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Kriminelle deutsche ClansVerfolgungsjagden auf der Autobahn

West- und ostdeutsche Cliquen nutzten das Chaos der Neunziger und das Wegschauen von Behörden und Politik aus und bereicherten sich schamlos.

Der untergetauchte Bauunternehmer Jürgen Schneider bei seiner Verhaftung in Miami Foto: ARD/CBS/picture alliance

M ein Vortrag war längst zu Ende und alle Fragen beantwortet, als sich eine Ursula aus dem Publikum meldete, nur um zu sagen, dass sie nicht so gerne nach Duisburg-Marxloh geht. „Sie wissen schon warum“, sagte sie. Und meinte: Wegen den Ausländern dort. Ich sagte etwas Diplomatisches, an das ich mich im Detail nicht mehr erinnern kann und meinte damit eigentlich: Duisburg-Marxloh kann auf Ihren Besuch auch gut verzichten.

Im Hotelzimmer wollte ich dann abschalten. Ich schaltete wie ein Boomer den Fernseher ein und auf dem Spartensender ZDFinfo lief ein Trailer für eine Doku über sogenannte arabische Clans und No-go-Areas, in die sich Ursula bestimmt nicht traut. Die Musik im Trailer suggerierte große Gefahr und kriminelle Energie. Natürlich rauchte jemand Shisha und ein Alman-Experte laberte etwas von „Parallelgesellschaften“, „Ehre“ und so weiter. Die Botschaft: Die sind kriminell wegen ihrer Kultur, ihrer DNA, ihrer ethnischen Zugehörigkeit.

Ich schaute trotzdem weiter und wurde nicht enttäuscht. Nach dem Trailer begann eine Doku zum Thema Wirtschaftskriminalität in den Neunzigern, als westdeutsche GmbHs ostdeutsche Betriebe feindlich übernahmen. Auch bekannt als treuhändische Wiedervereinigung. Ich hätte gerne eine Tüte Popcorn gehabt. Ein Fall war besser als der andere: So ein Alman kaufte die Berliner Wärmeanlagenbau mit dem Vermögen der Wärmeanlagenbau. Wie dreist ist das denn? Er bekam das Unternehmen rübergeschoben und zahlte den Kaufpreis dann aus dem Vermögen der Firma, die er kaufen sollte. In der Doku wird der Typ später dabei gezeigt, wie er in einem Robin-Hood-Kostüm zusammen mit einer Stripperin samt Riesenschlangen seinen Geburtstag feiert.

Kriminalität inhärent in der deutschen Kultur festgeschrieben

Auch nice: Die Geschichte der Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei aus Rostock. Sie hatte volle Auftragsbücher und man hätte sie fit für den Kapitalismus machen können, aber ein Wessi trieb das Unternehmen mit viel krimineller Energie in den Ruin. Ein anderer Typ kaufte die halbe Leipziger Innenstadt auf, obwohl er exakt null Euro Kapital besaß. Die Banken gaben ihm 5,5 Milliarden Euro an Krediten, die er in wenigen Jahren versenkte. Der Alman tauchte in Miami unter, wurde mit internationalem Haftbefehl gesucht und schließlich mithilfe des FBI zurückgebracht.

Diese Geschichten endeten mit Verfolgungsjagden auf der Autobahn, mit verschwundenen Millionenbeträgen auf Konten von Freunden und Familienangehörigen. Sie endeten in der Schweiz oder in Österreich. West- und ostdeutsche Cliquen bereicherten sich schamlos, nutzten das Chaos der Neunziger und die Tatsache, dass Behörden und Politik einfach wegschauten, aus. Die Kriminellen hießen Borchers, Schneider oder Rottmann. Man könnte meinen, dass es sich um organisierte Clans handelt und dass Kriminalität inhärent in der deutschen Kultur festgeschrieben ist.

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Mohamed Amjahid
Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen. Im September 2024 erscheint sein neues, investigatives Sachbuch: "Alles nur Einzelfälle? Das System hinter der Polizeigewalt" ebenfalls bei Piper.
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29 Kommentare

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  • Also da wird im Beitrag wohl was "fallen gelassen" - denn, wer ist hier wohl krimineller? Der Käufer oder der VERKÄUFER? Oder auch die Bank mit den Krediten für Baulöwe (husthust) Schneider.

  • danke für die tolle kolumne herr amjahid. auf den punkt. lobbyismus ist ein anderes wort für clan. vetternwirtschaft auch. eine hand wäscht die andere. augen auf deutschland. die ausländer_innen habens nicht erfunden und auch nicht hergebracht. alte schule.

  • Irgendwie seltsam, wie die „deutschen“ hier, kein Stück verstanden haben worum es geht und lieber meinen der Herr Autor sei ja selbst Migrant und versuche deshalb zu relativieren und hätte wohl clannähe oder sonst etwas. Man dachte die Taz leser wären schlauer ;)

    Es ist sehr richtig, es wird nur noch von den Familien-Klans geredet, Migranten-Kriminalität, Kultur und DNA und der ganze Schwachsinn.



    Aber die deutsche Kriminalität fällt gar nicht mehr auf, interessiert auch gar nicht, und wenn, kommen sie direkt in Scharen. Wie auch in diesen Medien und Kommentaren, damit sind die ganzen „deutschen“ gemeint, die direkt angerannt kommen und sofort genau DAS tun, was dem Autor hier vorgeworfen wird. Lamentiert, relativiert, verharmlost und abgelehnt. Und WENN es dann doch stimmt, ist das Eine aber immer ganz, ganz doll viel schlimmer als das Andere.

    Schließlich gibt es das ja nicht? Nicht wahr? Schließlich ist ja 90% alles kriminell was Migrant oder Ausländer ist könnte man heute meinen, wenn man sich die Medien und Berichte und die Kommentare der Jörgs und Joachims mal so anschaut. Deutsche? Kriminell? Gott bewahre, wie kommt man denn darauf? Deutsche also Volksdeutsche sind doch DNA technisch gar nicht dazu in der Lage und machen allerhöchstens 10% der kriminellen aus.

    DAS ist doch das Bild, das sich hier zeichnet in diesem Land, man braucht nur die üblichen sozialen Medien einfach nur mal entlang schauen und merkt das 80% der Kommentare so ziemlich latent anti-mirgant sind und den schuldigen in ihm suchen wie einst in den Juden. Wie hieß es damals? Der Jude ist an allem schuld? Er zersetzt unsere Gesellschaft? Der tötet unsere Kinder? Er vergiftet unsere Kultur?

    Nur heute ist der Migrant, der Flüchtling, der Islam, der Moslem.



    GENAU so hört sich das heute an, man muss nur mal die Kommentare in den sozialen Medien studieren und kann leicht hochrechnen.... Nur heute ist man etwas schlauer und verpackt das hinter dem „besorgte“ Bürger Mantel.

    • @Toni Breda:

      Danke für den mMn wichtigen Kommentar.

    • @Toni Breda:

      Nun ja, mit Klischees lässt sich's prächtig polemisieren. Ich fand den Text einfach nicht gut. Whataboutism taugt nicht als Beitrag für einen Diskurs. Der Aufkauf der DDR war insgesamt kriminell. Auf vielen Ebenen. Kriminalität ist also in der BRD kulturummanent? Eher im Kapitalismus, also hört auf, Scheingefechte auszutragen. Bitte!

  • Die Behören haben seinerzeit nicht weggeschaut - die waren mit der Situation schlechterdings überfordert.

  • Wir basteln uns einen Clan.

    Im Fall der Libanesen geht das so:

    90 Prozent der Libanesinnen und Libanesen in Deutschland beziehen Hartz IV.

    Gar nicht gut. Wenn das ein paar Jahrzehnte so läuft, dann kann man schon auf Ideen kommen.

    Zumal, wenn man keinen deutschen Pass bekommt. Das signalisiert natürlich:

    Du gehörst nicht hierher.

    Kein Grund, kriminell zu werden, aber eine Erklärung dafür. Und das Hartz IV reicht dann eben nur für das Benzin für die Bonzenkarre.

    Warum sollte man darüber nicht reden können? Das ist wie, wenn man nicht sagen dürfte, dass Al Capone Italiener war und Don Corleone aus Sizilien stammte.

    Und die Quandts in Bad Homburg leben.

  • Der Autor zeigt eindrücklich das Muster auf. Ob Clan oder Clique oder Mafia. Die Namen, die ich solchen Gruppen gebe sind irrelevant. Unterhalten wir uns darüber, wie wir die Programmierung von Gier und Egoismus überwinden können.

  • Was soll uns wohl dieser Artikel jetzt sagen? In den 90iger (aber auch vorher) gab es Kriminalität, aus diesem Grund ist es ganz normal und wunderbar, dass die arabo-kurdischen Grossfamilien hier kriminelles Halli-Galli machen. Irgendwie scheint Herr Amajahid nicht zu merken, dass die Akzeptanz der deutschen Bevölkerung und sehr vieler Migrus (ich unter anderem auch, schwul mit Migro-Hintergrund) nicht mehr vorhanden ist. Logisch gedacht: wenn mir mal so'n Zonen-Nazi mit dem meinem syrischen Freund "Scheiß-Schwuchteln" hinterhergerufen hat, ist es ganz natürlich, dass in Gesundbrunnen, Moabit etc. Schwule sich am besten gar nicht mehr blicken lassen. Ich bin in DDR sozialisiert und habe es irgendwie ein bisschen mit Dialektik. Mit Artikeln wie oben, wird es irgendwie mit dem Zusammenleben nüscht und die Gesellschaft driftet immer weiter auseinander. Das ist meine persönliche Meinung.

    • @Leningrad:

      Insbesondere den Teil Ihres Kommentars, der mit "Logisch gedacht:" beginnt, verstehe ich gar nicht. Vielleicht verstehe ich mangels DDR-Sozialisation ja keine Dialektik, aber was wollen Sie damit sagen bzw kritisieren und was genau ist Ihre Kritik an dem Artikel?

      • @blutorange:

        Kann sein, ich erkläre Ihnen das mal: egal, welches Verbrechen bzw. eine Straftat in Deutschland irgendwann einmal begangen wurde, gilt diese als Rechtfertigung für Kriminalität von Clans etc. Logische Kette: wenn Herr Zonen-Nazi aus Meissen meinem syrischen Freund und mir hintergerufen hat, ist es doch gar nicht so schlimm, wenn in Gesundbrunnen (sehr hoher Anteil von orientalischen Männern) Schwulen paar auf's Maul gegeben wird.....

        • @Leningrad:

          Sie meinen, die orientalischen Männer sind dann gut integriert, weil sie tun, was ein echter Deutscher tut...? ;)

          • @blutorange:

            Mit Dialektik haben Sie es tatsächlich wirklich nicht so. Es geht hier um den Artikel von Herrn Amajahid und was er meint. Ich meine genau das Gegenteil.

            • @Leningrad:

              Ja, war mir schon klar, dass Sie das in den Artikel hineindeuten. Ich deute ihn allerdings anders.

    • @Leningrad:

      Polemiken haben nun mal den Sinn den Finger in die Wunde zu drücken. Das hat auch Vorteile gegenüber der dialektischen Herangehensweise.

      Schade nur, dass die meisten Kommentare hier eher Unverständnis spiegeln. Vorurteile machen scheinbar blind. Mit geschlossenen Augen sollte man sich nicht beschweren, dass man nichts sieht.

    • @Leningrad:

      Sehr guter Kommentar!

  • @DIMA

    "Einzeltäter"

    Hmmm. Habe ich schon mal gehört. Wo denn, wo denn?

  • Ich verstehe den Sinn und den Zusammenhang nicht ganz. Hat jemand behauptet, unter den schon länger hier lebenden gäbe es keine Kriminalität?



    Dann ist Wirtschaftskriminalität, auch wenn die Schäden in die Millionen gehen (aktuell z.B. die Cum Ex - Fälle) nicht mit der Wirkung von Banden- oder Clankriminalität auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in den betroffenen Gegenden zu vergleichen.



    Oder soll gegeneinander aufgerechnet werden? Bei den Schäden, die Eure Kriminellen verursachen, dürften die Clans doch noch öfter ins Grüne Gewölbe einbrechen?



    Schlüssiger wäre, wenn der Autor argumentiert: Ihr habt die Mafia ins Land gelassen, dann habt Euch wegen der Clankriminalität nicht so.

    • @Pfennig:

      Es werden ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht gestellt und häufiger irregulär durchsucht. Artikel dazu:



      taz.de/Razzien-in-Shisha-Bars/!5822126

      Niemand wüde eine deutsch aussehende kriminelle Famimilie als "Clan" bezeichnen.

      Die Bezeichnung ansich ist rassistisch.

      Stellen sie sich einfach mal einen schwarzen, oder vom Aussehen her arabisch anmutenden Experten vor, der im Fernsehen erklärt, warum dieses oder jenes Verhalten typisch für Almans ist.

  • Aber ja doch.

    Was soll mensch von einem Land halten, in dem der Experte für "sonstige Einnahmen" [1] schlechthin erst Minister des Inneren, dann Finanzminister und schliesslich Bundestagspräsident wird?

    Kein Wunder, dass er besonders sanft bei Cum-Ex und Cum-Cum reagiert, dass er ein weiches Herz für Maskennebengeschäfte im Bundestag zeigt. Muss an der im Artikel erwähnten DNA liegen.

    [1] de.wikipedia.org/w...re_(1999_bis_2000)

    • @tomás zerolo:

      Prinzipien kosten Geld!

    • @tomás zerolo:

      - anschließe mich & als tiefgründiger Demokratieexperte - Buddy der taz & „Chefinnensache“ is - ©️ JAF JAF

      Na Servus

    • @tomás zerolo:

      Und welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen einem einzelnen - bisher nicht vorbestraften - Politiker und der Clanproblematik?

      • @DiMa:

        Da gibt's halt sehr viele Einzeltäter in der Politik :)



        "Clan-Problematik" hat ja oft noch Begleitumstände, wie z.B. keine Arbeitserlaubnis und kein sicherer Aufenthaltsstatus seit Jahrzehnten...vererbt sozusagen, die Aussichtslosigkeit. Das nur mal am Rande...

        • @blutorange:

          Die "berühmtesten" Clans sind aber alles inzwischen Deutsche. Unsicher ist da gar nichts.

  • Wieso Clans? Bei den damaligen Tätern handelte es sich in der Regel um Einzeltäter. Soweit mehrere Peronen zusammen gehandelt haben sollten fehlt es an der für einen Clan notwendigen familiären Bindung. Eine Clique macht noch lange keinen Clan. Was will uns der Autor sagen?

    • @DiMa:

      "verschwundenen Millionenbeträgen auf Konten von Freunden und Familienangehörigen. "

      Einzeltäter ... soso

    • @DiMa:

      Er will sagen, dass "unsere Clankriminalität" doch viel schlimmer ist und von derzeitigen Problematiken ablenken. Für mich klingt es so, als würde er sich mit Migrationshintergrundleuten identifizieren und kann es nicht ertragen, dass Kriminalität von Clans angeprangert wird.