piwik no script img

Kommentar zum Vulva-KommerzNeue Wörter, keine Klamotten!

Kommentar von Sophie Spelsberg

Die Luxus-Modemarke Fendi verkauft einen Schal in Form einer Vulva. Mit Feminismus hat das aber nichts mehr zu tun.

Sieht nicht ganz aus wie eine Vulva, aber fast Foto: unsplash/isaac chua

W er Vulva trägt, ist im Trend. Das zeigt auch der neue Schal des Modeunternehmens Fendi, der sich, länglich und leicht oval geformt, mit rosa Falten und Fuchsfell um den Hals der Trägerin drapiert, Preis: 790 Euro. Wer ihn trägt, sieht aus, als würde er gerade geboren.

Die Vulva, ein präziser Begriff für das weibliche Geschlechtsteil, hat sich in feministischen Kreisen etabliert und ist irgendwann zum It-Piece mutiert. Zeigt es doch scheinbar die fortschrittliche Haltung der TrägerInnen: ein Tabubruch, das weibliche Geschlechtsorgan so offen zu zeigen: Feminismus, Revolution, viva la vulva!

Durch den ganzen Hype ist allerdings der Ursprung des Vulvatrends in Vergessenheit geraten. Denn das Deutsche kennt außer den Wörtern Vagina und Scheide fast nur abwertende Begriffe für das weibliche Geschlechtsteil, und die beziehen sich nicht auf den Teil, der von außen sichtbar ist, sondern auf den unsichtbaren inneren Teil. Klare Sache: ein anderes Wort musste her, das nicht wertend und vor allem sichtbar sein sollte. Vulva halt.

Lässt einen aussehen wie neugeboren Foto: fendi

Die Kommerzialisierung der sichtbaren Weiblichkeit hat danach nicht lange gedauert. Vulva-Eis und Vulva-Cupcakes sind vor allem geschickte Vermarktungsstrategien, bei denen der feministische Ursprung hintenüberfällt. Für die PR zählt allein der krawalligste Vulvaverweis. Der Schal war in einem bekannten Designer-Onlineshop am Dienstagnachmittag jedenfalls schon ausverkauft.

Doch die Vulva muss raus aus dem plakativen Kommerz zurück auf die sprachliche Ebene. Und hinweisen auf das, was fehlt, nämlich: nicht diskriminierende Worte für weibliche Genitalien. Schamlippen zum Beispiel. Scham wofür? Sagt doch lieber: Vulvalippen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Also ich habe mir so einen Schal geholt. Ich wollte schon immer meine Geburt noch einmal erleben.

  • Wortklauberei ist nicht das Gleiche wie Politik. Wortbedeutungen ändern sich praktisch in jeder Generation, so what? Es gibt keine abwertenden Begriffe, nur solche, die abwertend gemeint oder als abwertend verstanden werden. Um am ersteren etwas zu tun, muss der geneigte Feminist an die Köpfe der Sprecherinnen ran. Erziehung heißt das. Für das letztere kann jede Hörerin bei sich selbst anfangen zu arbeiten. Zum Beispiel durch Nachfragen oder dem Abgleich mit der Realität.

    Emotional kann ich die Kategorisierung der Begriffe übrigens total nachvollziehen und tue mich selbst schwer damit. Das ist dennoch weder politisch noch feministisch.

    Geschlechtszuschreibungen wurden in diesem Beitrag willkürlich vergeben.

    • @nanymouso:

      Es geht nicht um wortklauberei sondern um die Etablierung neuer Begriffe auch um das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken.

      Die Anzahl der Synonyme im Sprachgebrauch zeigt auch den gesellschaftlichen Fokus.



      Die Inuits haben 40 Wörter für Schnee ist hier ein gutes Beispiel. Es gibt unzählige Synonyme die das Männliche Glied bezeichnen. Schniedelwutz, pimmelmann, etc bei Kindern zbsp. Oder eben Glied, Schwanz, Teil, Pimmel, Lanze, Degen oder einfach Penis.



      Selbst ein 5 jähriger weiß wie er das was zwischen seinen Beinen baumelt nennen kann. Frauen hingegen erfahren das nicht selten erst in der sexualkunde. "Ritze", "Loch", "fotze", "vagina", sind nicht die Bezeichnung der äußeren geschlechtsteile der Frau. Einzig allein Muschi als umgangsprachliche Bezeichnung ist weiter verbreitet.

      Wir sehen nochmal den gesellschaftlichen Fokus. In einem patriarchalen System in dem die Frau Jahrtausende unterdrückt wurde, spiegelt sich dies auch in der Sprache. So gibt es hält x Bezeichnungen für das Männliche Glied und wo er es reinstecken kann. Alles andere ist Nebensache.

  • "Die Vulva ... hat sich in feministischen Kreisen ... etabliert." Na endlich, möchte man den feministischen Kreisen zurufen. Hat ja lange genug gedauert.

    Gut gelacht.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Muschi-Eis? Warum nicht.

  • Klasse,ich habe Tränen gelacht !