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Kommentar MindestlohnNur dilettantisch

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Der Kabinettsentwurf zu den neuen Ausnahmen beim Mindestlohn verrät: Er wird immer löchriger. Jetzt sind auch Langzeitarbeitslose betroffen.

Kommt, aber längst nicht für alle: der Mindestlohn. Bild: dpa

U nion und Wirtschaftsverbände haben ihr Ziel erreicht: Der Mindestlohn ist doch nur noch Flickwerk. Nun sollen auch Langzeitarbeitslose kein Recht auf 8,50 Euro Bezahlung pro Stunde haben. Das ist arbeitsmarktpolitischer Dilettantismus.

Denn es schafft den Anreiz, einen Arbeitslosen nur noch für sechs Monate anzustellen: hat er nach dieser Zeit Anspruch auf 8,50 Euro, kann er einfach vor die Tür gesetzt werden, um den nächsten Arbeitslosen anzuheuern. Das ist keine Schwarzmalerei. Dort, wo Schlupflöcher existieren, werden sie genutzt, das zeigen alle Erfahrungen. Außerdem kann die Regelung dazu führen, Zeiten der Arbeitslosigkeit künstlich zu verlängern: Denn ein künftiger Chef weiß nun, dass ein neuer Mitarbeiter nach einem Jahr zum Dumpinglohn zu haben ist. Damit aber zementiert die große Koalition just die prekäre Situation der Arbeitslosen, die sie zu bekämpfen vorgibt.

Das Gegenargument, es gehe aber doch um schwer vermittelbare Arbeitslose, die für 8,50 Euro nicht eingestellt würden, ist fadenscheinig. Als langzeitarbeitslos gilt, wer länger als ein Jahr auf Stellensuche ist. Darunter sind auch Menschen, die gut ausgebildet und qualifiziert sind und bisher bei der Stellensuche Pech hatten. Sie und alle anderen Langzeitarbeitslosen werden mit der neuen Ausnahme beim Mindestlohn weiter in der Abwertungsspirale gehalten, die Rot-Grün mit den Hartz-Reformen in Gang gesetzt hat.

Kabinett stimmt zu

Das Bundeskabinett hat dem nachjustierten Mindestlohnentwurf von Arbeitsministerin Nahles (SPD) zugestimmt. Von der gesetzlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro sollen Langzeitarbeitslose bei Annahme eines Jobs in den ersten sechs Monaten ausgeklammert sein. Dies soll auch für Jugendliche unter 18 ohne Ausbildung sowie für Praktikanten in Berufsvorbereitung gelten. Geplant ist, dass der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2015 kommt. (dpa)

Der neue Kompromiss ist aber noch aus einem weiteren Grund ein Offenbarungseid der sozialdemokratischen Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles. Sie hat immer wieder stolz darauf hingewiesen, sich beim Mindestlohngesetz auf keine Ausnahmen, schon gar nicht für einzelne Berufszweige oder Branchen einzulassen. Aber auch diese sind nun durch die Hintertür teilweise möglich: Denn in Branchen wie dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder in der Landwirtschaft werden Saisonkräfte häufig nur für ein paar Monate in der Urlaubs- oder Erntezeit beschäftigt.

Künftig hat man auch hier ein billiges Reservoir an langzeitarbeitslosen Niedriglöhnern zur Verfügung. Denn diese sind der großen Koalition nicht einmal 8,50 Euro wert.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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40 Kommentare

 / 
  • Frau Völpel,

     

    dieser Kommentar war kein großer Wurf von ihnen.

     

    Bei Langzeitarbeitslosen gilt bislang, dass UnternehmerInnen Zuschüsse für ihre Einstellung bekommen können. Auch hier ist der Anreiz, jene nach Ende der Zuschusszeit zu entlassen.

    Dem steht aber entgegen, dass bei jeder Neueinstellung die Person erst einmal eingearbeitet werden muss, m. a. W. die erste Zeit nicht so produktiv ist, wie eine erfahrene Kraft.

     

    Die Problematik, dass der Mindestlohn Arbeitslosigkeit (Stichwort Wertgrenzprodukt) hervorrufen wird, haben Sie gar nicht betrachtet.

     

    Ihre Kritik an den Ausnahmen eines "Mindest"lohns ist dageben berechtigt!

    • @Martin1:

      Diese Ansicht finde ich erschreckend, denn die Realität ist eine andere. Früher wurde man auch während der Einarbeitung ausreichend entlohnt, und die "Zuschusspolitik" ist nur wieder ein Zuckerbrot für die Arbeitgeber.

  • In einer Mail an die Redaktion LabourNet merkt Helga Spindler an:

    “Ich hätte es ja nicht gewagt vorauszusagen, aber die Einschränkung für alle, die ein Jahr arbeitslos sind (ich vermute genauer: für alle Hartz IV-Bezieher, worunter dann auch Kinder über 18 und Ehepartner fallen) zeigt, wie sehr die Verachtung von Erwerbslosen die Koalitionsparteien eint.”

    • @heino Ewerth:

      Danke für diese konstruktive Aussage - wenn es wenigstens Verachtung wäre, dann würden sie diese Menschen mit ihren Ängsten ja wenigstens wahrnehmen. Aber ich denke, die Arbeitsuchenden, die länger als ein Jahr keine Arbeit gefunden haben, sind GAR NICHTS mehr für diese Regierung. Sie hat sich eindeutig von diesen Menschen abgewandt.

  • Einfach ein Armutszeugnis für so ein reiches Land wie Deutschland. Zwar Exportweltmeister, aber dafür schon in der Welt als 2. China in Europa verspottet.

     

    Obwohl Produktivitätssteigerungen ja da sind, nur für Millionen eben nicht.

     

    Wieso bekommt es die Schweiz hin, und Deutschland nicht? In der Schweiz verdient sogar schon eine Putzfrau umgerechnet 18,00 Euro die Stunde. Unter Berücksichtigung der höheren Lebenshaltungskosten von ca. 30 % wären das für Deutschland immer noch 15,00 Euro die Stunde?

     

    Aber da zahlen auch alle von allen Einnahmen, Prozentual ihren Anteil ein, nicht wie in Deutschland, wo es ja die Beitragsbemessungsgrenzen gibt, auch wird nicht der Faktor Arbeit höher belastet, so wie in Deutschland, als die Einnahmen aus Kapitalerträgen, Pacht, Miete etc. Ja nicht zu vergessen, die vielen Ausnahmetatbestände im Steuerrecht.

     

    Das sind einige der Gründe, warum es in Deutschland für Millionen "Arm trotz Arbeit" heißt.

  • Das Problem ist doch auch, dass sämtliche Maßnahmen zur Arbeitskraftverknappung und einer nachhaltigen Lohnsteigerung (siehe Beitrag @Age Krüger) ins Leere laufen solange die Wirtschaft definiert wie die Zuwanderungspolitik ausgestaltet wird. Da nützt es auch nix die Arbeitsmarktpolitik einfach auf den Status Ante (...frei nach dem Motto: unter Kohl gings uns wohl...) zurückzuschrauben.

     

    Die Zuwanderung müsste einerseits restriktiver (um keinen zu großen Überhang auf dem Jobmarkt zu erzeugen) und andererseits offener und gerechter und nach transparenten Regeln erfolgen.

    Die vielen Menschen sind auf unserem Planeten aber nun mal einfach da und stehen immer als „Proletarierreservepool“ zur Verfügung, ob nun innerhalb oder außerhalb unserer Grenzen.

     

    Immerhin könnte der Mindestlohn hier bei den Arbeitsimmigranten für mehr Kaufkraft und somit einen Nachfrageschub bei uns und in deren Heimatländer führen.

    Dafür dürfen aber z.B. Gastronomie und Landwirtschaft nicht ausgenommen werden.

     

    Kurz und gut: ich sehe in einem möglichst lückenlosen Mindestlohn der sich in möglichst viele Länder ausweitet nahezu die einzige Möglichkeit bei sich ausweitendem internationalem Arbeitskräfteangebot überhaupt einen Boden in das Fass des "Turbokapitalismus" zu ziehen.

     

    Das BGE dagegen ist nach meiner Ansicht grober utopischer Unfug da damit manche Arbeiten einfach nicht mehr erledigt werden. Eventuell könnte der Gedanke abgewandelt als bedingungslose Grundrente diskussionswürdig sein.

    • @Waage69:

      Es ist in Wirklichkeit doch so, dass heute viele Arbeiten nicht, nicht mehr oder nicht ausreichend erledigt werden. Und zwar gerade weil die Menschen künstlich in existenzieller Not gehalten werden und z.B. Alg II - Empfänger Angehörige nicht mehr pflegen können, weil sie sich den ganzen Tag dem Arbeitsmarkt zur Verfügung halten müssen. Es lässt sich einfach nur ein Teil der gesellschaftlich wichtigen Arbeiten marktförmig bzw. in Form von Erwerbsarbeit organisieren.

      Im Ergebnis haben wir eine große Krise bzw. Bedrohung der Sorgearbeit (http://care-macht-mehr.com), der Gesundheit (http://www.psychosoziale-lage.de) und der Zivilgesellschaft.

      Andererseits ist es so, dass ein BGE (im Gegensatz zu bedarfsabhängigen Sozialtransfers) die Sphäre der Marktwirtschaft und des Erwerbslebens überhaupt nicht stören würde: Arbeiten die erledigt werden sollen, werden einfach gut bezahlt, dann findet sich jemand. Ganz ohne Mindestlohn.

    • D
      D.J.
      @Waage69:

      Das BGE würde m.E. nicht zu dem genannten Effekt führen, wenn es als Sockel gestaltet wird,bei dem Arbeitseinkommen draufkommt, ohne dass etwas vom BGE abgezogen wird. Eher im Gegenteil. (die Frage der Finanzierbarkeit mal ausgeklammert)

       

      Tja, transparente Zuwanderungsregeln. Gibt es derzeit nur in Ansätzen. Habe aber den Eindruck, dass weder ganz Links ("No Border") noch Rechts daran irgendein Interesse hat.

  • Der Mindestlohn bringt sowieso gar nix. Er greift maximal in die Verhandlungsfreiheit ein zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. In keinem Land mit einem Mindestlohn ist der Gyni-Koeffizient verbessert worden.

     

    Der Staat hat die Möglichkeit, die Löhne zu heben, indem er die Nachfrage nach Arbeit steigert (das klappt schon seit 40 Jahren nicht richtig) oder eben das Angebot an Arbeit verknappt. D.h., zum einenz höhere Sozialleistungen und vor allen Dingen mehr Gerechtigkeit gegenüber denen, die bereits gearbeitet haben und entsprechende Leistungen erbracht haben. Durch die Hartz-Reformen haben nicht nur langjährig Beschäftigte trotz jahrzehntelangem Einzahlen in die Arbeitslosenversicherung keinen echten Anspruch mehr auf ausreichend Geld, mit dem sie sich selbst wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern könnten, sondern auch die Möglichkeiten der Erwerbsunfähigkeitsrenten ist extrem eingeschränkt worden.

     

    Irgendetwas zu machen, was mehr Gerechtigkeit für die Arbeitnehmer bringen würde, ist nicht das Ziel dieser Koalition.

    Der Mindestlohn ist ein geschickt in die Öffentlichkeit gebrachtes PR-Argument, dass nur wenigen helfen wird. Egal, wer davon ausgenommen ist oder nicht.

  • Annahme1: Ein Lufthansapilot verdient 200.000 Euro pro Jahr, ein Empfänger von Mindestlohn 8,50 Euro die Stunde.

    Wie lange muss ein Mindestlohnempfänger arbeiten, bis er 200.000 Euro Lohn erarbeitet hat?

    Ca. 11 Jahre! (Steuern ohne Berücksichtugung!).200.000Euro / ((8,50 Euro/Stunde) x (40 h/Woche) x (53 Wochen/Jahr))=11 Jahre.

    Annahme2: Eine pflegende Krakenschwester im mobilen Dienst würde sich über 17 Euro/Stunde freuen, wie bekoppt. Sie hebt zwischen 6-13 Uhr täglich evtl. 8-12x verschiedene Patienten, die schwerer sind als sie selber, hat 12 Tageschichten und geht mit 55 Jahren nur dann in Frührente, wenn ihre Bandscheibenvorfälle einfach nicht mehr mit Schmerzmitteln erträglich sind. Frage: Warum ist die Fluktuation in dieser Brange so hoch?

    Warum ist dieser Beruf wohl auch bei Langzeitarbeitslosen unbeliebt- geschweige denn bei vielen höherqualifizierten Arbeitnehmern?

     

    Nach meiner Ansicht benötigt D. weiterhin eine Debatte über den Wert und die Wertschätzung von Arbeit. Lediglich der Gesetzgeber kann in diesem Land regulativ eingreifen denn: Streikende Piloten verhindern den Luftverkehr (und CO2 Ausstoß!) - Streikende Pflegekräfte können schon aufgrund ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den Patienten keinen Streik führen.

    Wer setzt sich für diese Gruppe Arbeitnehmer ein?

  • Das kapitalistische Wirtschaftssystem beruht nun einmal auf Ausbeutung von Mensch und Natur. Wir haben es mit unserer Stimme offenbar gewählt.

    So what?

    • @amigo:

      Was immer Sie auch gewählt haben, das kapitalistische Wirtschaftssystem stand tatsächlich noch nie zur Wahl.

      • C
        cosmopol
        @Rainer B.:

        Nicht mal in Chile?

        • @cosmopol:

          So isses!

  • So, so .... Langzeitarbeitslose werden ausgeschlossen. Na prima. Als gesellschaftsuntauglicher Unternehmer verweigere ich also Arbeitssuchenden den existenziellen Lohn, warte ab bis sie sich in ihrer Not bei der SGBII melden (müssen) und setze dann darauf, dass sie früher oder später zu chinesischen Wanderarbeiterlöhnen den gleichen Job machen oder beschäftige die Generation Praktikum. Praktischerweise darf ich das ein halbes Jahr, also genauso lange, wie die vorherrschende Probezeit in Betrieben, höhöhöhö ...

     

    Gleichzeitig verweigern die Jobcenter die Aufstockungsgelder für Leute, die einen Ausbildungsplatz haben, anfangen (wollen) zu arbeiten und entziehen ihnen die Unterstützung für das Existenzminimum - selbst dann, wenn das Lehrgeld höher ausfällt, als z.B. bei einem 400-Euro-Jobber.

     

    Wir sind ja so was von hochzivilisiert :)

    • D
      D.J.
      @StiftChronist:

      Die Logik ist mir nicht recht eingängig. Das konnte der Arbeitgeber doch jetzt schon viel einfacher haben, wo es noch keinen Mindestlohn gab/gibt.

       

      Was Auszubildende betrifft, verweise ich Sie auf Bafög, das ergänzend gezahlt wird, wenn der Lebensunterhalt nicht anderweitig bestritten werden kann. Rein gesetzlich kann kein Azubi unter das Minimum fallen.

    • @StiftChronist:

      Man muss das Volk der

      DICHTER und DENKER aktuell einmal völlig neu interpretieren.

       

      Für die Dichter werden die Hürden der selbstbestimmten Existenz immer dichter und die Denker überlegen, wie sie durch Beschlüsse wie diesen, der Wirtschaft einen Billiglohnmarkt zur Verfügung stellen können, dessen Tradition mindestens so alt ist, wie oben angeführter Titel. Und wie man es so verkauft, dass die breite Masse an einen Fortschritt glaubt, der de facto in diversen Bereichen gar nicht stattfindet :) Und sich natürlich per Gesetzesverordnung so absichern, dass alles seine Richtigkeit hat.

  • Dem Mindestlohn ist damit sein irrwitzigster Zahn gezogen worden, und das ist richtig so. Der Mindestlohn ist dafür gedacht, niemanden auf Dauer zu niedrig zu bezahlen, auch wenn ich die 2000 Euro Arbeitgeberkosten pro Monat nach wie vor zu hoch halte, und eher einen Mindestlohn von 6,50 akzeptieren würde. Das entspricht dem Existenzminimum.

     

    Es ist aber völlig kontraproduktiv einen Arbeitssuchenden, der schlecht qualifiziert ist, kaum deutsch kann oder die Schule abgebrochen hat, und seit vielen Jahren sucht, keine Chance mehr zu gewähren, und genau die fehlt ihm, wenn ein Arbeitgeber eben diese 2000 Euro aufbringen muss.

     

    Niemand wird eingestellt, der einem Unternehmen Verluste bringt, weil er mühsam über Monate oder Jahre aufgebaut werden muss.

     

    Insofern ist es sehr erfreulich, dass wenigstens diese eine Ausnahme, die übrigens praktisch alle anderen Ländern auch haben, eingeführt wurde. Wenn man schon immer mit Europa vergleicht bei dem Thema, dann bitte auch konsequent.

    • @Barbara Niem:

      "...und eher einen Mindestlohn von 6,50 akzeptieren würde. Das entspricht dem Existenzminimum."

       

      Wo haben Sie das denn her? Ist das Ihr Existenzminimum, von dem Sie leben?

       

      Sind Langzeitarbeitslose in Ihren Augen immer Alleinstehende Personen, die auch kein Geld für ausgleichende Freizeitaktivitäten benötigen? Mit ausreichend Einkommen, kann man sich z.B. auch Bildung und Kultur "kaufen" oder eben mal ein sportliches Fahrrad.

       

      "Es ist aber völlig kontraproduktiv einen Arbeitssuchenden, der schlecht qualifiziert ist, kaum deutsch kann oder die Schule abgebrochen hat, und seit vielen Jahren sucht, keine Chance mehr zu gewähren, und genau die fehlt ihm, wenn ein Arbeitgeber eben diese 2000 Euro aufbringen muss."

       

      Andersherum: Wenn ein Arbeitgeber diesen Preis aufbringen muss, sorgt er auch dafür, dass der Arbeitnehmer nach der Einarbeitung möglichst auch bleibt.

       

      Zur Erinnerung: Die Massen an Arbeitslosen und da sind viele in der Statistik noch gar nicht mit gezählt, die gab es in dieser Form vor 2005 nicht! Da gab es auch überall noch feste und unbefristete Stellen, auch für Hausmeister etc., die "ordentlich" entlohnt wurden. Oder gut ausgebildete Verkäufer/innen und nicht nur "Aushilfen" auf geringfügiger Basis.

      • @Hanne:

        @Hanne:

        Das Existenzminimum ist gesetzlich festgelegt, erst oberhalb dieses Einkommens müssen sie Steuern zahlen. Liegt übrigens bei über 8000 Euro jährlich. Davon kann man als Sozialhilfempfänger leben. Für Konsumfetischisten natürlich unvorstellbar, ich weiß.

         

        Die 8,50 sind ausgewürfelt von SPD-Genossen und Gewerkschaftsklüngel. Da hätte genau so gut Mäxchen sagen können ich will 8,50 statt 5 Euro Taschengeld pro Woche, so viel Rationalität hatte das.

    • @Barbara Niem:

      Na ja, für Spargel stechen, Unkraut jäten oder Pizza ausfahren brauch man nicht unbedingt einen Hochschulabschluss. Und dennoch sollten auch diese Menschen von ihrer Arbeit leben können.

       

      Seltsamerweise holen sich Arbeitgeber doch gerne Leute aus z.B. osteuropäischen Ländern, die der deutschen Sprache nicht besonders mächtig sind. Warum wohl? Die lassen sich halt noch besser ausbeuten.

    • @Barbara Niem:

      ".....dass wenigstens diese eine Ausnahme, die übrigens praktisch alle anderen Ländern auch haben..."

       

      Wo haben Sie denn den her ?

       

      Zitat DGB:

      "Es ist kein europäisches Land mit Mindestlöhnen bekannt, das für diese Gruppe eine Ausnahme vorsehen würde. Dies gilt auch für Großbritannien, Frankreich, Belgien und die Niederlande.

       

      http://www.dgb.de/themen/++co++5d445b66-b01b-11e3-8554-52540023ef1a

      • @lions:

        @Anamolie: Ich habe mich hier missverständlich ausgedrückt: "Wenigstens eine Ausnahme haben praktisch alle anderen Ländern auch."

         

        Es gibt für jede Regel eine begründete Ausnahme. Das wird beim Mindestlohn, sofern es ein intelligenter sein soll, nicht anders sein.

  • Danke für diesen Kommentar, sehr passend wie ich finde.

    Ich glaube die Frage ist berechtigt, ob es ein Wirtschaftszweig wert ist zu überleben, der es schafft seinen Aktionären und Managern große Gewinne auszuschütten, aber auf der Ausbeutung seiner Arbeiter fußt, denen er nicht einmal 8,50 Euro pro Stunde bezahlen (kann/will)…

    Und diesen Unternehmen wird damit nun auch noch entgegen gekommen… Aber was will man von einer CDU geführten Regierung unter Mithilfe der "nach Agenda SPD" erwarten? Richtig, nichts anderes!

  • lt. Wikip. > dilettantisch ausgeführte Tätigkeit : unfachmännisch, unsachgemäß, fehlerhaft, stümperhaft oder oberflächlich ausgeführt.

    ...viel zu harmlose Überschrift-- ES IST EINE SAUEREI

  • Ich schau’s mit Freude an, wie die GROKO das Projekt „Mindesteinkommen“ vergeigt, denn das geplante Mindesteinkommen steht einer etwaigen Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens entgegen, weil es einer Entkopplung von Arbeit und Einkommen entgegensteht und den Status Quo eher noch festigt …..

    • C
      cosmopol
      @*Meinung*:

      Ahaa... hast du für diese "Logik" auch ein Argument oder legst du das einfach mal so fest?

      Ansonsten: Ein Mindestlohn bedeutet erst mal um einiges mehr Unabhängigkeit von staatlicher Alimentierung als dein rein hypothetisches Grundeinkommen. Dieses würde sich (ließe es sich finanzieren) bei den ersten Preissteigerungen bzw Konjunkturkrisen ohnehin zu einer weiteren Armutsfalle wandeln, wir wissen ja, woran im Zweifelsfall zuerst gespart wird - das sind die Sozialkassen. Das einzige, was ein Grundeinkommen leisten könnte, wäre für kurze ein Bewusstsein aufzuzeigen wie es anders laufen könnte, vielleicht auch das genaue Gegenteil... und schwups, würde es von kapitalistischen System aufgefressen.

  • @Eric Manneschmidt: Warum ist der Mindestlohn "Sozialkosmetik"? Mir ist es eigentlich nicht egal, ob ich mir für 6 € 50 die Stunde den ganzen Abend die Beine in der Küche irgendeines Restaurants in den Bauch stehe und trotzdem auf keinen grünen Zweig komme oder ob ich irgendeinen Job "für Ungelehrnte" in Teilzeit mache und davon immerhin so knapp über die Runden komme, weil's 2 € die Stunde mehr gibt und das schon ganz schön 'was aus macht. Blöd nur, wenn Jugendliche, die zu lange versucht haben, eine Lehrstelle zu kriegen, Mütter nach der Babypause, Leute, die länger krank waren, im Knast saßen oder einfach Pech hatten (also mehr als 1 Jahr nicht regulär in Lohn und Brot waren), dann den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt trotzdem nicht schaffen!

  • Der Fortschritt ist eine Schnecke und es ist leider so, dass es oft nur mit Kompromissen schrittweise vorwärts geht, aber die Richtung sollte grundsätzlich schon stimmen.

     

    Die Ausnahme für unter 18 Jährige ist noch nachvollziehbar, das Herausnehmen der "Langzeitarbeitslosen" lässt vom allgemeinen Mindestlohn aber tatsächlich nur noch wenig übrig.

     

    Was ist eigentlich mit dem CDU Arbeitnehmerflügel, was mit Kolping und Co.? Warum lassen diese Herrschaften, die im direkten Gespräch fast immer für einen Mindestlohn ohne Ausnahmen sind, die wankelmütige SPD allein mit einem rotzfrechen CDU Wirtschaftsflügel" im Regen stehn?

     

    Aber ich will nicht ablenken: da scheint sich wohl ein weiteres schlimmes Versagen der SPD anzukündigen, somit arbeitet sie weiter an Projekt 18.

     

    Gabriel sollte sich mal mit der Geschichte der einst so mächtigen und stolzen franz. "Radikalsozialisten" im 19.Jhd. und deren verschwinden im frühen 20Jhd. beschaftigen, auch eine Partei die für links blinken und regelmäßig rechtes abbiegen berühmt-berüchtigt war.

    • @Waage69:

      "Die Ausnahme für unter 18 Jährige ist noch nachvollziehbar, das Herausnehmen der "Langzeitarbeitslosen" lässt vom allgemeinen Mindestlohn aber tatsächlich nur noch wenig übrig."

       

      Sehe ich (leider) genauso...

  • Ich kann Frau Völpel nur voll zustimmen. Im Ergebnis ist das kein Mindestlohn, sondern ein Ausbau der staatlich geförderten Möglichkeiten des Lohndumpings, wie wir es schon von der Agenda 2010 kennen. Die SPD hat nichts dazugelernt und erweist sich einmal mehr als Partei der gesellschaftlichen Spaltung. Das ist mehr als nur "arbeitsmarktpolitischer Dilettantismus", das trägt eindeutig Züge organisierter Kriminalität. Die SPD wollte den Mindestlohn tatsächich nie und Frau Nahles hat nun alles dafür getan, stattdessen eine Mogelpackung zu präsentieren, die nur scheitern kann. Wer sich schon immer gefragt hat, was denn nun eigentlich die Ziele dieser Grossen Koalition sind, erhält jetzt die Antwort. Die CDU verhindert die Energiewende so gut sie kann und die SPD verhindert eine solidarische und gerechte Gesellschaft zugunsten eines nahezu unüberwindbaren Klassensystems. Teile und herrsche und dabei den Kopf immer schön tief im Arsch der "Wirtschaft". Also - business as usual!

    • @Rainer B.:

      bin Ihrer Meinung(keine Ironie)... dachte aber immer, Sie könnten hauptsächlich nur Gedichte (liebevolle Ironie)

      • @luma:

        Gedichte schreibe ich tatsächlich nur selten und dann sehr spontan. Meine Verse finden hier anscheinend aber mehr Aufmerksamkeit als meine Analysen. Mit den Themen "Arbeitsmarkt", "sozialer Misstand", "Recht und Unrecht", "Wirtschaftslügen", "strukturelle Gewalt", "Geschichte der deutschen Nachkriegspolitik" etc. beschäftige ich mich, seit ich denken kann und teile mich da auch gerne mit. Wenn Sie auf den Affen klicken, kommen Sie direkt zu meinen letzten Beiträgen.

  • Es ist nicht nur Dilettantismus, sondern es ist im Kern wohl gar nicht erwünscht. Aber: Die CDU ist der stärkere Teil der Regierung und die Union will sich wirtschaftsnah verkaufen. Da haben sie wohl keinen Mut gehabt, hier eine echte Lösung zu liefern. Aber: Selbst bei einer stringenteren Lösung wäre es immer noch auf die konkrete Durchsetzung angekommen. Das Gesetz zur Scheinselbständigkeit ist z.B. daran gescheitert, dass es niemand wirklich durchsetzen will. So hätte es auch kommen können, jetzt bleibt man sogar dahinter zurück. Tja, SPD und die Agenda 2010 - man wird diesen Mist offenbar nie mehr los.

  • Hatte irgendwer etwas anderes erwartet?

    Übrigens enttäuscht es mich schon, dass bei der taz scheinbar niemand auf die Idee kommt, Mindestlöhne als Konzept grundsätzlich zu hinterfragen. Diese sind m.E. an sich genauso sinnlos bzw. kontraproduktiv wie der Handel mit Emissionszertifikaten - das eine ist Sozialkosmetik, das andere eine umweltpolitische Alibiveranstaltung, beides in hohem Maße missbrauchbar, um die Diskussion über wirkliche Verbesserungsmöglichkeiten zu verhindern.

    https://www.grundeinkommen.de/05/07/2013/warum-ein-allgemeiner-gesetzlicher-mindestlohn-nichts-mit-einem-bedingungslosen-grundeinkommen-zu-tun-hat-und-auch-sonst-nicht-unterstuetzenswert-ist.html

  • Wie erklärte die Arbeitsministerin, die noch nie gearbeitet hat:

    "Auf die SPD ist eben Verlass!"

     

    Dem ist nicht hinzuzufügen.

  • D
    Die_TAZ_sollte_wieder_Gastkommentare_erlauben!

    Sehr guter Artikel. Danke, Frau Völpel.

  • Himmel hilf. Zum Glück dürfen Langzeitarbeitslose unterhalb des Mindestlohns beschäftigt werden, denn jeder Anreiz einen Menschen aus chronischer Arbeitslosigkeit zu holen muss honoriert und gefördert werden.

     

    Ziel der Anstellung ist mittel- und langfristig der dauerhafte Broterwerb, nicht ein Aufschlag von einem Euro je Stunde für ein halbes Jahr. Es gibt doch nicht ohne Grund sogar direkte Zuweisungen von der Arbeitsagentur, wenn es um die am schwersten zu vermittelnden Arbeitssuchenden geht.

     

    Nebenbei: Saisongeschäfte unberücksichtigt hat jeder Arbeitgeber ein Interesse an fähigen, motivierten und zuverlässigen Arbeitnehmern. Und je qualifizierter die Arbeitsstelle ist, desto schwerer und kostenintensiver ist die Nachbesetzung. Insofern entlarvt sich das Argument der "Menschen, die gut ausgebildet und qualifiziert" sind und nach einem halben Jahr dann gehen müssen, vorab als reiner Ausdruck ideologischer Scheuklappen.

    • @Dr.Eadnought:

      Wo kommen Sie denn her?

       

      Sicher nicht aus dem Bereich, um den es hier geht.