Konzertempfehlungen für Berlin: Fühlbare Resonanz
Der Kiezsalon bespielt den ältesten Wasserturm der Stadt, beim Psicotrópicos-Festival steht der experimentierfreudige Hermeto Pascoal auf der Bühne.
P assend zum verregneten Sommer lädt der nomadische Kiezsalon an einen neuen Ort: in den kleinen Wasserspeicher im ältesten Wasserturm der Stadt, im Kollwitzkiez. Immerhin: Dort sind die Temperaturen wenigstens stabil (ergo: eher kühl – lange Ärmel und Hosenbeine sind empfehlenswert) und es bleibt trocken. Über drei Tage gibt es zudem ein ziemlich buntes Programm.
Am Freitag ist zu erleben, wie Maika Garnica Klangwelten aus ihren Keramikarbeiten schafft – und Resonanz visualisiert, wie es selten zu erleben ist. Außerdem tritt die Improvisationslegende Limpe Fuchs auf. Auch sie arbeitet immer wieder mit selbstgebauten Instrumenten.
Der Samstag gehört dann Cerys Hafana und ihrer Harfe, es wird folkig. Außerdem dabei: Klangkünstlerin Başak Günak, die für Theater arbeitet, aber sich auch auf ortsspezifische Installationen versteht und unter dem Alias AH! KOSMOS zudem elektronische Musik macht. Zudem ist eine Installation der Klangkünstlerin Chritina Kubisch zu erleben.
Und passend zur teils abgründigen Geschichte des Orts (so dienten die Kellerräume der Anlage im Nationalsozialismus als so genanntes „wildes Konzentrationslager“) stellt die Künstlerin Victoria Alexandrova ein Exponat aus ihrer Reihe „Ordnung!“ aus. Die besteht aus kleinen, oft trivialen Artefakten, die sie in Lobetal bei Berlin fand – eine Spurensuche, die oft direkt in die gewalttätige deutsche Geschichte führt (Link: https://www.vikavalter.com). Weil die Konzerte schnell ausverkauft waren, finden sie nun zweimal pro Abend statt – für den früheren Slot gibt es noch Tickets (Bis 26.7., 19 Uhr, Tickets im VVK 10,65 Euro).
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Wer noch nie eine Show von Kabeaushé erlebt hat, dem sei am Samstag ein Besuch im Humboldtforum ans Herz gelegt – auch wenn es immer noch schwerfällt, nicht mit der Location zu fremdeln. Doch das Musikprogramm „Durchlüften“, das in seine zweite Woche geht, ist auch in diesem Jahr wieder empfehlenswert. Und der kenianische Pop-Amagalmierer Kabeaushé ist es sowieso: Ziggy-Stardust-Vibe trifft auf Old-School-Party-Hip-Hop, Popdrama auf Afrofuturismus. Vorab tritt Otis Mensah auf, vormals erste:r Poet Laureate aus Sheffield, mittlerweile in Berlin zuhause (26.7., 19 Uhr, Eintritt frei). Auch ein Blick ins restliche Programm (noch bis zum 9. August) lohnt.
Am Sonntag lockt das Psicotrópicos-Festival zum fünften Mal – ebenfalls in einen Museumskontext, nämlich in die Neuen Nationalgalerie. Das Open-Air findet parallel zur Retrospektive von Lygia Clark statt und hat mit Hermeto Pascoal eine Legende am Start. Der 89-jährige Komponist wurde schon als „Brasiliens Antwort auf Sun Ra“ bezeichnet; angeblich nannte Miles Davis ihn „the most impressive musician in the world“. Doch jenseits von Schubladen, Superlativen und Zuschreibungen machte sich der Avantgardist schlichtweg durch seine Experimentierfreude und den Einsatz unkonventioneller Techniken und Instrumente einen Namen.
Und auch der brasilianische Nachwuchs bekommt seinen Raum: Jota Pê etwa, der moderne Música Popular Brasileira und Manguebeat mit seiner Bewunderung für Caetano Veloso verbindet und damit gerade durch die Decke geht. Oder das Trio Tuyo, das Folk, R&B und Elektronik verbindet. (27.7., 16 Uhr, Tickets im VVK 35 Euro).
Und nochmal Museum: Am Donnerstag lockt Das Minsk nach Potsdam. In dem Kunstmuseum mit der lauschigen Terrasse findet die für diesen Sommer letzte Minskbar statt. Kuratiert wurde die Reihe von Masha Qrella, die zum Abschluss selbst ein Konzert gibt – und hoffentlich neben brillanten Thomas-Brasch-Vertonungen ihr neues Album „Songbook“ im Gepäck hat. Außerdem tritt der unbedingt sehenswerte Singer-Songwriter Bela Fast alias Fastmusic auf, mit seinem tollen, zwischen allen Stühlen sitzenden Debüt, das sanft und doch beunruhigt klingt. Zwischendurch legt Gudrun Gut auf. (31.7., 19–23 Uhr, Tickets im VVK 15 Euro).
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