Kommentar SPD und Asylkompromiss: Fiktion einer sozialen Demokratie
Bloß nicht auffallen, scheint das Prinzip der SPD zu lauten. Trotzdem sollte sie in der Debatte um die Transitzentren Gegenpunkte setzen.
D ie SPD hat schon lange kein Glück mehr. Und immer wieder kommt auch noch Pech dazu. An den Sozialdemokraten ist es nun, ob einigermaßen friedlich weiterregiert wird oder die Regierungskrise völlig eskaliert, obwohl die CSU den Zoff angefangen hat. Ob man das nun Schwarzer Peter oder Arschkarte nennen möchte: Die SPD verdient aufrichtiges Mitleid, denn sie kann im Konflikt um den Asylkompromiss der Union gerade nur alles falsch machen, wie gut sie es auch anzustellen glaubt.
In Letzterem liegt aber wie so oft das Problem: Unter Scholz, dessen eiserne Contenance schon vermuten lässt, dass sich da einer für 2021 als Kanzler empfehlen möchte, wirkt die SPD gelähmt von der berechtigten Angst, erneut als Klassenkasper dazustehen. Bloß nicht auffallen. Aber die Logik, um der Seriosität willen zuzustimmen, hinkt. Wäre es doch ein Signal an die Wähler: Uns braucht ihr nicht, wählt doch gleich Merkel.
Rechtfertigt dieses Dilemma, dass sozialdemokratisches Führungspersonal gerade daherredet, als gelte es, einen Euphemismuswettbewerb zu gewinnen? Nein. Und doch klammert man sich einzig an die illusorische Frage, ob diese Transitzentren geschlossen seien oder „offen“; freut sich SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka im Deutschlandfunk darüber, dass innerhalb von Stunden geprüft und „rückgeführt“ werden könne: „ein Ansatz, gegen den man nichts haben kann“.
Oh doch, das kann man, auch als Mitte-links-Partei, anstatt das Ganze in „Expresszentren“ umzulabeln. Warum nicht gleich „Tourist-Info“, um mal in der wirren Welt der CSU zu bleiben?
Denn um Label geht es ja im Unionsplan. „Fiktion einer Nichteinreise“, das bedeutet nichts anderes, als begrifflich zu kaschieren, dass eine territoriale Ausnahme von völkerrechtlichen Verpflichtungen geschaffen werden soll. Will nicht auch die SPD höchstens noch für die Fiktion einer sozialen Demokratie stehen, darf sie dem nicht anheimfallen. Schon gar nicht um den glitzerbestäubten Trostpreis eines Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes.
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