Kommentar Trumps Handelspolitik: Oh, wie schön war TTIP!
Das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA war umstritten. Doch der handeslpolitische Flachsinn des US-Präsidenten heute, der ist desaströs.
C hlorhühnchen, Schiedsgerichte, regulatorische Kooperation – wie schön war noch alles mit TTIP! Das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU war stark umstritten – aber anders, als es viele den Kritikern heute vorwerfen, richteten sich die Proteste ja hauptsächlich nicht gegen den EU-Handel mit den USA als solches. Sie waren auch nicht im Grunde antiamerikanisch. Sie waren globalisierungskritisch. Und vor allem demonstrierten Hunderttausende dagegen, dass Bürokraten Europas Regeln für Verbraucherschutz und Demokratie für ein paar Promille mehr Wachstum opfern wollten.
Das war vor 2016. Dann stellte die Freihandelsnation USA Donald Trump ein – und der Protektionist umgehend die TTIP-Verhandler kalt. 2018 werden auch viele eingefleischte TTIP-Protestler den handelspolitischen Amok-Kurs von Trump für desaströser halten als große Teile des Freihandelsabkommens.
Dieses hätte – weitgehend unumstritten – auch die transatlantischen Zölle beseitigt. Europas Abgaben auf US-Produkte sind ja – anders als von Trump behauptet – alles andere als „massiv“: insgesamt 3 Prozent. Die USA erheben im Durchschnitt aller Warengruppen etwas über 2 Prozent Zölle auf EU-Waren.
Weiterer trumpscher Flachsinn: Das bestehende – und ungerechte – Handelsbilanzdefizit der USA mit der EU und anderen Ländern lässt sich nicht mit Strafzöllen beheben. Vielmehr müssen US-Bürger damit rechnen, dass mit den Strafzöllen für sie von der Alufolie bis zum Auto einiges teurer werden dürfte. Nicht nur das: Die EU und China haben längst mit Gegenmaßnamen gedroht. Handelskriege, auch hier irrt Trump, sind keineswegs „gut und leicht zu gewinnen“.
Was tun? Genau auf die Maßnahmen achten, die Donnerstagnacht bekannt werden sollten. Und: Handeltreibende Nationen müssen erst mal ins Trump-Winterlager. Elf Pazifikanrainerstaaten haben es gestern vorgemacht – und ihr Freihandelsabkommen in Santiago de Chile unterzeichnet. Ohne die USA.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr