Kommentar Nordkoreakrise: In der Rolle einer Geisel

Die Politik von Moon Jae, dem linken Präsidenten Südkoreas ist besonnen. Wie erfrischend. Doch ändert das nichts an der Rolle seines Landes.

Ein Mann im Anzug

Gilt als überzeugter Pazifist: Südkoreas Präsident Moon Jae In Foto: dpa

Man könnte es als Ironie des Schicksals deuten, dass sich der Nordkorea-Konflikt ausgerechnet seit Amtsantritt des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In derart rasant zuspitzt. Innenpolitisch nämlich hat sich das Klima mit dem linksgerichteten Moon bereits entschieden verändert: Erst jetzt wieder versprach der 64-Jährige, die staatliche Gesundheitsversicherung weiter auszubauen und die öffentlichen Rundfunksender von ihrem politischen Filz zu befreien. Nur interessiert sich derzeit kaum jemand für die Reformbemühungen der Regierung.

Stattdessen verfolgen vor allem die älteren Südkoreaner mit Argusaugen, wie Moon den Konflikt mit Nordkorea meistert. Schließlich wird er von der rechten Opposition stets als „Kim-Versteher“ gebrandmarkt, der die Sicherheitsinteressen des Landes nicht ernst genug nimmt. Tatsächlich ist die aktuelle Situation eine Gratwanderung. Als überzeugter Pazifist möchte Moon einen Krieg unbedingt vermeiden. Gleichzeitig erlebt er nun als Staatsoberhaupt, dass man mit scheinbar gut gemeinten Gesprächsangeboten bei Nordkorea auf Granit beißt.

Am Mittwoch rief Moon zu einer „vollständigen“ Reform seiner Streitkräfte auf und bat die USA um eine Neuverhandlung des bilateralen Militärabkommens, um größere Raketen produzieren zu dürfen. Gleichzeitig jedoch betont seine Regierung stets, die Aufrüstung diene vornehmlich der Verteidigung. Die Tür zum Dialog mit Nordkorea bleibe weiterhin offen. Selbst an den Plänen für innerkoreanische Winterspiele bei der Olympiade in Pyeongchang im Februar möchte Moon festhalten.

Man kann dies für naiv halten. Im Vergleich zur Hysterie eines Trump wirkt die Art des Südkoreaners jedoch erfrischend besonnen. Bitter aber: Um Südkorea geht es nur am Rande. Das Land am Han-Fluss diskutiert nicht auf Augenhöhe, sondern ist vielmehr eine politische Geisel. Nordkorea will im Grunde nur die Anerkennung der USA – egal auf welchem Wege.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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