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Kommentar Mitarbeit AusreisepflichtigerZulässiges Druckmittel

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Das Bundessozialgericht versagt einem abgelehnten Asylbewerber aus Kamerun das Existenzminimum. Das klingt hart, ist aber gut begründet.

Wer nicht an den Voraussetzungen für die eigene Abschiebung mitwirkt, verliert den Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen Foto: dpa

A m Freitag hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Sozialleistungen für ausreisepflichtige Ausländer unter das Existenzminimum gekürzt werden können – wenn der Ausländer die Abschiebung verhindert.

„Es ist zynisch, Menschen vor die Wahl zu stellen, entweder in Hunger, Elend oder Krieg abgeschoben, oder unters Existenzminimum gedrückt, entrechtet und entwürdigt zu werden.“ So kritisierte Ulla Jelpke, Abgeordnete der Linken, das Urteil. Aber sie trifft nicht den Punkt. Der Kläger im konkreten Fall kommt wohl aus Kamerun. Das Land ist menschenrechtlich sicher kein Musterstaat, aber es steht auch nicht für „Hunger, Elend und Krieg“. Der Kläger macht auch nicht geltend, dass ihm in Kamerun Gefahr droht. Wenn es so wäre, könnte er gegen die drohende Abschiebung klagen. Das hat er nicht getan. Er kooperiert einfach nicht bei der Passbeschaffung und hat es so geschafft, dass er 13 Jahre nach Ablehnung seines Asyl-Antrags immer noch in Deutschland ist.

Die Akzeptanz der Aufnahme von Flüchtlingen hängt wesentlich davon ab, dass dabei Schutzbedürftigen geholfen wird und keine freie Einwanderung stattfindet. Im Asylverfahren wird deshalb geprüft, ob eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe vorliegt. Zudem wird subsidiärer Schutz gewährt, wenn im Heimatland Krieg oder Bürgerkrieg herrscht. Diese Prüfung macht aber nur dann Sinn, wenn auch ein negativer Ausgang Folgen hat, das heißt, dass der abgelehnte Antragsteller Deutschland wieder verlassen muss. Abschiebungen sind deshalb kein Widerspruch zu wirksamem Flüchtlingsschutz, sondern ein logischer Teil davon.

Im konkreten Fall ging es ausschließlich um die Frage, ob die Kürzung von Sozialleistungen unter das Existenzminimum ein rechtlich zulässiges Mittel ist, um Druck auf ausreisepflichtige Ausländer auszuüben. Die entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz besteht schon seit 1998, ist also keineswegs neu. Sie war zwar schon immer umstritten, aber erst in den letzten Jahren haben auch einzelne Gerichte die Vorschrift in Frage gestellt.

Vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht unterscheiden: Es ist unzulässig, das Existenzminimum zu verweigern, wenn dies nur der Abschreckung von anderen dient. Dagegen dürfte die Kürzung als Sanktion im konkreten Fall zulässig sein, wenn der Betroffene sie durch Beachtung seiner gesetzlichen Pflichten jederzeit abwenden kann

Anlass für die aktuelle juristische Diskussion ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das erst 2012 erging. Damals wurden die extrem niedrigen Sozialleistungen für Asylbewerber beanstandet. In diesem Urteil heißt es: „Migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Artikel 1 des Grundgesetzes garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ Die Leistungen für Asylbewerber mussten anschließend um rund 40 Prozent erhöht werden.

Damit wurden aber Sanktionen bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten nicht ausgeschlossen. Vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht unterscheiden: Es ist unzulässig, das Existenzminimum zu verweigern, wenn dies nur der Abschreckung von anderen dient. Dagegen dürfte die Kürzung als Sanktion im konkreten Fall zulässig sein, wenn der Betroffene sie durch Beachtung seiner gesetzlichen Pflichten jederzeit abwenden kann. Und natürlich macht es auch einen Unterschied, wenn der Betroffene ohne Gefahr in seine Heimat zurückkehren könnte. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts ist deshalb im Ergebnis richtig.

Was rechtlich zulässig ist, muss aber nicht unbedingt gemacht werden. Das ist eine rechtspolitische Frage. Wer aber solche Sanktionen ablehnt, sollte Alternativen benennen. Der völlige Verzicht auf Abschiebungen ist keine solche Alternative. Er mag zwar in einer sehr kleinen Minderheit der Bevölkerung populär sein, würde aber bald dazu führen, dass die Aufnahme von Flüchtlingen ganz in Frage gestellt wird. Staaten wie Ungarn zeigen, wie populär eine Null-Flüchtlings-Politik sein kann.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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44 Kommentare

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  • „wenn der Ausländer die Abschiebung verhindert“ und „Er kooperiert einfach nicht bei der Passbeschaffung“ heißt doch erstmal nichts anderes, als dass dem Ausländer ein rechtswidriges, strafbares, oder sanktionierbares Verhalten unterstellt wird. Kann so sein, muss aber nicht so sein.

    In der Regel können geflohene Ausländer nicht einfach ein Einwohnermeldeamt im Herkunftsland anschreiben und um Zusendung eines gültigen Passes bitten. Wenn das so einfach möglich wäre, hätten sie zumeist ihr Land wohl auch gar nicht erst verlassen.

    • @Rainer B.:

      Dass jemand nicht bei der Passbeschaffung kooperiert, ist kein strafbares Verhalten an sich. Da wird ihm nichts unterstellt. Der Mann sollte sich bei der Kameruner Botschaft einen Pass besorgen, um seiner Ausreisepflicht nachzukommen. Und das wollte er eben nicht. Besonders schwer wäre es aber nicht.

      • @rero:

        Und wie besorgt sich jemand bei der Kameruner Botschaft einen Pass?

    • @Rainer B.:

      2 Einwände: immerhin wurde der Asylantrag abgelehnt, man geht also nicht von einer Situation politischer Verfolgung aus. Zum anderen war der Vorschlag ja, seine Familie um Unterlagen zu bitten, die offenbar noch in Kamerun lebt.

      • @Dr. McSchreck:

        Dass der Asylantrag abgelehnt wurde, heißt nicht, dass er in jedem Fall hätte abgelehnt werden müssen. Die Leute werden oft falsch beraten, stellen an der falschen Stelle den falschen Antrag, verstehen die antragsentscheidenden Aspekte nicht, oder werden von den Dolmetschern nicht zutreffend übersetzt.

        Auch seine Familie kann ihm doch „legal“ gar keinen Pass besorgen und muss unter Umständen schon beim Versuch mit erheblichen Schikanen rechnen.

        • @Rainer B.:

          Dann könnte er Einspruch gegen den Asylbescheid einlegen, dies hat er aber nicht getan.

          • @Krähenauge:

            Die Einspruchsfrist dürfte auch abgelaufen sein.

  • Soso die Menschenrechtlich kein Musterstaat , aber immer noch Annehmbar? Verhaftungen von Journalisten Verhaftungen von Studenten , Menschrechtsverletzungen durch die Militär und BokoHaram etc

    Herr Rath fragen sie einfach vorher bei Amnesty und Co nach , Informieren sie sich bevor bevor sie die Menschenrechtssituation in Kamerun beurteilen und Ulla Jelpke die sich tägl damit beschäftigt irgendetwas Unterstellen

    FOMUSOH IVO FEH

    AHMED ABBA

    • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
      @AndyMKM:

      Der "Kameruner" hat nicht vorgetragen, dass ihm bei der Rückkehr nach Kamerun Verhaftung droht. Dass er mit Boko Haram zusammengearbeitet hat, wird man ihm auch wohl kaum unterstellen, nachdem er seit 2002 in Deutschland war.

  • Mir fällt dabei was ganz anderes ein:

     

    Weiß jemand, welche Schäden Deutschland in der Zeit des Imperialismus in Kamerun angerichtet hat als Kolonialmacht und ob jemals ein deutscher Gewinner aus dieser Zeit zur Widergutmachung zur Rechenschaft gezogen wurde?

    • @Age Krüger:

      es wäre wohl kaum sinnvoll, die Wiedergutmachung an einen einzelnen Kameruner - falls er einer ist - zu leisten, falls Sie darauf hinauswollen.

      • @Dr. McSchreck:

        Nee, darauf will ich nicht hinaus.

        Das wäre so, wenn die Deutschen mal was anderes machen würden als Weltkriege anzufangen und dann zu verlieren. Dann hätte Deutschland eine Situation wie in den Kolonialstaaten wie NL, GB oder Frankreich, in dem es von vornerein massenhaft Kameruner geben würde, die wahrscheinlich deutsche Staatsbürger wären wie die algerischen Zuwanderer in F oder die indonesischen bzw. surinamischen in NL.

        Immerhin hat die BRD dadurch erhebliche Vorteile, was die Auswahl der Migranten, die zu uns wollen. Es stellt sich die Frage, inwieweit Deutschland dadurch in einer besonderen Verpflichtung steht, bei Migrationsfragen großzügiger zu sein. Und da käme dann die Frage nach dem Herkunftsland wie einer ehemaligen Kolonie ins Spiel.

         

        Ein besonderes Engagement der BRD für diese Staaten kann ich nicht erkennen.

        • @Age Krüger:

          ein besonderes Engagement wäre dann aber doch eher für Staaten angezeigt, in denen man mal als Kolonialherr war. Meines Wissens gilt das für Kamerun nicht, dort wird überweigend französisch gesprochen, so dass es wohl frz. oder belgische Kolonie war. In Athiopien war es Italien, Deutschland käme vielleicht für Zimbabwe in Betracht, aber Kolonilageschichte ist nicht so mein Thema.

          • @Dr. McSchreck:

            > aber Kolonilageschichte ist nicht so mein Thema

            >

            In der Tat :) Kamerun war deutsche Kolonie. Franzosen (und Englaender) kamen erst 1918. Rhodesien war immer englisch. Tansania & Namibia & Togo waeren noch im Angebot fuer besondere deutsche Verpflichtung.

  • "

    Kommentar Mitarbeit Ausreisepflichtiger

    Zulässiges Druckmittel

    Das Bundessozialgericht versagt einem abgelehnten Asylbewerber aus Kamerun das Existenzminimum. Das klingt hart, ist aber gut begründet."

     

    Letzteres mag sein - sicher aus der Kategorie "messerscharfer Jurist"!

    (wie grad bitter genug vom 14. Senat OVG NRW zu lesen!).

    Aber.

    Gebe allein schon zur Rechtsfolgenseite & "Druckmittel" zu bedenken:

    Ernsthaft zeitlich unbegrenzt?

    Die "Beugehaft "ist aus guten rechtsstaatlichen Gründen & Art 1 GG auf 6 Monate beschränkt. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erzwingungshaft - & -

    Der Beschwerdeführer kann ja - "dennoch - absehbar nicht angeschoben werden." &

     

    Zu recht verweisen Sie Herr Rath - auf Vorlage SG Gotha -

    "Sie haben aber Recht: die Sanktionen für Hartz IV-Beziehende, die Mitwirkungspflichten verletzten, betreffen das gleiche Problem. Beim Bundesverfassungsgericht liegt hierzu eine Richtervorlage des Sozialgerichts Gotha vor."

     

    Also umgekehrt gefragt - ob nicht wie beim Folterverbot - Art 1 GG -Menschenwürde/Existenzminimum - doch eher eine absolute Grenze bildet!

    Ein " bisschen Menschenwürdeentzug" - verbietet sich danach bereits -

    Macht den Menschen - Art 1-widrig - bereits zum Objekt staatlichen Handelns. &

     

    Ihr Abschlußszenario "Alternativen aufzeigen" & "Staaten wie Ungarn zeigen, wie populär eine Null-Flüchtlings-Politik sein kann." -

    Nährt sich - wie immer bei solchen außerrechtlichen Beschwörungen - aus dem Wissen - "kann frauman alles auch anders sehen (siehe die Vorlage Gotha)

    Das ist aber ok & ehrt.

     

    Dennoch & bereits deswegen wird m.E. diese Entscheidung des BSG so! in KA -

    Den EMRK-Gerichtshof "vor Augen!" -

    Keinen Bestand haben.

    • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
      @Lowandorder:

      Der Vergleich mit Folter passt mE nicht, weil dort der Staat aktiv misshandelt und damit in die Menschenwürde eingreift. Hier stellt der Staat über Sozialleistungen das menschenwürdige Existenzminimum her, tut also eigentlich etwas Gutes. Dass er dies von zumutbar erfüllbaren Bedingungen abhängig machen kann, scheint mir nicht ausgeschlossen.

      Auch bei der Beugehaft misshandelt der Staat durch Freiheitsentzug. Insofern ist auch dieser Vergleich nicht zwingend.

      Aber wenn der Kläger in Khe Erfolg hat, dann wohl wegen der Unbefristetheit der Leistungsabsenkung.

      • @Christian Rath:

        Mir klar - daß Sie - Ihre Absätze 1&2 - das so rum sehen.

        Das ist gängig - staatstheoretisch gedacht. - but -

         

        Verfassungstheoretisch - Freiburger Schule vs Carl-Schmitt-Fronde -

        Ist Art 1 GG - der Ausgangspunkt.

        D.h. - Vater Staat greift sehr wohl in etwas - Garantiertes! - ein!

        Ihr - "Huldvolle" Gewährung -

        "Tut etwas Gutes" - Verkennt -

        Garantiertes Existenzminimum -

        Ist! - Art 1 GG - Ist! Menschenwürde!

        Das Herzustellen ist zwingende Verpflichtung des Staates!!

        Dazu existiert er. Wird er via GG - als demokratisch verfaßte Republik von seinen Bürgern & als sozialer Rechtsstaat perpetuiert geschaffen! &

         

        Ihr letzter Satz zeigt's klar -

        Da fällt Ihnen nämlich auf -

        Daß bei - Ihrer&BSG - Zweck/Mittel-Relation ganz offensichtlich was nicht stimmt -

        Daß auch Sie sich - (Seien Sie mir bitte nicht böse)

        " Der Zweck heiligt eben doch die Mittel "- Genauso staatstragend "Vergallopieren" wie -

        Mit Verlaub - Horst Dreier - bei der Folter! (genau deswegen habe ich die angezogen!) https://de.m.wikipedia.org/wiki/Horst_Dreier http://www.zeit.de/2008/07/Dreier

        (Klartext dazu - "Waas? - Lies mal seins dort vor!" Schnackeldidackel -

        "Waas - Is der denn wahnsinnig?! - Da gibt's nix zu deuteln! Klar. Wider generellem Verfassungskonsens!

        Verfassungsrichter? - Geht garnicht" &

        Der Frühstücksgast - sogar nichemal

        Freiburger Schule!;) - aber u.a. Maschinenraum KA!)

        kurz - Eben nix! mit -

        "Wir können auch anders!"

        So jet halt.

        • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
          @Lowandorder:

          Mir ist die Dreier-Diskussion durchaus bekannt. Und ich stehe nicht im Ruf, bei Folter eine wackelnde Position einzunehmen.

           

          Aber die Verweigerung von Geld für Zeitung, Telefon und Nahverkehr ist keine Folter. Die Tatsache, dass das BVerfG 2010 und 2012 ein einheitliches (physisch und sozial definiertes) Existenzminimum postulierte, sollte nicht dazu führen, dass nun jede sanktionierte Mitwirkungspflicht in den Folter-Kontext gerückt wird. Das wäre auf lange Sicht wohl eher kontraproduktiv.

          • @Christian Rath:

            Aber werter Herr Rath.

            Es geht mir nicht darum - eine Nähe zu Folter herzustellen oder Ihnen eine Nähe zur Position von Horst Dreier zu unterstellen.

             

            Es geht mir darum u.a. Ihren &BSG-staatstheoretischen Ansatz - staatlichen Machtanspruch zurückzuweisen.

            Wenn das Existenzminimum eines Menschen a KA definiert ist - ist das a

            Art 1 GG garantiert. & lege artis -

            Ein Eingriff dem Staat verwehrt.

             

            Ihre Ausflucht - "was da alles drin ist" - "Geld für …" etc - wird man/Staat hintenrum doch wohl einschränken dürfen etc - ändert daran nichts.

            Sie instrumentalisieren damit - juristisch trickreich - banale Rechengrößen. No way.

             

            Die - meine - Kontrollüberlegung auf der Rechtsfolgenseite - wie lange denn bitte? - darf in das verfassungsrechtlich gemäß Art 1 GG garantierte Existenzminimum eingegriffen werden? & Was ja auch Sie nicht unbeeindruckt läßt - & sicher KA!!

            Zeigt doch - Aushebeln mittels Rechengrößen - führt in die Irre.

            Banal gesprochen - Solche signifikanten Einzelfälle sind staatlicherseits hinzunehmen - wg Art 1 GG.

            Der Menschenrechtsschutz des Existenzminimums - die Würde des Einzelnen - Gehen dem staatlichen Eingriffsbegehren vor. Punkt.

             

            Zur Denke bei aller Wertschätzung mal dies.

            Juristen wie Sie - Sind mit Verlaub -

            wg ihrer staatstheoretischen

            Ordo-Denke etc -

            Viel näher an der IM-Denke ala

            Schily Schäuble FrozenThomas dran -

            Als ihnen bewußt & sicherlich lieb sein kann & dürfte. Das ja.

            Sorry - So seh nicht nur ich das. &

            Nüscht for unjut - wa!

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Die Frage ist, warum es einer Mitarbeit bei der Abschiebung überhaupt bedarf? Ins Gefängnis z.B. wird man auch dann gebracht, wenn man sich dem verweigert. Da wird nicht erst lang mit Kürzung von Sozialleistungen gedroht.

    • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
      @80576 (Profil gelöscht):

      Weil die Abschiebung in ein anderes Land erfolgt. Kamerun will den Ausreisepflichtigen aber nur aufnehmen, wenn es Belege gibt, dass er Kameruner ist.

  • Ein angenehm ruhiger und in seiner Argumentation sehr nachvollziehbarer Artikel.

  • Ich finde es fragwürdig, dass mit Sanktionsdrohungen von Ausreisepflichtigen verlangt werden kann, an ihrer eigenen Abschiebung mitzuwirken, also gegen ihre eigenen Interessen zu handeln.

     

    Das ist für mich der eigentliche Punkt des Urteils. Und dem kann ich keine Zustimmung entgegenbringen ungeachtet sonstiger (guter) Argumente.

    • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
      @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

      Nur im Strafverfahren muss sich jemand nicht selbst belasten. Ansonsten müssen regelmäßig Angaben gemacht werden, auch wenn sie den eigenen Interessen entgegenlaufen.So muss jeder dem Staat seine Einnahmen offenbaren, damit er besteuert werden kann (auch wenn eine Abschiebung natürlich ein schwerwiegenderer Eingriff ist, insbesondere nach so vielen Jahren).

      • @Christian Rath:

        Eine Besteuerung läuft nun nicht unbedingt den eigenen Interessen entgegen, eine Gesellschaft mit funktionierender Infrastruktur (im weiteren Sinne) ist gewissermaßen der durch die Besteuerung erhaltene Gegenwert. Auch wenn das im Moment der Steuererklärung sicher eine untergeordnete Rolle im Denken spielen wird.

         

        Im Verhältnis Staat - Bürger läuft ein beständiger Interessenaushandelsprozess ab, der schon mal ein dazu führen kann, dass die Interessen des Bürgers deutlich weniger Beachtung finden. Die unsägliche Praxis von ALGII, die Gängelei und die Kontrolle wäre dafür ein Beispiel. Allerdings erhält man letztlich einen objektiv feststellbaren Gegenwert: die Grundsicherung.

         

        Es sei denn, die Bezüge werden komplett gekürzt, weil der entsprechende "seine Pflichten" nicht erfüllt hat. Beides stellt für mich eine nicht tolerierbare Repressionsmethode dar.

    • @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

      Das ist doch gang und gäbe, auch bei deutschen Staatsbürgern. Mit meiner Steuererklärung schade ich mir auch jedes Jahr wieder aber machen muss ich sie dennoch, sonst klopft der Staatsvertreter irgendwann an der Türe und das sicher nicht erst nach 14 Jahren.

       

      Es geht hier ja nicht mehr um einen Prozess, sondern um die Durchsetzung des Urteils. Juristische Grundprinzipien, wie das Recht auf eine sich selbst belastende Aussage zu verzichten gelten außerhalb eines entsprechenden Kontextes nicht.

      • @disenchanted:

        Mein Kritikpunkt mag juristisch irrelevant sein, ich sehe es aus einer persönlichen Perspektive.

         

        Stell dir vor, du bekommst die Aufforderung, bestimmte Dokumente zu besorgen, damit du abgeschoben werden kannst. Wenn du ausreisen wolltest, wärst du längst weg. Du möchtest bleiben, denn du lebst schon Jahre hier, also verweigerst du die Mithilfe. Ist ja auch klar, warum solltest du das tun wollen. Dann kommt die Kürzung mit der Aufforderung, endlich an deiner Abschiebung mitzuarbeiten.

         

        Ich finde das reichlich perfide. Und dass das Bundessozialgericht dieses Verhalten noch "missbräuchlich" nennt, ist nur noch zynisch zu nennen.

        • @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

          Klar kann ich das von einem persönlichen Standpunkt aus nachvollziehen. Niemand haut sich die Axt gerne ins eigene Bein.

           

          Aber solch eine Verweigerunshaltung kann der Staat auch nicht einfach durchgehen lassen. Wir haben hier ein Rechtssystem um das man uns in weiten Teilen der Welt beneidet. Klar ist es nicht perfekt aber wenn man es nicht mit einem hypothetischen, perfektem System vergleich, sondern mit den real existierenden dann geht es hier noch echt fair zu. Das kann aber nicht heißen das Entscheidungen einfach nicht durchgesetzt werden, weil sie einem politisch nicht passen.

          • @disenchanted:

            Diese Argumentation ist nicht schlüssig.

             

            Wichtig nochmals zu betonen, die betroffene Person handelt nicht strafrechtlich relevant, es betrifft hier eine fehlende Mitwirkung. Eine Mitwirkung die sich aus der fehlenden Möglichkeit ergibt bestimmte Verwaltungsschritte (Ausreise) einzuleiten. Die Person verstößt gegen kein Gesetz mit ihrer fehlenden Mitwirkung! Das einzige Problem ist, die soziale Schicht, der die Person angehört. Denn Mitwirkungspflichten (bekannt aus dem Sozialgesetzbuch) greifen in der Mehrzahl nur für Personen die direkt von Transferleistungen abhängig sind, andere Leistungen werden - (Achtung Vermutung!) aufgrund der

            gesellschaftlichen Position - nicht mit Mitwirkungspflichten belegt (Subventionen etc.). Ein Beispiel das die Absurdität dieses Handelns verdeutlicht: Der Logik folgend, könnte der Staat morgen beschließen, alle Raucher aufzufordern das Rauchen einzustellen, als Begründung werden die hohen gesellschaftlichen Kosten genannt. Ein nicht Folgeleisten hätte die Beschlagnahmung des Vermögens zur Folge, um sie zur Mitwirkung zu ermutigen. Es würde mich doch sehr interessieren ob ihr:

            "Das kann aber nicht heißen das Entscheidungen einfach nicht durchgesetzt werden, weil sie einem politisch nicht passen."

             

            hier immer noch greift...

             

            Mit freundlichen Grüßen

            • @el_klopso:

              Da die Sanktion vom Gericht nicht beanstandet wurde kann man sich ziemlich sicher sein das es hierfür auch eine juristische Grundlage gibt.

               

              Meine Antwort: "Das kann aber nicht heißen das Entscheidungen einfach nicht durchgesetzt werden, weil sie einem politisch nicht passen."

               

              War auf die Haltung von "Unerträgliche Seinsleichtigkeit" bezogen.

  • Das Existenzminimum heißt so, weil es das Minimum ist, was jedem Menschen in diesem Land zusteht, weil er ein Mensch ist. Es leitet sich aus dem Grundgesetz ab.

     

    Die Aberkennung dieses Existenzminimums aus welchen Gründen auch immer, so könnte man argumentieren, gefährdet die Sicherheit für alle anderen, ein solches zugestanden zu bekommen. Damit wird die Selbstverständlichkeit des Existenzminimums in Frage gestellt, und damit wiederum unsere Grundwerte unterminiert.

     

    Die Menschenwürde wird nicht dadurch antastbar, daß sich jemand nicht "wohlverhält". Sondern sie gilt ohne jede Bedingung.

     

    Wenn wir für ein paar Leute aufkommen müssen, die sich so verhalten, ist das ein kleiner Preis verglichen mit der Durchlöcherung unserer eigenen Standards und Werte.

     

    Ein Urteil, wie es in diese Zeit paßt.

     

    Ich glaube mich zu erinnern, daß dies nicht der erste Artikel des Verfassers ist, bei dem ich mich frage, wie er in der taz gelandet ist.

    • @kditd:

      es gibt eben 2 Arten des Existenzminimums. Zum einen das für Menschen mit Aufenthatlsrecht, die müssen mehr bekommen als einfach nur, was zum Überleben reicht, sondern auch, was Ihnen "gesellschaftliche Teilhabe" ermöglicht, also Teilnahme am Verkehr, am kulturellen Leben, Bücher usw...

      Wer dagegen kein Aufenthaltsrecht hat, dem muss diese Teilhabe nicht mehr finanziert werden, sondern nur noch das lebensnotwendige. Es gibt sogar die Idee - meines Erachtens vom Bundessozialgericht - dass es reichen würde, den Leuten eine Fahrkarten zur Verfügung zu stellen, mit der sie in ihre Heimat fahren können.

  • @ROTATICUS53

    Und zwischen welcher Zeile aus diesen Artikel haben sie herausgelesen dass dieser Mensch nicht mit seinen landsleuten in seiner muttersprache kommuniziert?

    Die offizielle Landessprache im Cameroun ist französische und englisch, mitunter wird auch Peul, Ewondo oder Pidgin gesprochen.

    Also ich als Hamburgerjung mit sizilianischen Wurzeln ( also Mutti und Vati) bezeichne Hochdeutsch als meine Muttersprache, italienisch, den sizilianischen Dialekt der in Valguarnera genutzt wird und englisch als zweisprache und pöapö lerne ich in Marseille französisch.

    Ist schon schwierig mit der Nationalität und der Sprache.

    Habe mein italienischen

    Pass verbrannt denn diese KKK (KleinKaroKakke) geht mir als Mensch ein wenig zu weit. Mal sehen was mit mir passiert falls ich an einer PassKontrolle in einem EU-Staat das sich gerade in einem kriegszustand befindet.

    SERVUS

  • Ein guter Kommentar :kritisch, ausgewogen und abwägend ! Ein Plädoyer gegen Vereinfachung und Pauschalisierung !

  • 3G
    36855 (Profil gelöscht)

    Dieser Satz ist wichtig und sollte in Großbuchstaben für jeden sichtbar sein:

    "dass dabei Schutzbedürftigen geholfen wird und keine freie Einwanderung stattfindet."

    Danke, für diesen Beitrag!

  • Welche Kurzsichtigkeit der Autor offenbart. Klar, wenn man aufgrund einer gesättigten bürgerlichen Existenz, die Lebensrealität von Millionen von Mitbürgern in miesen Jobs aus den Augen verliert. Es ist das altbekannte Spiel die Armen untereinander auszuspielen, schön das die taz auch hier fröhlich mitspielt. Im obigen Artikel verkommt das Existenzminimum zu einem Privileg, was sich durch wohlfeiles Verhalten verdient werden muss. Ein Verhalten das nicht illegal ist, lediglich nicht der gesellschaftlich aktzepierten Norm entsprechend! Wenn ich am Montag ne Sanktion vom Jobcenter bekomme, entspringt diese der gleichen Logik. Es ist die Logik, die bis in die 60er Jahre Arbeitshäuser ermöglichte. Aber warum sollte sich Blatt wie die taz die Mühe machen, eine gesellschaftliche Perspektive einzunehmen. Hauptsache das Feindbild wird bedient und das steht Unten, ob Flüchtling, HartzIV oder prekär beschäftigt, egal, hauptsache sie verhalten sich wohlgefällig und halten die Klappe!

    • @el_klopso:

      Finden Sie nicht, dass Sie gegenüber der Taz im allgemeinen und Herrn Rath im besonderen etwas unfair sind? Das Letzte, was man der Taz vorwerfen kann, ist, dass sie das Feinbild "unten" bedient.

    • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
      @el_klopso:

      Ich glaube, hier liegt ein Mißverständnis vor. Der Staat muss nicht jedem das Existenzminimum finanzieren, sondern nur denjenigen, die bedürftig sind und sich nicht selbst helfen können.

      Sie haben aber Recht: die Sanktionen für Hartz IV-Beziehende, die Mitwirkungspflichten verletzten, betreffen das gleiche Problem. Beim Bundesverfassungsgericht liegt hierzu eine Richtervorlage des Sozialgerichts Gotha vor.

      • @Christian Rath:

        Ein Missverständnis liegt hier wohl keineswegs vor...

         

        Legen sie (und das Gericht) doch sehr bewusst einen sehr weitgehenden Begriff von Beendigung der Hilfebedürftigkeit an durh verlassen des Landes (bei dieser Verweildauer ist von einem gefestigten Lebensmittelpunkt auszugehen).

         

        Ein Begriff der deutlich über die üblichen Mitwirkungspflichten hinausgeht z.B. Aufnahme einer Beschäftigung etc.. Besonders wenn berücksichtigt wird, dass es z.B. der Arbeitsagentur im Rahmen der Mitwirkung nicht möglich ist eine Person aufzufordern nach Schwäbisch Hall zu ziehen, nur weil dort die Hilfebedürftigkeit beendet werden würde... (Freie Wahl des Wohnorts als geschütztes Gut)

         

        Wenn Sie im o.g. Beispiel allerdings einen Regelungsbedarf sehen, würde ich nicht von einem Missverständnis reden, sondern von unterschiedlichen politischen Standpunkten. Standpunkte, die ich bereits im vorangegangenen Kommentar skizziert habe.

  • In diesem Fall ist das m.E eine absolut richtige und nachvollziehbare Entscheidung. Im vorliegenden Fall sieht es so aus, als ob die Herkunftsangabe nicht den Tatsachen entspricht, denn warum sollte ein "Kameruner" mit seinen Landsleuten kein Wort reden? Vielleicht weil er die Sprache nicht beherrscht? Bei solchen, und ähnlichen, Fällen habe ich kein Mitleid für die Anliegen der ausreise pflichtigen, denn es gibt auch eine Grenze des Verständnisses, welche hier überschritten wurde.

    • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent
      @rotaticus53:

      Ich denke, es ist eher andersherum. Wer in der Botschaft kein Wort sagt, kann auch nicht (z.B. am Dialekt) als Kameruner identifiziert werden. Es geht ja darum, ob Kamerun ihm einen Reisepass ausstellt, mit dem er nach Kamerun abgeschoben werden könnte.

  • Das Urteil ist völlig richtig. Es erscheint befremdlich, dass Deutschland Migranten, die sich über Jahre begarrlich ihrer Ausreisepflicht entziehen, überhaupt Sozialleistungen gewähren muss. Aber ist wohl aktuelle Gesetzeslage. Diese Großzügigkeit des deutschen Sozialstaates ist auch ein Grund dafür, dass Deutschland gerade für solche Flüchtlinge, die keinen Asylgrund haben, derart beliebt ist.

  • Sinkt die taz jetzt auf Springer-Niveau?

    Wer - wie Deutschland - jedes Jahr prächtig an weltweiten Rüstungsverkäufen, auch noch ins letzte Hochrisikoland milliardenschwer verdient, muss die dadurch ausgelösten Flüchtlingsströme mitverantworten!

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @amigo:

      Ja nur dieser Mensch flieht nicht vor den von ihnen beschriebenen Ursachen, der will einwandern dafür ist das Asylrecht nicht da.