Kommerzialisierung des Ramadan: Ausverkauf statt Besinnung
Es ist nicht so, dass der Ramadan die Gesellschaft islamisiert. Es ist andersherum: Der Ramadan wird zunehmend kommerzialisiert – wie Weihnachten.
R amadan Karim! Gesegneten Ramadan! Wie ihr wisst – oder wie ich hoffe, dass ihr wisst – hat am 11. März der muslimische Fastenmonat begonnen. Seit mehr als acht Jahren erlebe ich den Ramadan in Deutschland.
Er ist auf jeden Fall anders hier, als ich ihn in Syrien kannte. Es fängt damit an, dass ich jedes Mal, wenn ich einen Termin oder ein Treffen habe und sage, dass ich Ramadan mache und dass ich weder essen noch trinken darf, die gleichen Kommentare oder Fragen höre. Seit acht Jahren kommt: „Und auch kein Wasser!?“, „Oh, das kann ja nich’ gesund sein“, „Ach, das Bisschen sieht der Allah nicht“, oder so ähnlich.
Aber eigentlich möchte ich hier andere Gedanken zum Ramadan teilen, die mich schon mehrere Jahre beschäftigen. Seit vier oder fünf Jahren beobachte ich einen wachsenden Markt für Ramadan-Produkte, erst nur auf Instagram. Meine Frau zeigte mir dort eine Influencerin, die ein Ramadan-Tagebuch verkaufte. Dann entdeckte ich einen Ramadan-Kalender, der für Kinder verkauft wird und an Adventskalender angelehnt ist: Für jeden Fastentag gibt es eine Tür und dahinter stecken eine halal Süßigkeit und ein Koran-Zitat. Ich wollte dieses Jahr selbst so einen Kalender fürs Kohero-Magazin entwickeln, aber es sollte doch nicht sein.
In den vergangenen Wochen wurde on- und offline viel über die Ramadan-Festbeleuchtung in einer Einkaufsstraße in Frankfurt diskutiert. Die Bürgermeisterin lobte das Projekt als Symbol für Offenheit und Toleranz, von anderen kam viel Kritik, gerade von der rechten Seite, die befürchtet, dass die Gesellschaft islamisiert wird. Ich sage: Quatsch, es ist andersherum! Ramadan wird kommerzialisiert, oder auch kapitalisiert.
Multinationale Firmen entdecken Ramadan
Der Ramadan wird langsam wie Weihnachten, wo es hauptsächlich um Geschenke, Einkauf und Konsum geht. Für viele Geschäfte ist ab Oktober die Zeit für Angebote, damit die Leute mehr kaufen und sie mehr verdienen. Der Ramadan ist da nicht ganz so einfach einzuplanen, da sich sein Beginn und sein Ende jedes Jahr um ein paar Tage verschieben. Aber trotzdem: Auch viele multinationale Marken haben mittlerweile verstanden, dass sie mit Ramadan Geld verdienen können. Zum Beispiel eine Kosmetikfirma, die Duschgel mit Dattelgeruch verkaufte, oder Modemarken, von H&M bis Gucci, mit einer eigenen „Ramadan-Kollektion“ für Frauen.
Viele dieser Produkte kommen erst allmählich auf den deutschen Markt. Ich frage mich warum, denn in anderen Ländern wie Großbritannien läuft das Geschäft mit der Toleranz schon sehr gut. Aber selbst wenn sie kommen, weiß ich nicht, wie ich das finden soll.
Einerseits sehe ich die Vorteile, weil so mehr Nicht-Muslime in Deutschland verstehen, was Ramadan ist und vielleicht größeres Verständnis für ihre fastenden Freund*innen, Nachbar*innen oder Kolleg*innen aufbauen. Genau wie die Lichter in Frankfurt machen sie auf Ramadan aufmerksam. Wir können dann alle zusammen das Fastenbrechen feiern und uns zum Zuckerfest (auf Arabisch „Eid“) gratulieren.
Andererseits wird der Ramadan kommerzialisiert und zu einem Geschäft gemacht, in dem es nur noch um Zubehör, Kleidung, Make-up, oder den schönsten Instagram-Post geht. Dabei geht es im Ramadan um die Besinnung auf das, was wirklich wichtig ist. Es wird an alle Menschen gedacht, denen es täglich an Essen und Trinken fehlt und es ist deine religiöse Pflicht, Essen und Geld an Ärmere zu spenden. Auch in Familien und Nachbarschaften wird Essen geteilt, es wird zusammen gebetet und es werden lange Abende miteinander verbracht. Ramadan steht für Zusammenhalt, für Zeit mit der Familie, für Solidarität und Geben. Können diese Werte zusammen mit der Kommerzialisierung (über)leben?
Mit dieser Frage wünsche ich allen Ramadan Karim. Besonders wünsche ich den Menschen in Gaza und Sudan, die während Krieg, Hunger oder Verfolgung fasten, einen gesegneten Monat.
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