Kommentar Prozess um § 219a: Verlieren heißt gewinnen
Von der Bundesregierung ist eine Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes nicht zu erwarten. Doch das Bundesverfassungsgericht könnte helfen.
K ristina Hänel wünscht sich keinen Freispruch. Die Ärztin gesteht, was man ihr vorwirft: Sie informiert auf ihrer Webseite darüber, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Und sie will daran auch nichts ändern. Was sie ändern will, ist die Rechtslage. Dass sie dafür inzwischen auf das Bundesverfassungsgericht setzt und nicht auf die Politik, ist nur nachvollziehbar.
Noch Anfang des Jahres sah es so aus, als sei die Abschaffung von Paragraf 219a ein Selbstläufer; übrig geblieben ist davon nicht viel. Die SPD bereitet sich verbal schon auf einen Kompromiss mit der Union vor. Die aber hat bisher keine Einsicht erkennen lassen und will stattdessen wahlweise die Pflichtberatung noch weiter ausbauen oder Listen etwa auf den Seiten von Ämtern oder Ministerien einführen, ohne Paragraf 219a zu ändern.
Beides wären faule Kompromisse. Selbst eine Änderung im Strafrecht, wonach nur noch anstößige oder reißerische Werbung unter Strafe stünde, wäre kaum befriedigend: Ärzt*innen wären weiterhin den Anzeigen fundamentalistischer „Lebensschützer“ ausgesetzt, die mitunter Abtreibungen mit dem Holocaust gleichsetzen. Anstößigkeit scheint für diese Menschen eine dehnbare Kategorie zu sein.
Perspektiven auf Informationen zum Schwangerschaftsabbruch. Interviews des Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) mit Ärztinnen und interessierten Frauen:
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Schwangerschaftsabbrüche gelten nach wie vor als „Straftaten gegen das Leben“ – ebenso die sachliche Information durch eine Ärztin, dass sie diese durchführt. Die Bundesländer müssen laut Gesetz sicherstellen, dass es ausreichend Einrichtungen gibt, die Abbrüche durchführen. Die Ärzt*innen erfüllen quasi einen Staatsauftrag, wie der Jurist Reinhard Merkel anmerkte – sie dafür zu bestrafen ist absurd.
Die Chancen, dass auch das Bundesverfassungsgericht dies so sieht, stehen gut. Und so wäre eine klare und endgültige Entscheidung aus Karlsruhe im Zweifel zielführender als ein Irgendwie-Kompromiss aus Berlin. Für den Gesetzgeber wäre es reichlich peinlich, sich derart von einem Gericht in die gesellschaftliche Gegenwart tragen zu lassen – mal wieder.
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