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Kommentar zum FDP-ParteitagDer Populismus ist wieder da

Kommentar von Martin Reeh

Die FDP will die Niedrigzinspolitik der EZB stoppen. So gewinnt die deutsche Erbengeneration – und Europa verliert.

Nicola Beer auf dem Berliner FDP-Parteitag Foto: dpa

E ines muss man FDP-Chef Christian Lindner lassen: Er hat bei vielen Kommentatoren den Eindruck geschaffen, seine Partei sei eine andere geworden. Lindner habe die Partei wieder auf „einen seriösen Kurs“ gebracht, lobte etwa die Deutsche Welle am Samstag.

Nichts ist falscher. Die FDP ist noch immer die Partei der Bessergestellten, die auch zu hemmungslosem Populismus greift, um ihre Interessen zu verteidigen. Dazu muss man nur die Attacken von FDP-Generalsekretärin Nicola Beer gegen die Niedrigzinspolitik von EZB-Chef Mario Draghi in der FAZ nachlesen. Wäre die FDP in der Bundesregierung, würde sie diese Politik stoppen, sagte Beer.

Draghi ist der Mann, der den Euro gegen die kurzsichtigen Interessen der Deutschen gerettet hat. Das Bekenntnis zu unbegrenzten Anleihekäufen beendete die Spekulation gegen den Euro, die Niedrigzinspolitik ermöglicht dem Süden Europas zumindest wieder ein gewisses Wachstum. Sie ist nicht ohne den Nachteil zu haben, dass die Sparguthaben sinken und sich private Altersvorsorge kaum mehr rentiert.

Die deutsche Erbengeneration ist daher über die EZB ebenso verärgert wie die Mittelschicht, die privat für das Alter vorsorgt, weil der Staat es nicht mehr macht. Eine Alternative zu Draghis Politik wären höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende, die der Staat in Wachstum investieren könnte – die aber sind mit der FDP auch nicht zu machen.

Die Liberalen glauben, dass die Deutschen alles haben können: eine starke Exportwirtschaft, möglichst wenig Steuern, aber hohe Zinsen – und eine Bevölkerung in Frankreich und Italien, die die deutsche Hegemonie in Europa bei Wahlen mitträgt. Nun soll die EZB, die dieser bisher im Weg steht, unter Kontrolle gebracht werden. Da mag sich Christian Lindner auf Parteitagen noch so sehr als Proeuropäer geben: Die Gefahr, dass Marine Le Pen in Frankreich Präsidentin wird, steigt mit jedem Tag, an dem die FDP wieder in der Bundesregierung sitzt.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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8 Kommentare

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  • Man muss kein Freund der FDP sein, als Gewerkschafter schon drei mal nicht. In diesem Punkt allerdings hat sie recht.

    Es ist natürlich schön zu verkaufen an ein linke Leserschaft, wenn man die Erben und Spitzenverdiener als die Leidtragen darstellt.

    In Wahrheit wird aber der Facharbeiter getroffen der mit 1700 EUR netto heimgeht. Er kann zwar noch ein bisschen zurücklegen fürs Alter, das aber wird ihm dann durch niedrige Zinsen genommen.

    In Wirklichkeit werden Millionen von Menschen damit durch diese verbrecherische Politik um ihre Lebensleistung betrogen.

    Die Besserverdiener und Erben dagegen brauchen nichts zu befürchten, ein geerbtes Aktienpaket behält seinen Wert.

    Es war ein Fehler die Hoheit über das Geld aus der Hand zu geben, genauso wie es ein Fehler war damit einen Italiener zu betrauen der nie gelernt hat wie man seriös mit Geld umgeht.

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Die FDP ist eine Partei von maximal 5 -6 %. Wir haben momentan andere Probleme.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @86548 (Profil gelöscht):

      Genau, bspw. die AfD nämlich.

      Eine populistische FDP kann der AfD die Anhänger streitig machen, und das wäre doch okay i. S. "anderer Probleme"?

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Beta Republik Deutschland"

     

    An Schwachsinn kaum zu überbieten.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Beta ist der botanische Name der Rübe. Und Rübenrepublik ist ein visionärer Gegenentwurf zur Bananenrepublik. Das ist doch originell. Irgendwie.

    • 1G
      12294 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Oh, das geht ganz leicht, mit links sogar:

       

      „Revolution für soziale Gerechtigkeit“

       

      Nachzulesen hier in der taz.

      • @12294 (Profil gelöscht):

        Wenn die bürgerliche Herrschaft, der Besitz im Gesetz festgeschrieben wurde, wird es auch nix soziales geben! Zumindest nicht für die Besitzlosen!!

         

        Denn die Besitzenden und Privilegierten wehren sich bereits mit Händen und Füßen gegen eine soziale Umverteilung! Sonst würden die Wähler ja überwiegend links und nicht überall rechts wählen!!!

         

        Kapiert halt nur Keiner anscheinen von den Linken :)

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Und damit genau auf die FDP-Klientel zugeschnitten. Politischer Schwachsinn ist bei denen hoch im Kurs.