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Kommentar Schulz' SteuerkonzeptEin bisschen mehr Gerechtigkeit

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Superreichen sollen knapp zwei Mil­liarden mehr zahlen, alle anderen eben knapp zwei Milliarden weniger. Das alles ist moderat – nicht mutig.

Bis hierhin will Martin Schulz die Steuern für die Mittelschicht senken Foto: dpa

M ehr staatliche Investitionen, etwas weniger Steuern und Abgaben für die Mittelschicht, etwas mehr Steuern für das obere eine Prozent – das ist das lang angekündigte Steuerkonzept der SPD. Das ist nicht sonderlich überraschend, es entspricht in etwa dem, was bereits Ende 2016 angekündigt wurde. Eine deutliche, schwungvolle Handschrift von Martin Schulz ist nicht erkennbar.

Die Umverteilung bei der Einkommensteuer ist, so Olaf Scholz, maßvoll. Die Superreichen sollen knapp 2 Mil­liarden mehr zahlen, alle anderen eben knapp 2 Milliarden weniger. Klug ist, nicht bloß jene Steuern in den Blick zu nehmen, die Geringverdiener nicht oder kaum zahlen. Ihnen werden die kostenfreie Kita und niedrigere Abgaben für die Rente (was durch Steuergeld in übersichtlicher Größe kompensiert werden soll) mehr nutzen.

Trickreich ist auch, wie die SPD-Spitze die Frage beantwortet hat, ob man nicht auf Steuersenkungen im großen Stil überhaupt besser verzichten sollte, um mehr Geld in Schulen und Glasfaser stecken zu können. Antwort: Der Soli muss sowieso wegfallen, also exekutieren wir das gleich und verbinden so das politisch Nützliche (Steuersenkungen) mit dem, laut Bundesverfassungsgericht, Nötigen.

Das alles ist so moderat wie die Sozialdemokratie selbst: ausgewogen, mittig, pragmatisch. Mutig wäre es, auch die Vermögen in den Blick zu nehmen. Denn die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich gibt es seit Jahren nicht mehr so ausgeprägt bei den Einkommen, dafür umso mehr bei den Vermögen. Wer hat, wird reicher, wer nichts hat, bringt es auch nicht zu Eigentum. Doch da verlässt die SPD der Mut. Vermögensteuer? Bloß nicht. Was Schulz & Scholz zur Erbschaftsteuer einfällt, ist mit „wolkig“ noch zu freundlich beschrieben.

Und trotzdem gilt: Wenn die SPD dieses Steuerkonzept, das auf Umverteilung light zielt, umsetzen will, wird das nicht mit der CSU und der FDP gelingen. Aber mit Grünen und Linkspartei. Weiß die SPD-Spitze das?

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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16 Kommentare

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  • Warum wohl gibt es den Berufszweig des Steuerberaters immer noch?

    Ganz einfach, weil der Gesetzgeber die Steuergesetzgebung, deren Umgang und Auslegung so undurchsichtig gemacht hat und gewollt ein "Zweiklassensteuerrecht" geschafft hat.

    Wir, Arbeitnehmer habern die gläsernen Taschen und müssen das versteuern, was uns der Lohnstreifen ausweist.

    Die reichen und insbes. die Multinationen Unternehmungen versteuern das, was sie wollen und somit das was sie deklarieren.

    Schäuberle schützt nach wie vor Steuerverkürzer und Steuerbetrüger.

    Wenn es nicht so wäre, hatte er und die gesamte Regierung sowie die EU schon längst eingegriffen.

    Es ist einfach nicht mehr auszuhalten.

    Der hochangesehene Schriftsteller Hochhuth hat einmal in einer TV-Sendung folgendes gesagt: "Da hilft nur noch Revolution".

  • Wenn ich nur noch im Wellness-Modus leben könnte, dann könnte ich aus SPD wählen. Leider trifft das nicht zu. Wenn dann eine Partei die Umverteilung und die neoliberalen Verhältnisse mit €2 Mrd. 'Umverteilung

    kaschieren will ... nun ja, das ist nach meiner Auffassung geradezu lächerlich. In Deutschland leben mehrere Mio. Menschen mit H4 und viele andere bewegen sich trotz Arbeit auf so einem Niveau. Mit €2 Mrd. kommt man nicht weiter. Warum müssen hier so viele Menschen in Armut leben? Müssen ihre Kinder in Armut großziehen und ihnen beibringen, dass sie nicht viel vom Leben zu erwarten haben? Vielleicht sollte die SPD mal wieder die Menschen ins Visier nehmen, die eine echte Vertretung brauchen, nicht ein paar Sprüche und Smile Klick-Klack für die Kameras. Also, für 25 Plus muss sich die SPD noch was einfallen lassen.

  • Diese unsäglichen Sozis können toll labbern.

    Glaubt man nicht nach den gemachten Erfahrungen mit dieser Kaste an Mogelpackungen.

    Denn wer einmal den Arbeiter verraten hat, dem glaubt man halt nicht mehr.

    Kein Mensch braucht eine solche Sozitruppe, denn es gibt die echten und ehrlichen Sozialdemokraten.

    Man nennt sie die LINKE und die einzigst wählbare Partei für die kleinen Leute.

    • @P-et-r-a:

      Trotzdem wählen die meisten "kleinen Leute" weder die Linke noch SPD sondern CDU und AfD. Schon ganz schön gemein und eigenwillig diese "kleinen Leute"...

      • @Waage69:

        Das könnte dann die Masse von "Wahlunmündigen" sein, die sich zum Selbstzweck nur der Gegenwart a.d. Fahne gesetzt haben und ihnen die Zukunft, auch die Zukunft von nachfolgenden Genderationen scheiß egal ist.

        Kurz ausgedrück, "geistig armes und einfältiges Wahlvolk" !

  • "Weiß die SPD-Spitze das?"

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    Die sPD-Spitze setzt nicht auf Schulz als Kanzler, sondern auf Fortsetzung der Grossen Koalition unter Merkel.

     

    Für dieses "Ziel" macht sie sich klein und deformiert das Wort "Sozial" bis zur Unkenntlichkeit.

     

    DIESE sPD gehört nicht in die Regierung!

     

    Als Mehrheitsbeschaffer für anstehende bundespolitische Sauereien steht ja demnächst wohl auch die FDP wieder zur Verfügung -

     

    da kann und MUSS sich die sPD in der Opposition gerne mal einige Jahre regenerieren und sich möglichst schnell von der Politik der Oppermanns, Nahles', Gabriels und der "Seeheimer" erholen.

     

    Vielleicht gelingt es den Sozen ja, sich irgendwann einmal wieder EHRLICH zu machen.

    In ihrem derzeitig erbarmungswürdigen Zustand und mit ihrer UNGLAUBWÜRDIGKEIT wird sie bundespolitisch einfach nicht mehr gebraucht.

     

    MfG

    biggerB

  • Die SPD im Dilemma - im altbekannten Dilemma - wie adressiere ich die Mitte und gewinne zusätzlich die Nicht-Mitte. Wie ein kleines Kind - will alles haben und sich nicht entscheiden. Die Partei bewegt sich wie im Koma - Verstand auf Autopilot. Gute Nacht.

  • *gähn* jedesmal das gleiche, ab 76000€ Jahreseinkommen sind die Leute bei der SPD nun also "superreich", interessant.

     

    Damit zeigt die SPD auch wieder klar auf, wer der "Gegner" ist, der Ing. und der Filialleiter, während man weiter bei 25% Kapitalertragssteuer rumkrebst ( was ist das so an Einkommensteuer? Pan 30k Brutto?), das natürlich der Weg genau in die richtige Richtung.

     

    Und natürlich muss der Traum der Vermögenssteuer wieder ausgepackt werden...alles so vorhersehbar...alles so unwählbar.

    • @Krähenauge:

      Ähm, bisher gilt der Spitzensteuersatz schon ab einem geringeren Betrag... die SPD verschiebt das Greifen des Spitzensteuersatzes also nach oben und entlastet damit die Mittelschicht.

       

      Mal abgesehen davon, dass Sie eine seltsame Wahrnehmung üblicher Einkommen zu haben scheinen: 76.000 Euro sind über 6.300 Euro pro Monat - und zwar zu versteuerndes(!) Einkommen eines kinderlosen Alleinstehenden, wohlgemerkt. Wer ohne Kinder und alleinstehend nach Absetzung entsprechender Ausgaben immer noch über 6.300 Euro pro Monat verdient, der gehört definitiv zu den sehr gut Verdienenden. Und auch dann fällt der Spitzensteuersatz nur für den Betrag an, der noch darüber liegt.

    • @Krähenauge:

      Niedrige Kapitalertragssteuer ist gut aber Vermögenssteuer ist böse? Läuft doch beides aufs Gleiche hinaus, oder nicht?

    • @Krähenauge:

      Zumindest ist es "gerechter" als jetzt - das muss man schon sagen.

       

      Aber ich gebe ihnen recht - wer nen Meistertitel (Industrie und nicht brotlose Kunst) oder nen Techniker hat - womöglich mit Verantwortung - gilt offensichtlich schon als "reich"

  • Wieso sollte die Umsetzung des Konzeptes nicht mit der CDU und FDP gelingen. Es ist nahezu vollständig von der CDU übernommen und hinsichtlich der Neichteinführung der Vermögensteuer besteht auch insoweit Einigkeit. Gerade aus diesem Grund ließe sich das Konzept nicht mit den Linken und Grünen umsetzen.

    • @DiMa:

      Wenns geklaut ist müsste man also CDU wählen (urgh!) um das SPD Steuerkonzept zu bekommen. Das ist ja alles mal wieder sehr sexy.

  • Mit 76000 Euro Jahreseinkommen (ab dann soll man nämlich bereits mehr Steuern zahlen) ist man bereits ein "Superreicher" und gehört zu den "obere eine Prozent " ?

    Wirklich? Schon lustig, wie unterschiedlich hier über Besserverdienende berichtet wird. Hier die bösen Superreichen, aber wenn es um die Energiewende geht, dann ist es auf einmal ein ganz tolles Beispiel von "Bürgerbeteiligung" wenn sich eine Reihe von Besserverdienenden zusammentun, um unter dem Namen "Bürgergesellschaft" gemeinsam mit einer Windkraftanlage noch mehr Geld zu verdienen.

    • @yohak yohak:

      Mit 76000 Jahreseinkommen, auch wenns Brutto ist, gehört man wohl eindeutig nicht zu den Armen. Diese Gruppe (zu der ich auch gehöre) profitiert vom wegfall des Soli also ist da ein leichtes Ansteigen der Progression verkraftbar.

       

      Sehen die Leserbriefschreiber_innen in der FAZ anders ...ist mir egal.

       

      Zum Thema: Würde das SPD Steuerkonzept 1.1. umgesetzt bzw. schon Ergebnis eines Kompromisses mit Union wäre das durchaus sozialdemokratische Politik.

       

      Als Absichtserklärung ist es aber weniger als das: von einem Kuhhandel mit der Union in einer weiteren Groko bliebe wohl nur der Wegfall des Soli ;-). Finde ich gut aber dafür brauche ich mal wieder keine SPD zu wählen...

       

      Mit Blick auf die Bundestagswahl: Ich lass mich mal überaschen, aber ich glaub es wird keine Überaschung geben.

  • Mehr für die Mittelschicht!?

    Wenn ab 60.000 € p. a. schon stärkere Belastungen anfallen, dann wird doch gerade die Mittelschicht unter der Reform leiden...