Konzertempfehlungen für Berlin: Tanz der Finsternis
Das Berghain lädt zu einer Session in totaler Dunkelheit, der Kühlspot Social Club zum Tanz, im ZK/U erklingen die Pflanzen, am Kotti Sentimental Punk.
B erghain mal anders, mit einer meditativeren Ausrichtung als sonst. In der Halle am Berghain findet die zweite Ausgabe der Orchestral Sessions statt – in kompletter Dunkelheit, damit nichts von der Musik ablenkt. Unter anderem gibt es das Stück „Ohio / Les principes créatifs“ des eigenwilligen italienischen Komponisten Giacinto Scelsi zu erleben, der seine Vorstellungen von „sphärischem“ Klang durch mikrotonale Elemente umzusetzen versuchte.
Fernab modernistischer Strömungen seiner Zeit arbeitete er in seinen Ästhetik auch östliche Philosophien ein, insbesondere aus Indien. Zudem kommen zur Aufführung: Tōru Takemitsus „Requiem“, Iannis Xenakis „Voile“ und zwei Kompositionen von Avi Caspi – eine davon für handgemachte Gongs. Caspi ist übrigens auch der Dirigent der Sessions. Der Freitag ist bereits ausverkauft, für den Samstag gibt es noch Karten (22.+ 23. 8., 20 Uhr, Tickets im VVK 44,50 Euro).
Wer sich statt in Dunkelheit etwa in Gedankenspielen über Botanik verlieren will, kann sich ins Moabiter ZK/U begeben. Dort werden recht facettenreich „Plant Stories“ – so der Name der Veranstaltungsreihe – aufgegriffen.
Neben Workshops, Aktivitäten und Performances sind eben auch Sounds ein Thema. Das Kollektiv Odd Sonorous präsentiert am Samstag ein von Gesang getragenes poetisches Ritual. Das imaginiert eine Zeit herbei, in der Pflanzen und Menschen miteinander im Einklang waren. Und auch wenn es diesbezüglich sicherlich bessere Zeiten gab als unsere Gegenwart, bewegen wir uns hier wohl im Bereich des Mythologischen (23. 8., 21 Uhr).
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Bei Pippi Langstrumpf verbirgt sich hinter diesem Wort etwas Unerklärliches, oder möglicherweise Gefährliches, ein Krankheit vielleicht. Die Briten reden ganz eindeutig über Sperma, wenn sie „Spunk“ sagen. Doch am Kotti ist mit SPUNK die schöne Reihe von Sentimental Punk gemeint. Bei der lassen sich improvisationsfreudige Soundkünstler:innen regelmäßig zu Live-Soundtracks für Werke von Avantgarde-Filmemacherinnen inspirieren.
Die Reihe feiert Geburtstag, den zehnten – was man aktuell in drei Akten feiert. Am Samstag gibt es Akt zwei, bei dem Porträts der mexikanischen Videopionierin Pola Weiss als Bezugspunkt für Klangforschungen dienen.
Zuerst ist das Duo TETRATON dran, bei dem mit Liz Allbee und Sabine Ercklentz zwei Trompeterinnen aufeinandertreffen. Und weil in dieser Reihe pro Screening immer zwei Soundtracks entstehen, folgt die Musikerin und Autorin Jana Sotzko mit dem Cellisten Stellan Veloce. Zu erleben vor dem Kotti-Shop im Neuen Kreuzberger Zentrum, Adalbertstraße 4 (23. 8., 20.30 Uhr).
Am Sonntag lädt dann die Veranstaltungsreihe Hot Cat im Kühlspot Social Club zu improvisierter Musik und Butoh-Tanz. Letzterer entstammt ja trotz der teils archaischen Anmutung einer vergleichsweise junge Tradition. Die radikale Ästhetik des Tanztheaters, das wörtlich übersetzt „Tanz der Finsternis“ bedeutet, entwickelte sich als Reaktion auf die Abgründe des Zweiten Weltkriegs und die folgenden gesellschaftlichen Veränderungen in Japan.
Es nimmt den Körper als Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit Erinnerungen, Emotionen und Erfahrungen. Der Tänzer Motoya Kondo trifft auf Shuichi Chino am Klavier, Marie Takahashi an der Bratsche, den Geiger Fumio Okura und Shiomi Kawaguchi an der Shamisen, einer fernöstlichen Langhalslaute (24. 8, 20.30 Uhr, 10 bis 20 Euro als Spende).
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