Krieg in Syrien: Offenbar neue Chance für Diplomatie
Die syrische Armee gewinnt Gelände, die Menschen in Aleppo sterben. Jetzt bietet der UN-Sondergesandte den Rebellen Geleit an – Russland findet das interessant.
Russland werde alles in seiner Macht Stehende tun, um die Lage in Syrien zu deeskalieren. Die Regierung in Moskau sei auch willens, über französische Vorschläge zu einer Resolution des UN-Sicherheitsrats zu beraten.
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, hat derweil einen ungewöhnlichen Vorstoß gewagt. Er bot am Donnerstag den Kämpfern der einstigen Al-Nusra-Front persönliches Geleit an, sollten die Extremisten den Ostteil von Aleppo verlassen. Von Damaskus und Moskau erhofft er sich in diesem Fall ein Ende der Luftangriffe auf Ost-Aleppo. Die Regierungstruppen gewannen in Aleppo weiter an Boden.
Die Geschichte werde darüber urteilen, ob Syrien und Russland die Anwesenheit von rund 900 Al-Nusra-Kämpfern einfach als Ausrede dafür nutzten, um die belagerte Stadt zu zerstören und Tausende Menschen zu töten. Unter den Belagerten sind auch etwa 100.000 Kinder. „In spätestens zwei, zweieinhalb Monaten wird Ost-Aleppo wohl vollständig zerstört sein, wenn der Beschuss so weitergeht“, sagte de Mistura. Dies gelte besonders für die weltberühmte Altstadt. Lawrow sagte nach einem Treffen mit dem französischen Außenminister Jean-Marc Ayrault, sein Land sei interessiert an de Misturas Vorschlag. Die Idee werde sorgfältig studiert.
Lawrow ist interessiert an de Misturas Vorschlag
Ayrault bemühte sich bei seinem Besuch in Moskau um die Unterstützung Russlands für eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die die Waffenruhe wieder in Kraft setzen und Hilfslieferungen nach Aleppo ermöglichen soll. Lawrow sagte eine Prüfung des Textes zu. Am Freitag reist Ayrault nach Washington, um auch die USA von dem Plan zu überzeugen.
Die syrische Armee hat nach Angaben von Beobachtern bedeutende Geländegewinne im Kampf um die Großstadt Aleppo erzielt. Die Truppen brachten nach schweren Kämpfen etwa die Hälfte des Bustan-al-Bascha-Viertels unter ihre Kontrolle, wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Auch das Militär erklärte, es sei in dem Viertel vorgerückt, das eine Hochburg der Rebellen sei.
Aleppo ist seit Jahren eine gespaltene Stadt, in der Regierungstruppen und Opposition unterschiedliche Gebiete halten. Mit russischer Hilfe hat die Armee den von den Aufständischen kontrollierten Ostteil der einst größten Stadt des Landes eingekesselt und bemüht sich nun, Aleppo mit einer Großoffensive vollständig einzunehmen. Die Lage der Menschen ist Berichten zufolge verheerend. In der Nacht zum Donnerstag rief das Militär Rebellen und Bewohner von Ost-Aleppo zum Verlassen der Metropole auf. Alle, die blieben, würden sich ihrem „unausweichlichen Schicksal“ ergeben, warnte die Armee.
Russland bringt weiteres Kriegsschiff in Position
Russland verstärkt unterdessen weiter seine militärische Präsenz in der Region. Ein mit Marschflugkörpern bewaffnetes russisches Kriegsschiff lief nach Agenturmeldungen aus seinem Heimathafen Sebastopol im Schwarzen Meer in Richtung Mittelmeer aus. Dort werde die Korvette „Mirasch“ zu einer Gruppe weiterer russischer Kriegsschiffe stoßen, meldeten Nachrichtenagenturen unter Berufung auf einen Flottensprecher. Zugleich warnte das Moskauer Verteidigungsministerium die USA vor Angriffen auf Ziele der syrischen Armee. Sie müssten in Betracht ziehen, dass als Folge russische Soldaten, die etwa in Flugabwehrsystemen tätig seien, zu Schaden kommen könnten.
Russland unterstützt im Syrien-Konflikt Präsident Baschar al-Assad militärisch. Weil das Land sich an der Offensive auf Aleppo beteiligt, kam es zuletzt zum Zerwürfnis mit den USA, die die Syrien-Gespräche mit der Regierung in Moskau abbrachen. Am Mittwoch nahmen die Außenminister beider Staaten aber wieder Kontakt auf.
Bei einem Bombenanschlag in Syrien nahe der türkischen Grenze wurden unterdessen einer oppositionsnahen Gruppe zufolge mindestens 25 Rebellen getötet. Bei den Opfern handle es sich um Aufständische, die von der Türkei im Kampf gegen die Islamisten-Miliz IS unterstützt würden, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Dutzende Kämpfer seien verletzt worden.
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