Konzertempfehlungen für Berlin: Modulierend durchs Paradies
Zum Kiezsalon ertönt der Dudelsack, die Reihe Ciclo Modular aus Chile kommt nach Berlin und bei Paradise Must Be Nice entstehen neue Klangwelten.
I m Jahr 2012 unternahm der so charmante wie multipel talentierte Waliser Gruff Rhys eine investigative Konzertreise durch die USA, auf den Spuren eines entfernten Verwandten: des Entdeckers John Evans. Jeden Abend gab’s dort für sein Publikum, das er an eher abseitige Orte lud, eine Powerpoint-Präsentation und ein in Songs verpacktes Update, was er über Evans bizarre Geschichte herausgefunden hatte. Später wurde neben dem Album „American Interior“ ein Buch und ein Film daraus.
Nun hat Rhys die Powerpoint-Präsentation rausgekramt und geht nochmals damit auf Tour – auch, um ein paar Meta-Fragen zu Evans Leben zu stellen. Zu erleben am Dienstag im Kulturzentrum Peter Edel. Bekannt wurde Rhys übrigens schon in den 1990er Jahren mit der Band Super Furry Animals, 2005 erschien dann sein Solodebüt – auf walisisch. (27.5., 20 Uhr, Tickets im VVK 31,50 Euro, AK 35 Euro, weitere Infos: loft.de/event)
Wer den Brückentag nach Himmelfahrt nicht nutzt, um die Stadt zu verlassen, wird belohnt: mit einem Doppelpack Kiezsalon. Die nomadische Reihe feiert ihren Saison-Auftakt im Schloss Britz: was nur der erste von verschiedenen Orten ist, an denen so manche:r Freund:in der experimentellen und doch zugänglichen Konzerte sicher noch gar nie war.
Am Freitag spielt unter anderem die britische Saxofonistin Cassie Kinoshi. Vormals war sie mit der Jazzband Kokoroko unterwegs, und auch mit den Sons of Kemet oder Nubya Garcia. Seit vergangenem Jahr ist sie in Berlin zuhause, weil die die offene Szene hier schätzt. Heute ist sie allerdings mit ihrem Seed-Ensemble zu Gast, mit dem sie schon seit Jahren arbeitet – was ein tolles Amalgalm von Jazz und Orchestralem verspricht.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Ebenfalls auf keinen Fall verpassen: die Dudelsack-Performanace der Schottin Brìghde Chaimbeu! Auch der Samstag hat auch einiges zu bieten – ein Blick ins Programm lohnt. Darüber hinaus gibt es bei der Gelegenheit Kunst zu gucken: Gegenwartskunst im Britzer Schloss, die sich dem Thema Zeit widmet – also ruhig überpünktlich, mit Zeitpuffer kommen (30.+31.5., 18.30 Uhr, Tickets im VVK jeweils 10,65 Euro; Ausstellung „Die ganze Zeit“: Di.–So., 12–18 Uhr, Mo. geschlossen).
Kunst im Minsk
Kunst gibt es dann – neben der Musik natürlich – auch im Potsdamer Ausstellungshaus Das Minsk, auf dessen lauschige Terrasse der Kiezsalon den ganzen Juni über donnerstagabends lädt. Zum Auftakt spielt unter anderem das vergnügliche rumänische Elektropop-Duo K not K (5.6., 20 Uhr).
Und noch eine Premiere: Am Mittwoch findet eine sicher spannende Veranstaltunsgreihe erstmals auf europäischem Boden statt. Ursprünglich aus Santiage de Chile, hat es Ciclo Modular zwar schon mal nach Seattle geschafft, aber noch nie über den Atlantik. Wie der Name der Reihe andeutet, werden analoge Synthesizer auch beim Headliner des Abends im Lark, der Band Band Cuidad de Tar (an diesem Abend ebenfalls erstmals in Berlin) eine tragende Rolle spielen, neben Klarinetten, Drum-Computern und elektrischen Gitarren. (4.6., 19.30 Uhr, Tickets im VVK 11,30 Euro)
Am übernächsten Freitag beginnt das dreitägige Paradise Must Be Nice Festival. Welch anregendes Motto – doch leider kommt man nicht so einfach hin, in dieses Paradies. Also doch im derzeit vielerorts beschissenen Hier und Jetzt ums bessere Leben ringen. Das geht selbstredend mit Musik viel leichter. Zum Auftakt der ersten Festivalausgabe in der Friedrichshainer Zwingli-Kirche geht es um die menschliche Stimme und ihre Modulationmöglichkeiten.
Zu Gast: Abdullah Miniawy, ägyptischer Komponist, Schriftsteller und Sänger, der mit Robinson Khoury und Jules Boittin zwischen Jazz und ägyptischen Klangwelten experimentiert (6.6., 20 Uhr, Tickets 15-25 Euro im VVK). Am Samstag zieht das Festival ein paar Straßenzüge weiter, in die Galiläakirche, wo sich Rosa Anschütz, Jonas Yamer und Till Funke zum Live-Debüt ihres Gemeinschaftsprojekts Spoil treffen. Sonntag geht es dann in die Neue Zukunft. Alle weiteren Infos hier: instagram.com/paradisemustbenice).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!