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Kommunalwahlen in BayernBesenstiel war einmal

Dominik Baur
Kommentar von Dominik Baur

Der Amtsbonus wirkt nicht mehr wie früher, die Wähler schauen genau hin. Eindeutige Gewinner gibt es nicht.

Wahlgewinner mit indirektem Amtsbonus? CSU-Politiker Marcus König in Nürnberg Foto: Daniel Karmann/dpa

D ie Grünen legen landesweit deutlich zu – und sind mit Blick auf die kommunalen Chefsessel in Bayern doch die großen Verlierer dieser Wahl. Die CSU erobert die Rathäuser in mindestens zwei der vier größten Städte des Freistaats und unterbietet ihr Gesamtergebnis der Kommunalwahlen von 2014 doch um rund 5 Prozentpunkte. Und selbst der SPD – in Bayern weitgehend abgeschrieben – gelingen noch Erfolge. Die bayerischen Kommunalwahlen, die am Sonntag mit rund 750 Stichwahlen ihren Abschluss gefunden haben, lassen nur den einen Schluss zu: Es gibt auf kommunaler Ebene keinen Trend.

Natürlich bleiben Landrats- und Bürgermeisterwahlen Persönlichkeitswahlen; je kleiner die Gemeinden, desto mehr gilt das. Die bayerischen Wähler kumulieren und panaschieren nach Herzenslust. Und wenn sie einem Oberbürgermeisterkandidaten ihre Stimme geben, heißt das nicht, dass sie auch dessen Partei in den Stadtrat wählen. Und den sprichwörtlichen Besenstiel, den die eine oder andere Partei mancherorts hätte aufstellen können, und er wäre trotzdem gewählt worden, ihn gibt es ohnehin nicht mehr. Selbst aus dem Fußball geliehene Phrasen à la „die Kommunalwahl hat ihre eigenen Gesetze“ funktionieren nur bedingt.

Beispiel Amtsinhaber: Die alte Faustregel, wonach das Wahlvolk diese gerade in der Krise nur ungern austauscht, mag in Städten wie München, Würzburg und Landshut zutreffen. Doch in Ingolstadt, Hof, Bayreuth, Kulmbach wie auch im Landkreis Miesbach scherten sich die Wähler einen Dreck um den Amtsbonus und schickten die dortigen Inhaber in die Wüste.

Überhaupt Corona: Es gibt die These eines indirekten Amtsbonus, der auch CSU-Politikern hilft, die noch gar nicht in Amt und Würden waren – schlicht dadurch, dass sie der Partei von Markus Söder angehören, der derzeit die Aura des großen Krisenmanagers versprüht wie kein anderer. Diese Theorie ließe sich etwa auf den Wahlgewinner in Nürnberg, Marcus König, anwenden. Doch mehr als Spekulation ist auch sie nicht, zu eng war das Rennen zwischen König und seinem SPD-Kontrahenten.

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Dominik Baur
Bayernkorrespondent
Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.
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1 Kommentar

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  • Ein Trend lässt sich schon erkennen:

    Die Rolle der (ehemaligen) Volkspartei wollen die Grünen nicht übernehmen. Wenn die Grünen das noch nicht einmal gegen die schwache SPD der Scholzens und Seeheimer schaffen, dann schaffen sie es nie. Das galt bereits für Fritz Kuhn in Stuttgart.

    Die Öffnung für weitere Bevölkerungsschichten an und unterhalb der Durchschnittsverdiener-Niveaus vermeiden die Grünen. Hierbei war sogar die populäre Schnodderschnauze Renate Künast in Berlin unerwartet blass geblieben (weshalb der Hype um sie bei den Berliner Bürgermeisterwahlen "plötzlich" abgestürzt war): nur gehüpft, aber nicht gesprungen.

    Was wird aus den Grünen im "ewig schwarzen" Bayern? Werden sie sich - wie die "weiß-blaue SPD" - in einer braven lokalen Nische einrichten?