Kommentar Mord an Boris Nemzow: Neutrale Ermittler sind nötig
Putin hat die Aufklärung des Mordes zur Chefsache erklärt. Das klingt gut. Damit ist aber kaum zu erwarten, dass auch in seiner Umgebung ermittelt wird.
L ange waren sie Gegenspieler, Boris Nemzow und Wladimir Putin. Und lange schien es, als würde der Exgouverneur Nemzow, der mit einer Unterschriftenaktion gegen den Tschetschenienkrieg von sich reden gemacht hatte, Jelzins Nachfolger werden. Unter Jelzin war Nemzow Minister und stellvertretender Regierungschef. Doch 1999 machte der Geheimdienstler Putin das Rennen.
Nemzow waren mit der Ernennung von Putin als Nachfolger Jelzins zwar weitere Posten in der Führung des Landes verschlossen, das Ende seiner Karriere war Putins Machtantritt indes keinesfalls. Nemzow gehörte zu den Wortführern des Oppositionsbündnisses „Solidarnost“, kritisierte die Beteiligung russischer Militärs im Ukrainekrieg, galt als das Gesicht der Opposition gegen Wladimir Putin.
Nun muss in alle Richtungen ermittelt werden, also auch im Umfeld von Präsident Putin. Man mag zwar argumentieren, Putin sei nicht Nutznießer dieses Mordes, also könne sein Umfeld logischerweise den Mord an Nemzow auch nicht in Auftrag gegeben haben. Doch Feindschaft hat mit Logik wenig zu tun.
Wenn nun ausgerechnet Putin die Aufklärung des Mordes zur Chefsache erklärt, wird kaum zu erwarten sein, dass dies auch Ermittlungen in seinem Umfeld bedeutet. Wozu auch immer die Ermittlungen führen: In dieser Konstellation wird sich der Verdacht, der Mordauftrag könne direkt aus dem Kreml gekommen sein, nicht aus der Welt schaffen lassen.
Putin muss deutlich machen, dass er sich nicht von Rachegefühlen leiten lässt. Deswegen sollte er die Ermittlungen in neutrale internationale Hände geben. Und er sollte die ukrainische Pilotin Nadeschda Sawtschenko freilassen. Sollte diese in ihrem Hungerstreik sterben, könnten erneut Stimmen laut werden, die der russischen Führung unterstellen, sie lasse sich von Rachegefühlen leiten.
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