf 236.700 Beschäftigte besonders stark.
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