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Kommentar Proteste gegen TTIPBürgerInnen? Igitt!

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ hat mehr als 3,2 Millionen Unterschriften gesammelt. Kein hochrangiger EU-Politiker will sie annehmen.

Lobbyisten sind hier stets gern gesehen: Sitz der europäischen Kommission Foto: dpa

B rüssel ist die europäische Hauptstadt der LobbyistInnen, aber nicht für alle gibt es einen Zugang zu den Zentren der Macht. Wer von einem großen Konzern oder einem mächtigen Wirtschaftsverband geschickt wird, findet schnell und unkompliziert Gehör bei Europas politischen Spitzen.

Haben InteressenvertreterInnen dagegen direkte Botschaften von BürgerInnen im Gepäck, lässt die Europäische Kommission sie lieber vor der Tür stehen. BürgerInnen? Igitt! Das ist die vorherrschende Haltung in Brüssel, die auch TTIP-GegnerInnen zu spüren bekommen.

Die AktivistInnen der europäischen Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ haben in 23 Ländern mehr als 3,2 Millionen Unterschriften gesammelt. Das dokumentiert die massenhafte Ablehnung eines Projekts, das im Geheimen verhandelt wird und nach den spärlichen Informationen Unternehmen noch mehr Einfluss verschaffen soll.

Die AktivistInnen wollten Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder anderen politischen RepräsentantInnen die Unterschriften übergeben. Die langen Listen mit Namen belegen, dass gegen TTIP eine breite Protestbewegung entstanden ist. Das sollte auch die Offiziellen interessieren.

3,2 Millionen Unterschriften dokumentieren die massenhafte Ablehnung des TTIP-Projekts

Doch die europäischen Spitzenpolitiker haben für so etwas keine Zeit. Nach langem Hin und Her hat die Kommissionsverwaltung einen Beamten zu den VertreterInnen der Bürgerinitiative geschickt. Bezeichnend: Bürokratie statt Beteiligung. So wird Europa sicher nicht demokratischer – und das muss es werden.

Dazu müssen sich auch schnellstens Regeln ändern: Die Kommission erkennt die Bürgerinitiative „Stopp TTIP“ nicht an, weil ihr Anliegen nicht den Regularien entspricht. Denn danach dürfen BürgerInnen die Initiative für etwas starten, aber nicht gegen etwas. Sie können Unterschriften für ein Freihandelsabkommen sammeln, aber nicht gegen Verhandlungen über einen geplanten Pakt wie TTIP. Das ist absurd.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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12 Kommentare

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  • Proteste statt Beteiligung – Berlin, Deutschland, EU...

     

    Eindrückliche Demo... bleibende Probleme, bleibende Unzufriedenheit. Im kleinen Kreis zu entscheiden, hinter den verschlossenen Türen, und auch so zu verhandeln, genügt im EUropa des 21. Jahrhunderts nicht. Nicht mehr.

    Was wurde, diesmal, dem Thema Freihandel angehängt, was darunter versteckt? Wieso sollen die Menschen nichts zu sagen haben? Nicht mal eine Petition – stop-ttip.org – einreichen dürfen?! Was damit?

     

    ...von all den, eher «ohnmächtigen»*), Protesten zur echten, mächtigen Beteiligung

     

    Ein paar Menschen in EUropa sind weiter als diese, veraltete, Art von «Politik», die mit dem alten Erbe des obrigkeitlichen Herrschens belastet ist. Sie wissen was zu tun ist, seit ein paar Jahrzehnten schon. Setzen es um, nach und nach.

    Nun geht es darum, wie sich diese, für EUropa neue, Politik – also «Gemeinsames gemeinsam gestalten» – durchsetzt. Was für ein Fortschritt!

     

    Ein paar der Anläufe, der ersten Schritte, u.a.:

    – z.Z. in Arbeit, Diskussion (EU) http://citizens-convention.eu

    – z.Z. in Einführung, Entwicklung (EU) http://citizens-initiative.eu, (D) http://mehr-demokratie.de (http://mitenscheiden.de)

     

    PS – zur Zeit, vorläufig noch, am weitesten:

    Demokratie... http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9926.php

    ...gemeinsam http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17367.php

    (CH :-)

     

    Mit herzlichen Grüssen nach nördlich des Rheins – und weiter so, liebe Nachbarn! Holt uns ein! Überholt uns!

     

    _________

    *) geht doch ruhig auf die Strasse, und bleibt dort, Hauptsache ihr mischt sich nicht ein – so, sinngemäss, Gesine Schwan, auch an der Demo, und somit mit vollem Recht ausgepfiffen

    • @vjr:

      Und was mit der EBI, auf Englisch ECI? Mit der, vorläufig noch, einer blossen Petition?

      Ganz einfach – Nicht aufgeben! *)

       

      Zur Petition...

      "Petitionsrecht... [also die Möglichkeit,] Bittschriften... an die Obrigkeit zu richten, war... zwar ein Mittel, um auf Missstände hinzuweisen, wurde aber... weitgehend unterdrückt und mit Sanktionen belegt..."

      http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10370.php

       

      ...und wie sie zur, echten, Volksinitiative wurde (CH **):

      "Volksinitiative... eines der Volksrechte, die den Kern der direkten Demokratie bilden... eine Entscheidung aller Stimmberechtigten über einen Vorschlag... ein Misstrauens- oder Oppositionsinstrument... [und aber] strebt..eine Veränderung an...

      ...geht... auf die franz. Montagnard-Verfassung von 1793 zurück. Den Weg [zur echten, vollen] Volksinitiative]... ebneten die Massenpetitionen (–>Petitionsrecht)...

      ...Mit der Einführung der direktdemokratischen Rechte... verlor das Petitionsrecht an politischen Bedeutung."

      http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10386.php

       

      _________

      *) mehr zu ECI, und was sie noch werden muss, auf http://citizens-initiative.eu

      **) zu D: http://volksentscheid.de

  • Gebet der EU-Bürger*Innen :

     

    "Kapital , das Du nach Absetzung Gottes sitzest in Deinen Verwaltungskathedralen zu New York , Brüssel , Tokio , Peking und anderen - Dein ist das allumfassende Wissen , die Macht und die Herrlichkeit . Gelobt seiest Du in Ewigkeit ! Amen "

  • ase.tufts.edu/gdae/Pubs/wp/14-03CapaldoTTIP_GR.pdf

     

    eine unabhängige Studie von einer amerikaischen Universität... kan man nicht oft genug hervorheben

  • "..Denn danach dürfen BürgerInnen die Initiative für etwas starten, aber nicht gegen etwas. .."

    Mein Gott, wussten die/wir das denn nicht und haben eine Aktion gestartet >>>* FÜR ö f f e n t l i c h e TTIP-Verhandlungen und/oder FÜR den Abbruch dieser *

  • Die EU-Komission ist nicht demokratisch zustande gekommen und somit rechtswidrig. Das wäre der eine Punkt. Das andere ist die Rechtsauffassung dieser Kommission, unabhängig davon, ob diese in schriftliche Regeln gefaßt ist oder nicht. Wenn das Volk nur das Recht hat, für etwas zu stimmen (im Zweifelsfall auch für jedwede Lumperei), aber ausgeblendet bleibt, wenn es gegen irgenwelche Lumpereien ist, dann spricht das für sich selbst, denn so etwas ist der Grundpfeiler jedes Willkürstaates.

  • Wie die TTIP Verhandlungen ablaufen finde ich persönlich fast schon grotesk lächerlich. Man muss jedoch auch anerkennen, dass 3,2 Mio. Unterschriften bei 400 Mio. Wahlberechtigten innerhalb der EU keine Massenbewegung darstellen. Selbst wenn wir die Zahl vervierfachen als Schätzung für alle TTIP-Gegner, kommt man gerade mal auf 3,2% aller Wahlberechtigten... Da journalistisch von einer massenhaften Ablehnung zu sprechen, ist schon nicht mehr überparteilich.

    • @Matze177:

      Dass man argumentieren kann, dass 3,2 Mio. Menschen bei 400 Mio. Wahlberechtigten keine Massenbewegung sind, ist einer der Gründe, warum ich größere Staatengebilde ablehne.

      Demokratische Teilhabe wird immer weniger möglich und durch die Heterogenität und große räumliche Entfernung werden Massenbewegung, die man prozentual als solche wahrnehmen könnte, mmer schwieriger.

      Wer kann es sch schon leisten, einfach mal so zum demostrieren nach Brüssel vors Europaparlament zu reisen. Schon Berlin finde für den Großteil der Deutschen recht weit ab vom Schuss.

       

      Nicht zu vergessen, dass bei Verträgen wie TTIP nur noch zentral in Brüssel korrumpiert werden muss. So gern ich mich als Europäer sehe und das zusammenwachsen seiner Völker befürworte. In vielen politischen Bereichen ist es ein Alptraum...

    • @Matze177:

      ich meine, Sie können eine Konstante = Wahlberechtigte nicht mit einer nun bereits bekannten Meinung (eine *Wahl*)vergleichen.

      Wenn, dann ist zu berücksichtigen, dass nur etwa 35% wählen gehen. Ihr vorletzter Satz mit den "3,2% aller W.-Berechtigten" lässt schon eher! auf Parteilichkeit schließen.

  • Hallo - tazler -

     

    Jetzt mal Tacheles -

    Soo - weit seid ihr von

    Brüssel & Siggi Plopps Hohn doch gar nicht weg! - &

    Zwar genau deswegen -

    Weil ihr euern Job nicht sauber &

    Notfalls - investigativ genug macht!

     

    Wenn ich - das lese -

    "…nach den spärlichen Informationen Unternehmen noch mehr Einfluss verschaffen soll.…"

    Ja - Gehts noch! - ihr könnt doch

    & ja eher noch -

    Wie einer - & viele andere der

    2,3 Millionen Bürger der EU -

    In die Zirkel/Groups/NOGs etc

    Euch einklinken - in denen

    Klartext - Orgas & deren Aufgaben/Funktionen/Zielrichtungen

    - & Zusammensetzungen exakt

    Benannt/Beschschrieben werden!

    (Whistleblowing läßt - Grüßen

     

    Bei euch - sorry - den schlimmen aber

    eher Neben"kriegs"schauplatz -

    Handelsgerichte etc durchgekaut - but

    The main thing -

    Conseil con Lobbying. -

    Zur Aushebelung des Souveräns -

    Der Bürger der betroffenen Staaten!

    NIx - in Worten - NICHTS!

     

    kurz - Kommt runter vom Balkon!

    ENDLICH MAL !

    Danke

     

    Quarantaine du taz

     

    Bitte haben Sie Geduld und senden Sie ihn nicht mehrfach ab. - ok -

     

    mit F.K.Waechter - NÖ WIESO!

    • @Lowandorder:

      nochens - ihr tazler - the whole crowd -

       

      Das frag ich mich - nicht nur -

      Aber besonders bzgl TTIP et al -

      Wenn ich da als melateblonder

      Zwischen all denn jur. Junggäst in Ffm sitze -

      Wo - bitte - sind da eure Nasen!

      Nix! Why?

       

      Weder offen noch embedded -

      Im around -

      Wenn da - unter der Hand aus guten Gründen - Die Details ausgepackt/benannt/beschrieben werden!

      Das bringts.

      (statt " wenige Infos" beklagen).

       

      Das hat doch eigentlich gute

      Tradition -

      Der Spiegelmann - "keine Namen, klar;

      Mir ist Stimmung/Tendenz wichtig"

      Embedded jahrelang bem Richterratschlag -

      Astrid Hölscher - FR - a.F.;) - offen.

      War in der Friedensbewegung teilweise nicht anders.

      etc usw ff.

       

      Im Ernst - manchmal ziehts einem - &

      Offensichtlich nicht nur mir -

      Glatt die Schuhe aus.

      Ändern!

      Danke.

  • Der Inhalt von TTIP an sich ist doch schon Ignoranz gegenüber dem Gemeinwohl. Da ist es nur logisch und konsequent, dass die Leute, die das vorantreiben auch nicht auf Kritik reagieren.