Kommentar Maut und Toll Collect: Zur Vernunft gezwungen
Künftig treibt der Staat die Lkw-Maut ein. Die Kosten für das Projekt haben auch die größten Privatisierungsfans eines Besseren belehrt.
E s ist ein Sieg der Vernunft, auf den man schon gar nicht mehr zu hoffen gewagt hatte: Die Lkw-Maut wird künftig vom Staat selbst eingetrieben, statt diese Aufgabe im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) weiterhin für viel Geld durch Privatunternehmen erledigen zu lassen.
Damit endet ein 14-jähriges Lehrstück über die Tücken der Privatisierung: Von der verspäteten Einführung über Fehler bei der Abrechnung und einen jahrelangen Rechtsstreit vor einem geheim tagenden Schiedsgericht, der mit einem Verzicht des Bundes auf viel Geld endete, hat das Maut-Konsortium Toll Collect jedem vor Augen geführt, was bei ÖPP alles schiefgehen kann.
Trotzdem war CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ebenso wie sein Vorgänger Alexander Dobrindt lange dafür, die Erhebung der Lkw-Maut nach Auslaufen des bisherigen Vertrags erneut privaten Unternehmen zu übertragen. Gestützt auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, das einen finanziellen Vorteil für die Privatisierung errechnet hatte, hatte das Verkehrsministerium alle Kritik von Grünen und Linken sowie diversen ExpertInnen abgebügelt.
Erst nachdem auch der Bundesrechnungshof den Berechnungen von KPMG zahlreiche Mängel bescheinigt hatte, ließ das Verkehrsministerium noch einmal nachrechnen – mit realistischeren Werten, über die die Regierung nur deshalb verfügte, weil sie das Maut-Konsortium durch Verzögerungen bei der Ausschreibung eher ungewollt für ein paar Monate übernehmen musste. Und siehe da: Plötzlich war das ÖPP-Projekt nicht 6 Prozent billiger als die staatliche Durchführung, sondern 7 Prozent teurer. Diese Zahlen haben nun auch die größten Privatisierungsfans zur Vernunft gezwungen.
Und das gilt hoffentlich nicht nur für die Lkw-Maut. Denn über den konkreten Fall hinaus zeigt das Beispiel Toll Collect, wie Privatisierungen mit völlig unrealistischen Annahmen schöngerechnet werden. Auf vermeintlich objektive Gutachten angeblicher Wirtschaftsexperten sollte die Politik künftig jedenfalls nicht mehr hereinfallen.
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