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Kommentar Militärschlag gegen SyrienShow ohne strategische Wirkung

Karim El-Gawhary
Kommentar von Karim El-Gawhary

Die westliche Militäraktion kann nicht kaschieren, dass weder die USA noch Europa eine kohärente Strategie haben, wie mit Syrien umzugehen ist.

Klarheit herrscht noch lange nicht, Assads Vormarsch gegen die Rebellen in Douma wird weitergehen Foto: dpa

W eder jene, die den dritten Weltkrieg an die Wand gemalt hatten, noch jene, die hofften, dass ein westlicher Militärschlag gegen Assad das militärische Gleichgewicht in Syrien verändern wird, hatten recht. Am Ende war das Ganze eine militärische Showeinlage, die nichts an der strategischen Ausgangslage in Syrien geändert hat.

Das Pentagon und US Präsident Donald Trump versuchten das Ganze im Anschluss möglichst hoch zu reden und sprachen davon, dass dies eine wichtige Botschaft gewesen sei und die Fähigkeit des syrischen Regimes, Chemiewaffen einzusetzen, langfristig zerstört sei. Damaskus versuchte das Ganze dagegen möglichst kleinzureden. Dessen wichtigste PR-Gegen-Waffe: ein Video, veröffentlicht von der syrischen Präsidentschaft, das unter dem Titel, „der standhafte Morgen“, zeigte wie Baschar mit seinem Aktenkoffer betont entspannt nach den Militärschlägen im Präsidentenpalast zur Arbeit schlendert. Die Botschaft: was ihr da getan habt, kratzt uns wenig.

Und Russland, das zuvor vor einer möglichen weltweiten Eskalation gewarnt hat, drehte ebenfalls bei. Auch hier die neue Strategie, den westlichen Militärschlag als uneffektiv lächerlich zu machen. Die syrische Luftabwehr hätte einen Großteil der Raketen abgefangen und abgeschossen, hieß es aus dem Verteidigungsministerien Moskau. Dagegen behauptete das Pentagon in einer Pressekonferenz, dass jede einzelne der über 100 Raketen ihr Ziel erreicht habe. Sicher ist nur eines: irgendjemand sagt hier die Unwahrheit.

„Mission Accomplished“ twitterte Trump. Aber was wurde eigentlich genau erreicht? Auf die Tatsache, dass Assads Truppen mithilfe seiner russischen und iranischen Verbündeten weiter vorrücken, und eine Oppositions-Enklave nach der anderen erobern werden, um diese anschließend politisch zu säubern, hat dieses westliche militärische Intermezzo keinen Einfluss. Die Eroberung Doumas, jenes Vorortes von Damaskus der von der Opposition zuvor gehalten wurde und an dem der mutmaßliche Giftgasangriffs stattfand, ist die letzte Regime-Erfolgsmeldung in dessen Eroberungsfeldzug.

Syrische Opposition ist unzufrieden

Man konnte am Samstag regelrecht das Aufatmen des Regimes vernehmen, dass nicht mehr passiert ist. Naturgemäß war es auch genau das, was die syrische Opposition im Anschluss lamentierte. Warum zielten die Militärschläge auf ein Teil des Instrumentariums der Täter und nicht auf die Täter selbst, lautete eine dort gestellte Frage. Die andere: was hat sich geändert, wenn die Assad Truppen weiterhin Fassbomben und Streumunition auf zivile Gebiete abwerfen können?

Was soll eigentlich erreicht werden? Trump selbst steckt voller Widersprüche. Propagiert er an einem Tag, dass die USA sich aus dem Syrien Konflikt zurückziehen sollten, um ihn anderen zu überlassen, ordnet er kurz darauf einen von den USA angeführten Militärschlag an. Eines ist am Wochenende erneut deutlich geworden. Die westliche Militäraktion konnte nicht kaschieren, dass weder die USA noch Europa irgendeine eine kohärente Strategie haben, wie mit dem Syrienkonflikt umzugehen ist oder wie dessen Ende zu erzwungen werden kann.

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Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
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24 Kommentare

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  • Ich glaube alle Seiten sind damit zufrieden Assad an der Macht zu halten.

     

    Die Alternative wäre ein Machtvakuum und ein jahrelanger Stellvertreterkrieg des Iran und Saudi Arabiens. Ob ein streng-schiitisches (oder schlimmer noch wahabitisches) Syrien besser wäre als Assad glaube ich kaum.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @Klappstuhl:

      Von welchen Seiten und welcher Macht sprechen Sie? Russland, Iran? da haben sie recht...der Rest der Welt sieht das sicherlich nicht so. Der Urheber der Zerstörung des Landes, von 10 Millionen Flüchtlingen, von 500.000 Toten und massiven Kriegsverbrechen ist eine Marionette Russlands und gehört vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag.

  • Und wieder ein geschickter Schachzug von Putin und Assad.

    Putin lässt Großmäulern wie Trump, Macron und May, die Gesichtswahrung nach Absprache. Sie bomben mit Ankündigung und brüsten sich, den weiteren (unbewiesenen) Ausbau von Chemiewaffenprogrammen verhindert zu haben. Wirklich wichtige Ziele werden gar nicht erst ins Visier genommen. Die russischen Truppen bleiben weit weg vom Schuss und unversehrt.

    Im Anschluss an diesen völkerrechtswidrigen Akt der Aggression, für dessen "perfekte" Ausführung man sich anschließend verbal auf die Schultern klopft, stellt Putin in Aussicht, der syrischen Führung modernste Luftabwehrsysteme vom Typ S-300 zu verkaufen. Das ist eine mehr als berechtigte Reaktion nach dem vorangegangenen Luftüberfall. Im Vorfeld hätte ein solches Anerbieten zwangsläufig hysterische Reaktionen des Westens und natürlich auch Israels ausgelöst. Die sind jetzt noch unglaubwürdiger und unangebrachter als nach der Lieferung von S-400 System an den Iran im vergangenen Jahr.

    Mögliche Folgen?

    Nach Ausstattung von Assdas Truppen mit der S-300 können sich auch die iranischen Truppen in Syrien in Zukunft sicherer fühlen.

    Und Israel? Das Endringen in syrischen Luftraum dürfte in Zukunft nicht mehr nur mit der Notlandung eines angeschossenen Eindringlings glimpflich abgehen, sondern empfindlichst und berechtigst bestraft werden.

    Das wiederum werden die Kräfte der Hisbollah auf syrischem Gebiet sehr wohl zu nutzen wissen.

    Wie heißt es doch so schön in einem Kindergedicht: Kurz geschossen Herr Blitz, hier saß der Fritz.

    Eine Gewaltspirale ohne Ende dreht sich eine Runde weiter.

    • @Trabantus:

      Ich teile Ihre Einschätzung, daß die Installation moderner Flugabwehrsysteme in Syrien eine sehr intelligente Reaktion auf diesen Angriff wäre. Dieser gut begründbare Schritt würde Israel wohl schmerzhafter treffen, als das teure Feuerwerk Syrien.

       

      Wir müssen davon ausgehen, daß weder Trump noch Putin in ihrem Land uneingeschränkte Macht besitzen. Und so absurd es klingen mag, vermute ich, daß beide Präsidenten der moderaten, deeskalierenden Seite ihres jeweiligen Umfelds näherstehen. Für wielange sie sich das noch erlauben können, steht auf einem anderen Blatt

    • @Trabantus:

      Es ist schon erschütternd wie das Morden von Assad und von seinem Helfershelfer Putin auch von anscheinend intelligenten Menschen schöngeredet wird.

      • @Klartexter:

        An Sie die gleiche Antwort wie an Reinhard-Jung-Hecker.

        Wo sehen Sie Schönrednerei? Bleiben Sie sachlich, vor allem in Ihrem eigenen Interesse. Sie wollen doch ernst genommen werden, oder?

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @Trabantus:

      Nach Ihren wertenden Worten zu urteilen, sind Sie ganz begeistert von den "Siegertypen" Putin und Assad! Da der infantile Geist Trump seine Präsidentschaft u.a. Putin zu verdanken hat, war der Symbolangriff doch eh nur ein Schaulaufen unter Freunden. Frage ist nur, ob Putins Strategie, von Ihnen hier so gepriesen, dem Frieden in der Region dient oder nicht... Friedhofsruhe wird es nun mit Hilfe von Putin und Erdogan in großen Teilen Syriens mit Sicherheit geben. Israel kann sich nun zu Recht Sorgen machen über die iranischen Nähe und muss sich eingestehen, dass seine Politik der Nichteinmischung in Syrien über die letzten 7 Jahre falsch war.

      • @81622 (Profil gelöscht):

        Woraus lesen und schlussfolgern Sie die mir unterstellte Begeisterung und Lobpreisung?

        Lesen Sie einfach noch mal unaufgeregt und ohne Voreingenommenheit.

        • 8G
          81622 (Profil gelöscht)
          @Trabantus:

          Daraus:

          "..geschickter Schachzug von Putin und Assad"

          ."..Großmäulern wie Trump, Macron und May.."

          "..hysterische Reaktionen des Westens "

          ...völkerrechtswidrigen Akt der Aggression..."

          "...berechtigte Reaktion nach dem vorangegangenen Luftüberfall..."

           

          Viel Spass auf Seiten der "geschickten Kriegsverbrecher Putin und Assad...

          • @81622 (Profil gelöscht):

            Wenn sie aus diesen Formulierungen zu Wahrnehmungen die Schlussfolgerung ziehen, ich solidarisierte mich mit Assad und Putin, dann sind Sie leider mit Voreingenommenheit und daraus resultierender Blindheit für Auseinandersetzungen geschlagen. Das tut mir leid für Sie.

      • @81622 (Profil gelöscht):

        "Da der infantile Geist Trump seine Präsidentschaft u.a. Putin zu verdanken hat,..."

         

        Es ist doch wirklich unglaublich. Es gibt wirklich nichts, was darauf hindeutet, daß die US Wahl verschoben wurde; weder von Putin noch von sonstwem. Dennoch verbreiten sie diese Behauptung wieder und wieder und wieder.

        • 8G
          81622 (Profil gelöscht)
          @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

          Sie scheinen ja besonders an der weissen Weste Putins interessiert zu sein. Wenn sie das so interessert, googlen Sie sich mal durch, wie russische Trolls brain washing betrieben gegen Ausländer, Schwule, Schwarze, Hillary Clinton usw. Schauen Sie mal bei Arte rein:

          https://www.arte.tv/de/videos/075222-000-A/propaganda-3-0-putin-und-der-westen/

          • @81622 (Profil gelöscht):

            "Hillary Clinton" begreift nur nicht, dass sie zu blöd war, gegen einen Trump zu verlieren. Wer glaubt, dass Millionen Amerikaner plötzlich gesagt haben: "Mensch, in unserm Land ist zwar alles wunderbar, aber im Internet schreibt jemand das Gegenteil. Da glaub ich dem Mal und wähle ein oranges Eichhörnchen." leidet unter totalem Realitätsverlust.

             

            Nein. Putin hat keine Verblödungsbombe über den USA abgeworfen. Die letzten Regierungen der USA haben mit ihrer Politik das Vertrauen großer Teile der Bevölkerung in das politische System zerstört. Da liegt das Problem. Nicht bei ein paar russischen Tweeds.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              "...begreift nur nicht, dass sie zu blöd war, gegen einen Trump zu verlieren."

               

              :)

              Sicher wollten Sie entweder sagen, "..., daß sie zu blöd war, gegen ihn zu gewinnen." oder "..., daß sie blöd genug war, gegen ihn zu verlieren."

               

              Auf jeden Fall war sie der einzige demokratische Kandidat, der dieses Kunststück fertigbringen konnte.

              • @jhwh:

                Stimmt. Man sollte nicht so schnell schreiben.

                • 8G
                  81622 (Profil gelöscht)
                  @warum_denkt_keiner_nach?:

                  Sie schreiben nicht nur zu schnell,

                  sondern auch zu viel Ungereimtheiten.

                  Wie reklären Sie sich denn die ganzen Untersuchungen zur Russland-Connection der Trump-Truppe derzeit in den USA? ist alles demoktratische Verschwörungstherorie? damit stehen Sie mit RT auf weiter Flur allein...natürlich ist der Psychopat Trump ein Ideal-Präsident für Putin gewesen,.. infantil und manipulierber...der Putin ergebenen russischen Presse und den nachgewiesenen Kontakten der Trump-Truppe vor der Wahl mit Putin -Leuten ist dies jedenfralls auch zu entnehmen.

                  • @81622 (Profil gelöscht):

                    "Wie reklären Sie sich denn die ganzen Untersuchungen zur Russland-Connection der Trump-Truppe derzeit in den USA?"

                     

                    Viel heiße Luft und Dummheit. Die Dummheit die wahren Ursachen der Niederlage zu verdrängen. Selbst wenn alle Anschuldigungen wahr wären, bleibt, dass dadurch keine Wahl kippt. Zufriedene Bürger hören nicht einfach mal aus lange Weile auf fremde Einflüsterungen. Ein Machtwechsel resultiert immer aus den Fehlern der Vorgängerregierung. Der Rest ist Beiwerk.

                     

                    Dieser ganze Zirkus erinnert mich sehr stark an die DDR. Dort waren an allen Problemen die Imperialisten und ihre Geheimdienste schuld. Heute sind es eben die Russen.

  • Die einzige Strategie, die dem Westen noch verbleibt, wenn es ihm denn um die Menschen gehen sollte, ist Einfluss auf die islamistischen Milizen zu nehmen (gerne mittels des strategischen Partners Saudi-Arabien), die Waffen niederzulegen und nach Hause zu gehen.

    Danach gilt es diplomatisch eoinen Neuanfang aufzubauen und eine schrittweise Demokratisierung zu unterstützen.

    Dafür müsste man aber das eigene Scheitern und den Einfluss Russlands und des Irans akzeptieren.

  • Hoffentlich bleibt es bei dieser Inkohärenz. Der Westen sollte seine Niederlage in Syrien akzeptieren lernen, das vermindert das Blutvergießen. Man kann ja Menschenrechte erst mal in Ägypten, Saudi-Arabien und Pakistan anfangen durchsetzten. Wenn es darum geht, ha, ha.

  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Europas Strategie war es von Anfang an, wegzugucken und a la Steinmeier "diplomatische" Sprüche zu kloppen, während die Russen Tatsachen schaften. Diese Strategie gab es schon in Bosnien, bis Srebrenica kam und es für den Westen keine andere Option gab , als die militärische Intervention gegen Serbien.

    So traurig es für die syrische Opposition und für die Humanität allgemein ist, hat Assad den Krieg gewonnen. Der Westen sollte nun mit 2 Strategien folgen:

    1. Anklage und Verfolgung Assads wegen Kriegsverbrechen in Den Haag. 2. Keine Aufbauhilfe für Syrien, die durch Assads, Putins und Erdogans Hände geht...es ist schliesslich nicht einzusehen, warum die Täter auch noch belohnt werden sollten.

    • @81622 (Profil gelöscht):

      1. Viel Spaß.

      2. Meinen Sie wirklich, Russland Iran und China wollen, dass sich der Westen Einfluss in Syrien kauft?

      • 8G
        81622 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        "Viel Spass" sollte der Kriegsverbrecher Assad eigentlich nicht mehr haben im Leben, deshalb muss er ja nach Den Haag gebracht werden. Politische, ökonomische und militärische Mittel gäbe es schon, den Schlächter endlich der internationalen Justiz zuzuführen.

        Ich glaube nicht , dass das russische Volk, trotz Nationalismus, so blöd ist, den Diktator Assad weiter zu ernähren. Syrien wird mit Assad ein Fass ohne Boden sein. Natürlich wird Russland der Westen an " seine Pflichten" erinnern und Assad wird die Hand aufhalten.

        • @81622 (Profil gelöscht):

          Was sein sollte und was sein wird, sind verschiedene Dinge. Solange solche Leute mächtige Beschützer haben, passiert ihnen nichts. Dabei ist es egal, ob die Beschützer in Moskau, Washington oder Peking sitzen.

  • Sehr schöne Zusammenfassung.