Kommentar zum Siemens-Deal: Kniefall vor dem Großkonzern
Die Koalitionäre von SPD und CDU sind sich einig, dass nicht nur kleine Geschenke die Freundschaft der großen Konzerne erhalten, sondern auch ganz große.
Selten hat die Antwort auf eine Kleine Anfrage so deutlich offenbart, wie sich Politiker über die Urteile von Fachleuten hinwegsetzen, wenn ihnen oder ihren Amigos diese nicht passen. In der Antwort auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katrin Lompscher erklärte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher salopp, warum der Denkmalschutz für das barocke Magnus-Haus aufgehoben wurde. Der damalige Regierende Bürgermeister habe es in einem Schreiben an den damaligen Bausenator so gewünscht.
Auch warum Wowereit es gewünscht hat, beantwortet Lüscher. Siemens möchte am Magnus-Haus seine Konzernrepräsentanz errichten. Also erteilte die Senatsbaudirektorin den gewünschten Bauvorbescheid. Die Denkmalpflege, ansässig im eigenen Senatsressort, wurde abgewatscht. Ein unerträglicher Akt, sollte man meinen.
Bananenstadt Berlin
Doch es geht noch schlimmer, wie nun ein Gutachten nahelegt. Der Kniefall der Politik vor dem Großkonzern war nämlich nicht der erste. Schon 2001 hatte der Senat das Magnus-Haus an Siemens verscherbelt – zu einem Drittel des Verkehrswerts. Auch damals hatte Wowereit die Hand im Spiel. Eingefädelt aber hatte das Ganze sein CDU-Vorgänger Eberhard Diepgen.
Offenbar sind sich die Koalitionäre von SPD und CDU darin einig, dass nicht nur kleine Geschenke die Freundschaft der großen Konzerne erhalten, sondern auch ganz große. Auch wenn Berlin keine Republik ist – den Titel einer Bananenstadt hat es sich redlich erworben.
Nun ist es die Aufgabe Brüssels, diesen Subventionsskandal zu stoppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste