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Kommentar Zentraler VerfassungsschutzMammutbehörde nicht notwendig

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Es gibt keine Gewähr dafür, dass eine zentrale Sicherheitsbehörde effektiver arbeitet. Es gibt gute Gründe, die föderale Struktur beizubehalten.

Nichts deutet darauf hin, dass eine Mammuthbehörde auch mehr Sicherheit bedeutet Foto: dpa

D er Vorschlag klingt einleuchtend: Als Lehre aus dem Terroranschlag in Berlin will Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Sicherheitsbehörden zentralisieren – allen voran den Verfassungsschutz, dessen Landesämter abgeschafft gehörten. Das rührt tatsächlich an einen Kern des Problems. Die Behörden hatten den Täter Anis Amri zwar als Gefährder ausgemacht, ihn in ihrem Geflecht aber aus den Augen verloren. Warum also nicht tatsächlich die Informationen bündeln?

Diese Debatte ist ein Wiedergänger. Schon nach dem NSU-Versagen sollte der Verfassungsschutz zentralisiert werden. Auch damals wurden Informationen über Terroristen nicht zusammengeführt. Am Ende standen zehn Tote. Und damals wie heute leisten die Länder frontalen Widerstand. Das hat mit Besitzstandswahrung zu tun.

Aber die Verteidigung des Föderalismus hat auch gute Gründe. Die Landesämter für Verfassungsschutz waren zuvorderst eine Reaktion auf das NS-Regime. Nie wieder sollte eine zentral gesteuerte Gestapo entstehen können. Föderale, kleinteilig kontrollierte Ämter anstelle eines Supergeheimdiensts – das hat auch heute noch seinen Wert.

Umso mehr, als auch in einer solchen Großbehörde längst nicht ausgemacht wäre, dass sie effizienter arbeitet. Gerade der Fall NSU hat dem Verfassungsschutz dabei ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt: Die rechtsextreme Terrorgefahr wurde lange verkannt, Informationen über das Trio wurden gebunkert, die Aufklärung wird bis heute eher ausgebremst. Ausgerechnet hieraus soll ein neuer Mammutdienst erwachsen?

Was jetzt gebraucht wird, ist zuallererst eine klare Analyse. Woran genau scheiterte der Informationsaustausch der Behörden im Fall Amri? Dazu bleiben Antworten bisher aus. Auch weil der Fall in einer Institution behandelt wurde, die bereits Großformat hat: dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). 40 Sicherheitsbehörden sind dort versammelt, ihre Arbeit aber bleibt weitgehend im Dunklen.

Föderale Ämter anstelle eines Supergeheimdiensts – das hat seinen Wert

Hier braucht es mehr Kontrolle. Wie genau werden im GTAZ Gefährder im Blick behalten? Wo gibt es Hindernisse? Werden Einblicke in diese Arbeit geschaffen, besteht auch die Chance, Defizite oder Irrwege zu korrigieren.

Das ist das eine. Das andere ist: die Qualifizierung innerhalb der Behörden. Dem Verfassungsschutz ist die Öffnung bislang nicht gelungen. Die meisten Mitarbeiter sind weiterhin Verwaltungsjuristen, Quereinsteiger mit externem Sachverstand bleiben selten. Darauf aber käme es jetzt an. Denn zentral für die Bekämpfung von Terror ist das Wissen über Strukturen und Netzwerke. Und das dafür qualifizierte Personal ist letztlich wichtiger als die Frage, ob es mehr oder weniger Behörden braucht.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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2 Kommentare

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  • Wenn die überschreitung jeder (Bundes-)Landesgrenze dazu führt, dass verdächtige nicht weiter observiert werden können und zusammenarbeit zwischen den Ländern stets in Kompetenzgerangel ausartet, bleibt keine andere Möglichkeit als eine Bundesbehörde.

    Vielleicht hätte Amri aufgehalten werden können, wenn für seine Überwachung eine einzelne Abteilung zuständig gewesen wäre, statt 5 verschiedener in 5 verschiedenen Bundesländern, die alle nicht miteinander Reden und nciht wissen woran der andere gerade arbeitet.

  • Ich teile diese Meinung.