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Kostenlose PeriodenprodukteStoppt die Blut-Armut!

Gastkommentar von Nele Sophie Karsten

Zugang zu Periodenprodukten heißt Zugang zu sozialer Teilhabe. Deshalb sollte auch Deutschland Tampons und Binden kostenlos zur Verfügung stellen.

Tampons und Binden sollten auch in Deutschland kostenlos zur Verfügung stehen Foto: dmitrimaruta/imago

I ch bin eine Frau, ich habe eine Gebärmutter, einmal im Monat blute ich und die Hälfte der Weltbevölkerung mit mir. Die durchschnittliche Frau menstruiert einen beträchtlichen Teil ihres Lebens. Das Blut nimmt keine Rücksicht auf arm oder reich. Es strömt. Im besten Fall nicht in eine Zeitung von gestern, sondern in hygienische Binden, Tampons, Tassen. Die kosten Geld, und nicht jede kann sie sich leisten. Stoppt die Periodenarmut, macht Hygieneprodukte für Frauen kostenlos!

Rund 1.200 Euro geben wir in einem Leben für Tampons aus – nicht mit eingerechnet sind Schmerztabletten, Schokolade und neue Unterwäsche, die die vom Blut ausgebleichte ersetzt. Zugang zu Periodenprodukten heißt Zugang zur sozialen Teilhabe. Frauen und Mädchen, die sich keine Tampons leisten können, bleiben Arbeit oder Schule tagelang fern. Sie werden stigmatisiert für einen natürlichen körperlichen Vorgang.

Der Zyklus ist verbunden mit Scham, Stress und Schmerzen. Und auch hierzulande am besten unsichtbar. Tampon rein und weiter geht’s. Leisten statt Leiden. Der Blick nach unten auf den Stuhl: Ist da ein Fleck? Das mulmige Gefühl, dass auch ja nichts in der Hose zu sehen ist, wird uns von klein auf antrainiert. Instagram löscht Fotos, auf denen Periodenblut zu sehen ist, weil es „Community-Guidelines“ widerspricht. Eine Community, in der das Frausein tabuisiert wird, hat für mich nichts mit Gemeinschaft zu tun.

Bluten ist kein Luxus. Das hat die Bundesregierung Anfang des Jahres immerhin erkannt und dafür gesorgt, dass Tampons nicht mehr zur Steuerkategorie Kaviar und Trüffel gehören – sondern unter den ermäßigten Mehrwertsteuersatz fallen. Kanada, Irland, Australien und Kenia befreiten Menstruationsprodukte ganz von dieser Steuer. In Schottland werden sie an öffentlichen Orten wie Schulen und Universitäten künftig kostenlos verfügbar sein. Warum geht das nicht auch hier?

Nele Sophie Karsten

hat Politikwissenschaft und Psychologie in Heidelberg und Paris studiert und ist derzeit Schülerin der Deutschen Journalistenschule in München.

Die Weltöffentlichkeit nennt die schottische Entscheidung bahnbrechend. Bahnbrechend? Wirklich revolutionär wäre doch ein menstruierender Mann. Ich bin mir sicher, das böse Blut wäre plötzlich ein Statussymbol.

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7 Kommentare

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  • Ja es besteht absolut dringender Handlungsbedarf. Die 1200 € sind auf die Zeit von Pubertät bis Menopause gerechnet exorbitante 2,50 €/mtl. Dass angesichts einer derart schwindelerregenden Summe der Absturz in die "Periodenarmut" und der Ausschluss von jeglicher sozialen Teilhabe droht darf keinen Tag länger hingenommen werden. Schließlich ist in der HartzIV-Berechnung mit gerade mal 16,11 € für Hygiene nur ein Bruchteil dieses Betrags vorgesehen. Als positiver Nebeneffekt einer Gratisausgabe von Menstruationsartikeln im Gegenwert von 2,50 €/mtl. wäre zudem eine signifikante Reduktion des noch immer bestehenden Gender-Pay-Gap in Höhe von durchschnittlich 6% des Gesamteinkommens zu erwarten.



    Allerdings wäre die Forderung konsequenterweise auf Gratiskontingente für "Schmerztabletten, Schokolade und neue Unterwäsche" die aus biologischen Gründen benötigt werden ebenso zu erweitern wie um den Anspruch auf bezahlten Menstruationsurlaub im Umfang von mindestens fünf Tagen pro Monat.

    • @Ingo Bernable:

      Die 1200 € würde absichtlich gewählt, um die "Ungerechtigkeit" zu verdeutlichen.



      Zugegeben, ich kenne keine Frauen in Hartz IV. Über die Kosten für Damenhygieneartikel habe ich aber schon viele Frauen klagen hören. Ironischerweise auch die, die den Lebensunterhalt der Familie gar nicht selbst sicher.

      Die Argumentation mit der sozialen Teilhabe klingt ein wenig wie bei Menschen mit Behinderungen. Ab einem gewissen GdB bekommen die ja Zuschüsse.

      Wie war das mit chronischen Leiden/Schmerzen? Das reicht auch für eine GdB Einstufung ...

  • Wenn Produkte rund um die Rasur des Mannes ebenfalls subventioniert werden sollten, dann gerne auch Tampons etc.

  • Da nun schon wieder ein Text zu diesem Thema erscheint (beim letzten Mal war es die MWST), muss ich meine Meinung noch mal aufwärmen:

    Lesen Sie bitte den Artikel der TAZ über die Frauen in Afrika und Indien mit ihren Toilettenproblemen und danken Sie anschließend Ihrem Schicksal, hier nur das Problem zu haben, für Tampons zahlen zu dürfen.

    Und wo wollen wir anfangen mit der Erstattung „unverschuldeter Kosten“, die von externer Seite erstattet werden müssen/sollten? Bei Windeln für Kinder oder Erwachsene, Taschentüchern für Allergiker, ....

    Eigentlich wäre doch eher gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gerechter Lohn für jede Tätigkeit, Abschaffung von Dumpinglöhnen, Anhebung von Mindestlohn, Schaffung von Einkommens- und Vermögenssteuergerechtigkeit ect. das Anliegen, dann erübrigte sich dies Thema.



    Das sehe ich aus Frauensicht so.

  • Hallo,



    ich hätte zu den genannten Punkten einige Fragen und Anmerkungen.

    Frage 1:



    Wie erklären sie, dass Toilettenpapier jetzt höher besteuert wird als Tampons? Der einzige Unterschied scheint zu sein, dass auch Männer Toilettenpapier nutzen.

    Frage 2:



    Wenn biologische Nachteile von Frauen geldwert kompensiert werden sollen, wieso dann nur die von Frauen ?



    Männer haben im Durchschnitt einen mehr als 20% Prozent höheren Kalorienbedarf, unter anderem da sie meist größer sind.



    Dieser wird weder bei den Harz 4 Sätzen noch beim Steuerfreibetrag berücksichtigt. Essen ist Lebensnotwendig. Männer können nichts dafür, dass sie mehr Essen benötigen.



    Wenn man sich die Summen Anschaut, die bei den Hartz 4 Sätzen für Essen veranschlagt werden (Insgesamt 154,78 € pro Monat) handelt es sich bei der männlichen Benachteiligung um einen vielfach Höheren Betrag.

    Werden sie sich dafür einsetzen, dass Männer zukünftig höhere Hartz 4 Sätze bekommen als Frauen ?



    Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen,



    freundlich Grüße

    • @Ian:

      Vor- und Nachteile gegeneinander aufzuwiegen ist bei derartigen Überlegungen wohl nicht zielführend.



      Am Ende steht man nur wieder vor dem Problem, den Wert von Leben zu bestimmen. Die Meinungen gehen beispielsweise darüber auseinander, ob höhere Lebenserwartung regelmäßig zu menstruieren ausgleicht.

    • @Ian:

      Frauen haben nicht nur biologische Nachteile, sondern auch Vorteile (Lebenserwartung).