Konflikt mit Lukaschenko: EU-Handel mit Belarus floriert
Trotz Sanktionen ist das Handelsvolumen zwischen EU und Belarus 2021 stark gestiegen. Der Wirtschaft des Landes geht es auch wegen Deutschland gut.
Denn trotz Nachrichtensperre deckten unabhängige Medien in Polen auf, dass an den regulären Grenzübergängen zwischen Belarus und Polen jeden Tag mehrere hundert Lkws in beide Richtungen abgefertigt werden. Der Handel zwischen beiden Ländern floriert wie eh und je.
Daran haben auch die bisherigen Sanktionen durch die EU nichts geändert. Nach der vom Lukaschenko-Regime klar gefälschten Präsidentschaftswahl vom 9. August 2020 brachte die EU zwar vier sogenannte Sanktions-Pakete gegen Belarus auf den Weg. Allerdings waren diese so konstruiert, dass weder die Schlüsselindustrien von Belarus noch der belarussische Handel mit EU-Staaten Schaden nahm.
Trotz EU-Sanktionen wächst der Handel zwischen Belarus und Deutschland. So stiegen beispielsweise in den ersten drei Quartalen die belarussischen Ausfuhren in die Bundesrepublik um fast 51 Prozent auf mehr als 603 Millionen Euro an. Gleichzeitig wuchsen laut Statistischem Bundesamt die deutschen Exporte in das osteuropäische Land um rund sechs Prozent auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Allein im September nahmen die Ausfuhren um mehr als zwölf Prozent zu.
Bruttoinlandsprodukt legt zu
Laut Angaben des Wirtschaftsministeriums in Warschau hat auch Polen von Januar bis März 2021 40 Prozent mehr Waren aus Belarus importiert. Insgesamt stieg der belarussisch-polnische Handelsumsatz auf heute ebenfalls knapp 1,1, Milliarden Euro.
Die belarussische Wirtschaft wächst – trotz Sanktionen: Laut Statistikamt Belstat ist das heimische Bruttoinlandsprodukt von Januar bis August 2021 um 3 Prozent gestiegen. Grund seien vor allem höhere Ausfuhren in EU-Länder. Insgesamt soll das Import-Export-Volumen in den ersten acht Monaten 2021 um ganze 40 Prozent zugelegt haben.
Auch wenn der gesamte belarussische Außenhandel mit keinen imponierenden Zahlen aufwarten kann – hier leben neun Millionen Menschen, etwa so viele wie in Baden-Württemberg – zeigt die Rangfolge der belarussischen Handelspartner doch, welches EU-Land von Handelssanktionen ebenfalls betroffen wäre.
Deutschland Handelspartner Nr. 4
Die wichtigsten Handelspartner sind die Nicht-EU-Länder Russland, Ukraine und China. Direkt danach folgen schon die drei EU-Länder Deutschland, Polen und die Niederlande. Bei scharfen Sanktionen würden diese Länder ebenfalls starke Verluste machen. Zumal rund 150 deutsche und knapp 500 polnische Firmen in Belarus investiert haben und dort oft Joint-Ventures betreiben.
Bislang betreffen die vier EU-Sanktionspakete gerade mal 166 Personen im direkten Umfeld von Alexander Lukaschenko. Sie wurden mit einem Einreiseverbot in die EU-belegt, ihre Bankkonten im EU-Ausland wurden eingefroren und der Zugang zu Krediten in der EU gesperrt.
Betroffen von den bisherigen Sanktionen sind auch 15 staatliche belarussische Unternehmen, die mit Erdölprodukten und Kalidüngemittel handeln. Die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita bezeichnet die Sanktionen als „symbolisch“ und vor allem „für die Öffentlichkeit bestimmt“. Die EU wolle den Eindruck erwecken, dass sie sich für die Opposition und die Menschenrechte in Belarus engagiere.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen