piwik no script img

Kommentar MietpreisbremseAlles bleibt Makulatur

Kommentar von Martin Reeh

Die neue Mietpreisbremse ist nur Stückwerk. Und auch der Gesetzentwurf zur Grundsteuer zeigt, wie schwierig sozial gerechte Politik ist.

Scholz will Mieter mit billigen Wohnungen bei der Grundsteuer geringer belasten als solche mit hohen Foto: dpa

D ie meisten Fehler der Privatisierungswelle des letzten Jahrzehnts haben die Kommunen längst rückgängig gemacht. Stadtwerke, Strom- und Gasnetze sind zurückgekauft worden. Nur die damals verkauften kommunalen Wohnungen sind noch immer in privater Hand. Aus einem einfachen Grund: Angesichts der gestiegenen Häuserpreise ist ihr Rückkauf schlicht zu teuer.

Nicht alles können Private besser – das ist die Lehre aus 20 Jahren Privatisierungspolitik. Das gilt auch für den Wohnungsbereich. Gerade die privatisierten Bestände sind heute in Händen von Konzernen wie die Deutsche Wohnen, die auf schnelle Gewinne aus sind.

Nun ließen sich Mieter zwar auch durch einen deutlichen Ausbau ihrer Rechte schützen – der aber kommt nicht voran, weil die privaten Vermieter durch die Privatisierungen inzwischen eine große Markt- und damit Lobbymacht erlangt haben. So ist auch die neue Mietpreisbremse wieder nur Stückwerk.

Und solange die Mietspiegel nicht die realen Bestandsmieten abbilden, Eigenbedarfskündigungen und die Umwandlung in Eigentum deutlich erschwert werden, bleibt ohnehin alles Makulatur. Auch die von der SPD angekündigten Gesetzesänderungen werden die Lobbyverbände – zusammen mit Union und FDP – wohl bis zur Unwirksamkeit verstümmeln.

Wie schwierig es angesichts dieser Situation ist, eine sozial gerechte Politik zu machen, zeigt der Gesetzentwurf von Olaf Scholz zur Grundsteuer. Der Finanzminister will Mieter mit billigen Wohnungen geringer belasten als solche mit hohen. Heute wohnen in teuren Wohnungen aber nicht nur die, die es sich leisten können, sondern auch die, die keine andere Wohnung mehr finden. Auf sie kommen nun zusätzliche Belastungen zu.

Helfen würde eines: Wann, wenn nicht jetzt, bestünde eine Chance, wenigstens Teile der privatisierten Wohnungen zurückzuerwerben – und so die Marktmacht der privaten Vermieter zu verringern? Noch sind die Kassen voll. Nur: Olaf Scholz müsste mitmachen – vielleicht eine unüberwindliche Hürde für eine Rekommunalisierungspolitik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Das deutsche Mietrecht verhöhnt jede intelligente Lebensform:

    Mein Vermieter hat neulich mal wieder die Miete angehoben mit Verweis auf die obligaten drei vergleichbaren Wohnungen die teuer sind als, die in der ich wohne.

    Warum erlaubt das Mietrecht das und warum darf ich als Mieter nicht die Miete senken mit Verweis auf drei vergleichbare Wohnungen die günstiger sind?

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."wie schwierig sozial gerechte Politik" für CDU/CSU und SPD ist.

  • "wie schwierig sozial gerechte Politik ist."

    Eigentlich nicht. Das Problem ist, dass man in vielen Bereichen (Wohnungspolitik, Leiharbeit, Kinder) keine Schräbchenstellungspolitik betreiben sool, sondern sozusagen all in gehen muss - Sozialbau en masse, Verbot oder finanzielle Gleichstellung (mit Aufschlag) bei Leiharbeit, Mindestteilhabe bei Kindern. Alles andere ist nur Augenwischerei.

  • Vielleicht solte man das auch mal vor dem Hintergrund eines nur lokal, dort aber in ALLEN Preisklassen überlaufenen Wohnungsmarktes mit gigantischen eingepreisten Spekulationsprämien auf den Kaufpreisen beschauen: Wenn die öffentlich Hand jetzt das Geld in die Hand nehmen würde, um privatisierten Wohnraum zurückzukaufen, dann würde sie damit zunächst mal den jetzigen Eigentümern einen Riesengewinn bescheren und auch noch in die Marktpreisexplosion deren liebsten Brennstoff, nämlich Geld, schmeißen, das eigentlich Problem aber nicht lösen.

    Das Resultat wäre nämlich ein beruhigtes Gewissen bei den Verstaatlichungs-Fans, eine marginale Abschwächung des Drucks auf dem Wohungsmarkt, der aber das ungesunde Verhältnis zwischen Mietwohnungen und Mietinteressenten in den gefragten Lagen kaumn umdrehen wird, und NOCH höhere Mieten beim in privater Hand verbleibenden Wohnraum, auf den Menschen OHNE Wohnberechtigungsschein angewiesen sind. Wenn dann noch eines Tages ein paar Immobilienblasen platzen und die Werte auch der dann wieder öffentlichen Wohnungen nach unten korrigiert werden müssen, hat der Staat auch noch ein Riesenverlustgeschäft gemacht.

    Aber klar, Herr Reeh, die Kassen sind gerade voll (minus die knapp 2 Bio. Euro Schulden, die irgendwann auch wieder verzinst werden müssen, aber halten wir uns nicht an Details auf...). Und wenn's dem Rindvieh zu gut geht, geht es aufs Eis...

    • @Normalo:

      Der "lokal" überlaufene Markt dürfte mittlerweile mehr als 50% der Bevölkerung betreffen.

      Die Preissteigerung resultieren auch wirklich daraus, dass sich der Staat als Wohneigentümer immer mehr zurückgezogen hat.

      Ob kaufen/bauen jetzt eine Alternative ist? Gibt es eine andere? Die unsichtbare Hand jedenfalls scheint es nicht zu sein.

      • @agerwiese:

        Die Preissteigerung resultieren auch wirklich daraus, dass sich der Staat als Wohneigentümer immer mehr zurückgezogen hat.

        Meinen Sie echt? Wieviel Prozent des Wohnraums in den heißlaufenden Lagen betrifft das denn? Ich suche gerade im Geiste München-Schwabing nach ehemaligem Sozialwohnraum ab und komme nicht so arg weit...