piwik no script img

Konzertempfehlungen für BerlinEifersucht und Nähmaschinen

Lange Dauern sind ein Thema in den Konzerten am Wochenende. Bauchrednerei und Alttestamentliches neu vertont sind ebenfalls zu hören.

Lottie Sebes performt „Veritas Ventriloquist“ Foto: promo

E s gibt auf Youtube ein sehr schönes Beispiel für Bauchrednerei: den „Platypus Song“. Das anderthalbminütige Lied des Bauchredners Steve Axtell, ein sehr eigener Beitrag zum Thema Identität, sollte man sich am besten unvoreingenommen und auf eigenes Risiko ansehen. Für Furchtlose gibt es das Ganze auch im stundenlangen Dauerloop.

Einen etwas anderen Zugang zur Bauchrednerei wählt die Künstlerin Lottie Sebes für ihre Performance „Veritas Ventriloquist“ am Sonnabend im Morphine Raum. Um Identität geht es dabei zwar auch, allerdings konzentriert sie sich auf die historischen Verflechtungen von Gender, Stimme und Technik.

Ihre „Veritas Machine“ übernimmt dabei anscheinend die Rolle des Ventriloquisten vulgo Bauchredners in Gestalt einer Apparatur aus Nähmaschinen, zu der unter anderem ein Stimmensynthesizer gehört. Ihre Kollegin Annette Krebs führt ihrerseits die elektroakustische Performance „Konstruktion#4“ auf, bei der Klangobjekte, Computer und Sensoren zum Einsatz kommen (26. 3., Köpenicker Straße 147, 19 + 21 Uhr, Tickets gibt es hier).

An diesem Wochenende geht ebenfalls das Festival MaerzMusik zu Ende. Gefeiert wird als Jubilarin die französische Komponistin Éliane Radigue, die im Januar 90 Jahre alt geworden ist. Ihr elektronisches Schaffen, das den Großteil ihrer Musik ausmacht, bildet einen Schwerpunkt des Programms.

Am Sonnabend etwa ist im Zeiss-Großplanetarium ihr „Triptych“ aus dem Jahr 1978 zu hören. Für Radigue gehören lange Dauern und kaum merkliche Veränderungen von Klängen zum Grundbestand ihrer Arbeiten. Eine prinzipiell geduldige Haltung ist daher von Vorteil, ebenso die Bereitschaft, auf große Action zu verzichten. Ist dafür eine besondere Erfahrung (26. 3., Prenzlauer Allee 80, 23 Uhr, Tickets 7/5 €).

Am Donnerstag bietet der RIAS Kammerchor unter der Leitung seines Chefdirigenten Justin Doyle zusammen mit dem Ensemble Resonanz im Kammermusiksaal der Philharmonie die Uraufführung der Auftragsarbeit „Die Vertreibung des Ismael“ des estnischen Komponisten Jüri Reinveres. Zu erwarten ist ein alttestamentliches „Eifersuchtsdrama“ über die Söhne Abrahams, Ismael und Isaak.

Da es auch um gewaltsame Konfliktbewältigung geht, dürfte der antike Stoff unfreiwillig aktuell sein. Eigentlich hätte das Werk schon 2020 zum ersten Mal erklingen sollen, die Gründe für die Verschiebung kann man vermutlich als bekannt voraussetzen(31. 3., Herbert-v.-Karajan-Str. 1, 20 Uhr, Tickets 28-44 €, tickets@rias-kammerchor.de, 030 20 29 87 10).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!