Kommentar Verhafteter Journalist: Es ist ekelhaft
Mit der Verhaftung von Ahmad Mansur macht sich die BRD als Rechtsstaat unglaubwürdig. Daran ändert auch seine Freilassung nichts mehr.
ffentlichkeit und Medien haben sich an vieles gewöhnt. Zum Beispiel daran, dass Diktatoren in Deutschland nicht mehr befürchten müssen, auf Menschenrechtsverletzungen in ihren Ländern angesprochen zu werden. Die Festnahme des Fernsehjournalisten Ahmad Mansur in Berlin ist dennoch eine neue Qualität der Mißachtung von Menschenrechten. Aus mehreren Gründen.
Zum einen deshalb, weil es ein Unterschied ist, ob man zu der Verletzung von Menschenrechten lediglich schweigt – was schlimm genug ist – oder ob man sich aktiv daran beteiligt. Der Fall von Mansur konnte kein gutes Ende mehr nehmen. Selbst wenn er sofort nach seiner Festnahme mit einer offiziellen Entschuldigung deutscher Stellen hätte ausreisen können: Der angerichtete Schaden war nicht mehr gutzumachen. Daran ändert jetzt auch seine Freilassung nichts mehr.
Die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als Rechtsstaat ist dahin, wenn Journalisten befürchten müssen, dass sie an Regierungen ausgeliefert werden, die nicht einmal mehr so tun, als räumten sie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit irgend einen Stellenwert ein. Für die ägyptische Regierung gilt das. In Kairo sind Leute festgenommen worden, weil sie in einem Café über Politik geredet haben.
Etwas anderes kommt hinzu. Es ist nicht vorstellbar, dass dem australischen Journalisten Peter Greste dieselbe Unbill hätte widerfahren können wie Ahmad Mansur. Ein Australier, der von Deutschland an Ägypten ausgeliefert wird? Undenkbar.
Dabei arbeiten sowohl Greste wie Mansur für den arabischen Sender Al-Dschasira, beide wurden ohne Beweise wegen einer Berichterstattung, die angeblich die „nationale Sicherheit“ gefährdete – ein Gummiparagraph, unter den alles fallen kann - zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Der Unterschied: Greste hatte das Pech, in Kairo zu sein, Mansur wurde in Abwesenheit verurteilt. Und geriet erst in Gefahr, als er nach Berlin reiste. Greste wäre hier in Sicherheit gewesen. Die Festnahme von Ahmad Mansur war deshalb nicht nur ein Verstoß gegen die Menschenrechte, sondern auch rassistisch. Das ist ekelhaft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen